Freyung/Decatur. Work & Travel, Freiwilligenarbeit, Auslandsstudium. Für Schulabgänger gibt es zahlreiche Möglichkeiten ein Jahr im Ausland zu verbringen. Die 20-jährige Johanna Weishäupl hat sich für ein Au-pair-Programm entschieden. Im vergangenen Jahr machte sie ihr Abitur und ging danach, im September 2012, in die USA: nach Decatur in Texas. Jetzt hat die Freyungerin noch mal um neun Monate (bis Mai 2014) verlängert. Wie sie dazu gekommen ist, wie ihr Leben dort so aussieht und welche Unterschiede es zur Heimat gibt, erzählt sie im Interview mit Eurem Onlinemagazin „da Hog’n“.
„USA-Aufenthalt: Zwischen Babysitting und College-Kursen“
Johanna: Wie bist Du auf die Idee gekommen, als Au-pair vom Woid in die USA zu gehen?
Bereits zu Beginn meiner Teenager-Jahre habe ich davon geträumt, die USA zu bereisen. Deshalb habe ich nach verschiedenen Möglichkeiten gesucht, um diesen Traum zu verwirklichen. Ich dachte dabei an ein High-School-Austausch-Programm – allerdings war das zu teuer und ich noch zu jung. Deshalb habe ich mich für ein Au-pair-Jahr entschieden, da ich gerne auf Kinder aufpasse.
Was genau sind Deine Aufgaben in Deiner Gast-Familie?
Meine Hauptaufgabe ist natürlich auf die Tochter meiner Gastfamilie, Crystal, aufzupassen. Sie ist 13 Jahre alt, blind und behindert. Während der Schulzeit bereite ich sie morgens auf die Schule vor und kümmere mich um sie, wenn sie am Nachmittag wieder nach Hause kommt. Während der Sommerzeit gehen wir dann häufig zusammen schwimmen. Ich bin etwa auch für ihre Wäsche zuständig und helfe ihr beim Essen.
Zudem musste ich College-Kurse belegen – das ist von der Regierung so vorgeschrieben, da ich ja mit einem „Work-Study-Visa“ in die USA gereist bin. Ich habe mich für Psychologie und Design entschieden.
Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um als Au-pair arbeiten zu dürfen?
Es gilt, mindestens 200 Stunden nachweisen zu können, in denen man mit Kindern gearbeitet hat. Wenn man Babys betreuen will, muss man sogar 200 Stunden Minimum an Arbeit mit Kindern unter zwei Jahren nachweisen können. Diese Anrechnungsstunden können aber auch durch die Arbeit mit Kindern aus der eigenen Familie gesammelt werden, also beispielsweise durch Babysitting seiner jüngeren Geschwister. Außerdem muss man zu Beginn des Au-pair-Jahres für vier Tage die so genannte Au-pair-Training-School besuchen, wo man auf sein Auslandsjahr vorbereitet wird.
„Toll für alle, die keine Angst vorm Auslandsaufenthalt haben“
Mit welcher Organisation bist Du in die USA gekommen?
Meine Agentur heißt Cultural Care. Für diese Agentur habe ich mich offen gestanden eher zufällig entschieden, per Google-Suche.
Ein Au-pair verdient mindestens 195,75 US-Dollar pro Woche und bekommt zwei Wochen lang bezahlten Urlaub im Jahr. Außerdem werden 500 US-Dollar für College-Kurse von der Gastfamilie bezahlt, genauso der Hin- und Rückflug.
Kannst Du das Programm weiterempfehlen?
Das Au-pair-Programm ist auf jeden Fall empfehlenswert, da man neue Leute, Kulturen und Länder kennenlernt. Es ist eine tolle Erfahrung. Ich bin jetzt schon froh es gemacht zu haben – vor allem, wenn man nach der Schule nicht so genau weiß, was man machen will – und keine Angst hat, ein Jahr alleine ins Ausland zu gehen.
Wieso hast Du Deinen Auslandsaufenthalt jetzt noch einmal verlängert?
Hauptsächlich deswegen, weil ich nicht wusste, was ich machen sollte, wenn ich wieder zurückkomme (lacht). Außerdem hätte in Sachen Studium alles von hier aus regeln müssen, da ich erst Ende September nach Hause gekommen wäre. Ich könnte mir auch gar nicht vorstellen, bereits in wenigen Wochen mein Auslandsjahr zu beenden und alles hinter mir zu lassen. Mir ist meine Gastfamilie so sehr ans Herz gewachsen – vor allem aber würde es mir schwer fallen, mich von meinem Gastkind Crystal zu trennen.
„Natürlich vermisse ich meine Freunde und Familie“
Ist Heimweh also gar kein Thema für Dich?
