Freyung/Cham/Regensburg. Hoppla: Mehrere Passagen meiner CD-Kritik zum neuen Album von 3 Dayz Whizkey fand ich vor einigen Tagen in einer – sowohl bei der Chamer Zeitung als auch in der Mittelbayerischen Zeitung veröffentlichten – Rezension wieder. Ob es wohl daran liegt, dass der Verfasser glaubte, das Onlinemagazin „da Hog’n“ sei soweit im Woid drin, die wern des scho net seng, wenn ma a bisserl klaut? Jedenfalls hat mich besagter Autor weder gefragt, ob er meine Texte verwenden darf, noch hat er mich als Urheber erwähnt. Womöglich kassiert der Schreiber jetzt auch noch doppelt und dreifach für meine Worte …
Das „Raubkopieren“ fremder Texte nimmt zu
Bei der Chamer Zeitung ist man untröstlich: Der stellvertretende Redaktionsleiter Matthias Lommer hat sich für das Vorgehen des freien Mitarbeiters entschuldigt und lässt in den kommenden Tagen eine Richtigstellung abdrucken. Und auch der Autor der „Copy-and-Paste“-Rezension hat sich bereits per Mail zu Wort gemeldet: Er habe bei seinen Recherchen zur Band wohl unter anderem den Hog’n-Artikel in einem Ordner auf seinem Computer abgespeichert – und, als er die Kritik in einer stressigen Lebensphase schreiben musste, gemeint, ebendiese Rezension gehöre zu den Pressemitteilungen, die ihm die Band regelmäßig zukommen lasse. Wir freuen uns über diese Einsicht. Damit ist der Fall für uns auch erledigt.
Was jedoch bleibt, angesichts eines zunehmenden „Raubkopierens“ fremder Texte, ist die Frage, ob Abschreiben, unerlaubtes Kopieren und Urheberrechtsverletzungen die heutigen „mehr oder minder“ erlaubten Arbeitstechniken im Journalismus sind? Und: Ist es nicht auch die Aufgabe einer Chefredaktion, mal einen genaueren Blick auf die Arbeiten ihrer (freien) Mitarbeiter zu werfen, bevor man sie veröffentlicht?
„Dass man nicht abschreiben soll, lernen schon die Schüler“
„Bedient sich eine Schülerin oder ein Schüler bei der Anfertigung einer zu benotenden schriftlichen oder praktischen Arbeit unerlaubter Hilfe (Unterschleif), so wird die Arbeit abgenommen und mit der Note 6 bewertet. Bei Versuch kann ebenso verfahren werden“, heißt es im § 53 der Bayerischen Realschulordnung.
Dass man nicht einfach abschreiben soll, lernen also schon unsere Schulkinder. Und trotzdem wird wahrscheinlich jeder von uns, zumindest einmal in seiner Schullaufbahn, schon auf den verbotenen Spickzettel zurückgegriffen haben.
Wird man in jungen Jahren vom Lehrer nicht erwischt, dann macht man es wahrscheinlich auch im späteren Leben noch so wie die ehemaligen Doktoren Karl-Theodor zu Guttenberg, Annette Schavan oder Silvana Koch-Mehrin. Für diese drei Politiker war das Internet das Schlechteste, was ihnen passieren konnte. Plagiatsjäger stürzen sich heutzutage auf jedes einzelne Bit, das auf den Google-Servern abgespeichert wurde. Mit der nötigen Geduld werden diese Vergehen jedoch schonungslos aufgedeckt.
Natürlich ist es mit dem World Wide Web leichter geworden, Sachverhalte zu recherchieren und sich zu informieren. Dies gilt nicht nur für Schüler und Studenten, etwa wenn diese nach Referaten oder Diplomarbeiten googeln, sondern insbesondere auch für Journalisten. Damit ist aber auch die Gefahr größer geworden, dass man sich in die unehrenhaften Korridore des unerlaubten Kopierens und Vervielfältigens begibt. Dafür gibt es ein Urheberrecht, das das geistige Eigentum eines Autors schützen soll.
„Wer unternimmt etwas gegen die Copy-and-Paste-Praxis?“
Die Arbeit von Malern, Musikern, Fotografen – und auch Journalisten, ist eine vor allem kreative und nicht mit Zeit zu messende Dienstleistung. Doch wie soll dieser Schutz zukünftig gewährleistet werden? Manche Anwaltskanzleien haben es sich zwar bereits zur Aufgabe gemacht, Blogs und Facebookseiten nach unerlaubt veröffentlichen Fotos zu durchstöbern und deren Betreiber dann mit vierstelligen Summen abzumahnen. Nur: Ist es nicht ebenso verwerflich, mit der unerlaubten Copy-and-Paste-Praxis von Texten Kohle zu scheffeln? Wer unternimmt dagegen etwas?
In der Musikbranche ist man da schon sehr viel schneller mit etwaigen Abmahnungen zur Stelle, auch wenn nicht klar definiert ist, ab wann ein Song als Plagiat gilt. Manche Experten sprechen schon bei vier bis fünf gleich aufeinander folgenden Takten von geistigem Diebstahl. Aber da hat wiederum die GEMA etwas dagegen, die schon bei einer erkennbaren Melodie ihre Rechte einfordern will. Selbst der verstorbene King Of Pop, Michael Jackson, hat für seinen Welthit „Will You Be There“ bei Al Banos Song „I Cigni Di Balaka“ geklaut, wofür der Italiener nach jahrelangem Rechtsstreit später finanziell entschädigt wurde. Letztendlich hätte es für beide keine bessere Werbung geben können – und der smarte Al Bano war für kurze Zeit fast so groß wie Jacko.
Die Regensburger Blues-Rocker 3 Dayz Whizkey haben vor Kurzem ihr zweites Album veröffentlicht. Sie haben eine „(…) kraftvolle, schweißtreibende Rockplatte (…)“ herausgebracht, die ich nach mehrmaligem kraftvollem und schweißtreibendem Anhören bei hochsommerlichen Temperaturen anschließend auch mit viel Kraft und Schweiß rezensiert habe. Es ehrt mich, dass ein Autor für seinen Text mehrere Passagen aus meiner Kritik eins zu eins in der Chamer Zeitung sowie in der Mittelbayerischen Zeitung verwendet hat. Dass er dabei auf die Nennung meines Namens verzichtet, ist schade. Aber Einsicht ist bekanntlich der erste Schritt zur Besserung – und deshalb hoffe ich, dass er seine Lehren daraus ziehen und zukünftig angemessen zitieren wird …
Kommentar: Jason Ditshej
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Zum Vergleich: Die Rezension unseres Musikexperten und der Artikel, der einige Tage später in der Chamer Zeitung veröffentlicht wurde. Die fett gedruckten Textpassagen sind diejenigen, die ungefragt übernommen wurden.
Die Argumentation des „Abschreibers“ impliziert, als sei es ok, absatzweise Text aus Pressemitteilungen zu übernehmen, sagt auch viel aus … und zwar nichts gutes.