Natürlich vermisse ich meine Familie und Freunde – aber direkt Heimweh hab ich jetzt nicht. Nach den ersten paar Wochen und Monaten, in denen noch alles neu und aufregend war, war’s wohl am härtesten, ja – vor allem auch zur Weihnachtszeit. Man hat sich mittlerweile an eine gewisse Routine gewöhnt, merkt aber trotzdem, dass man das ‚Dahoam‘ immer wieder mal vermisst …
Hast Du schnell neue Freunde in Texas gefunden?
Dass meine Gastfamilie eine weitere Tochter hat, die in meinem Alter ist, war für mich ein großer Vorteil. Sie hat mich ihren Freunden vorgestellt und wir haben viel zusammen unternommen. Außerdem hat die Agentur einmal im Monat ein Au-pair-Treffen organisiert – was auch sehr hilfreich war, um Kontakt zu anderen Au-pairs zu knüpfen.
Was unternehmt Ihr in Eurer Freizeit sonst noch?
Das unterscheidet sich eigentlich gar nicht so sehr von den Dingen, die wir zu Hause auch machen: Essen gehen, Kaffee trinken, Kino, ab und zu mal Kegeln oder einen Freizeitpark besuchen.
Wie sieht das Haus aus, in dem Du mit Deinr Gastfamilie lebst?
Dort habe ich mein eigenes Zimmer, da das eine der Agentur-Vorschriften ist. Wir haben auch einen Swimmingpool im Garten. In Texas hat allerdings fast jedes zweite Haus einen Pool, da es hier im Sommer durchgehend sehr heiß ist.
Typisch Texas: Fastfood-Ketten und ausgeprägte Religiosität
Wie sehr unterscheidet sich Decatur von Freyung?
Decatur ist ebenfalls ein Ort mit rund 6.000 Einwohnern, also von der Größe her vergleichbar. Allerdings gibt es hier nicht sehr viele Möglichkeiten etwas zu unternehmen. Andere Au-pairs wohnen mindestens 45 Minuten von mir entfernt. Da ich aber ein Auto zur Verfügung gestellt bekomme, ist ein Treffen kein allzu großes Problem.
Welche Unterschiede zwischen unseren Ländern konntest Du bisher feststellen?
Der wahrscheinlich größte Unterschied zwischen Deutschland und den USA sind die vielen Fastfood-Ketten. Groß und Klein, jeder isst hier täglich bei McDonalds, Wendy’s, KFC usw. Ein weiterer Unterschied ist, dass Religion hier in Texas eine sehr große Rolle spielt – nicht nur bei der älteren Generation, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen. Außerdem sind die Leute hier alle super freundlich, egal wann und wo.
Welche Erwartungen hattest Du vor Deinem Aufenthalt?
Es nicht immer einfach, tagtäglich mehrere Stunden lang von Kindern umgeben zu sein. Mich um ein 13-jähriges Mädchen zu kümmern ist nicht wirklich hart – im Vergleich zum Leben anderer Au-pairs in meiner Umgebung. Die haben da deutlich mehr Stress – nicht nur wegen ihrer Gastkinder, sondern weil sie sich mit ihrer Gastfamilie nicht wirklich gut verstehen.Ich hätte mir keine bessere Gastfamilie vorstellen können als meine.
„Ich hatte jede Menge Vorurteile, als ich nach Texas gekommen bin“
Welche Vorurteile/Erwartungen/Klischees haben sich bestätigt?
Ich hatte sicherlich Vorurteile gegenüber Texas, bevor ich hierher gekommen bin: Cowboys, Ranches, Longhorns, Rinder, Steaks, Pferde – ich dachte nicht, dass ich mich hier jemals wohlfühlen würde. Mittlerweile bin ich jedoch recht froh, dass ich mich nicht davon habe abschrecken lassen, denn die Leute hier sind eigentlich alle ganz normal. Ich hab auch schon meine eigenen Cowboy-Boots und einen Cowboy-Hut (lacht). Fazit: Ich bin dankbar, dass mich mein Au-pair-Leben nach Texas verschlagen hat. Texas ist auf jeden Fall sehenswert!
Was wirst Du machen, wenn Du nach deinem Aufenthalt zurückkommst?
Ich werde mit meinem Studium beginnen – wird ja auch langsam Zeit (lacht). Wobei ich aber noch nicht sicher weiß, was genau ich studieren möchte.
Vielen Dank für das Interview und weiterhin alles Gute, Johanna!
Interview: Katharina Niemetz
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Wer nun gerne mehr Informationen zu einem Au-pair-Aufenthalt in den USA haben möchte, für den lohnt sich ein Besuch der Internetseite http://www.aupairusa.de/.