Schönberg/Kiel. Das Onlinemagazin „da Hog’n“ freut sich über einen neuen, freien Mitarbeiter – „wi praudli bräsänt“, wie man im Woid zu sagen pflegt … besser gesagt stellt sich Martin Larisch gleich einmal selbst vor und vergisst dabei nicht, herrlich persönlich zu werden. Der gebürtige Rheinländer lebt nun in Schönberg – der Liebe wegen. Unserer Meinung nach der beste Grund überhaupt, den man für einen Umzug haben kann. Wie es dazu kam, erzählt Euch Martin in seinem Premieren-Text für den Hog’n. Wir heißen ihn ganz herzlich willkommen und freuen uns, künftig von ihm zu lesen!
Name: Martin Alfred Larisch
Alter: 30
Beruf: Redakteur
Herkunft: Geboren und aufgewachsen in der Zollfeste Zons (ein historisches Nest zwischen Köln und Düsseldorf, das seit 1373 Stadtrechte hat und vor allem durch die Nähe zum Rhein im Mittelalter Bedeutung hatte), wohnte in Köln, Joensuu (Finnland) und Kiel.
Wohnort: Markt Schönberg (offiziell laut Personalausweis seit ungefähr zwei Stunden)
Freizeitgestaltung: Ich widme mich gern der Analogfotografie (von der Einstellung der Blendenweite über Entwicklung bis hin zur Digitalisierung), seit einiger Zeit insbesondere der sogenannten Lomografie (alte, vorwiegend russische Kleinbildkameras), weil ich den Aspekt der Unberechenbarkeit der Ergebnisse sehr spannend finde. Neben diesem analogen Lebensstil beschäftige ich mich als „digital native“ mit Social Media, betreibe einen Blog und bin auf einigen Sozialen Netzwerken (lomography.com/Instagram/Twitter) unter dem Pseudonym „@wortmusik“ unterwegs und konnte so Kontakte zu Poetry-Slam-Organisationen und Lesebühnen knüpfen.
Ich schreibe gern Kurzgeschichten und Poetry-Slam-Texte und trete seit einigen Jahren damit auf Kleinkunstbühnen auf. Außerdem lese ich gern und viel – nicht nur Belletristik, sondern auch linguistische Bände über seltene und vom Aussterben bedrohte Sprachen und Dialekte. Bis auf Fahrradfahren meide ich Sport, da ich dazu neige, bei anderen Sportarten tödlich zu verunglücken …
Zukunftsplanung: In erster Linie baue ich hier mit meiner Freundin ein gemeinsames Leben auf. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein Zukunftsplan desto unwahrscheinlicher wird, je mehr man sich darauf versteift. Aus diesem Grunde habe ich (neben ein paar Ideen für die Zukunft) hauptsächlich den Plan, am Ende meines Lebens mehr Lach- als Sorgenfalten zu haben. Auf den Hog’n gekommen bin ich, weil der beste Freund meiner Freundin das Webmagazin kennt und verfolgt. Nachdem ich mir den Hog’n genauer angesehen hatte, konnte ich mir gut vorstellen, mit den Hog’n-Machern zusammenzuarbeiten.
Wo die Liebe hinfällt – der Bayerische Wald aus Sicht eines Zuagroasten
Passau Hauptbahnhof. Meine Reise ist nach gefühlten hundert Stunden zu Ende. Endlich steige ich aus der Bahn. Sofort fallen mir die jungen Menschen auf, die alle eine andere Sprache zu sprechen scheinen als die Leute im Norden. Ich lächle. Meine Freundin ist gekommen, um mich abzuholen und wir begrüßen uns mit einer langen Umarmung. Wir haben uns seit langer Zeit nicht gesehen, denn es trennen uns für gewöhnlich 900 Kilometer Distanz. Wir flanieren durch die Altstadt Passaus und ich betrachte staunend die vielen alten Bauten, die das Stadtbild zieren.
Meine Freundin staunt höchstens über meine Faszination, denn für sie ist alles in der Gegend vertraut, denn sie kommt gebürtig aus Niederbayern. Wir steigen ins Auto und machen uns auf den Weg in den Landkreis Freyung-Grafenau, genau genommen fahren wir nach Schönberg, wo sie und ihre Familie wohnen. Ich bin etwas nervös, denn ich werde ihre Familie und Freunde kennen lernen. Während sie zügig über die geschwungenen Bundesstraßen fährt, halte ich mich am Türgriff fest und muss hin und wieder schlucken, um den Ohrendruck auszugleichen. In Norddeutschland, wo ich seit Jahren wohne, sind die Straßen vorwiegend gerade oder nur leicht geschwungen, haben durch die Küstennähe selten Steigung oder Gefälle und der Horizont wird zumeist durch das Meer begrenzt.
„Hier grüßt man sich noch im Vorbeigehen – auch unbekannterweise“
Ich betrachte fasziniert die vorüberziehenden Berge und Täler, die Häuser, die aus der Entfernung wirken wie die Landschaft einer Spielzeugeisenbahn, die Waldstücke und steilen Felswände, die den Weg säumen und komme kaum aus dem Staunen heraus. Es wirkt, als könne man noch weiter sehen als am Meer, wo die Erdkrümmung den Horizont festlegt. Hier gibt es mehrere Ebenen der Horizonte. Täler, in deren Hintergrund eine Bergkuppe hervorragt und dahinter in weiter Ferne noch mehrere weitere.
Nach etwas mehr als einer halben Stunde Fahrt kommen wir am Ziel an. Die kleine Stadt ist ebenfalls umsäumt von Bergkuppen, die mit dunkelgrünen Tannen geschmückt wirken wie eine Landschaft aus einem Märchenbuch. Sie führt mich durch den Stadtkern und ich schmunzle, wenn wir Menschen begegnen, denn hierzulande grüßt man sich noch im Vorbeigehen – auch unbekannterweise.
Ihre Familie begrüßt mich mit einer Herzlichkeit, die ich nur von meiner eigenen Familie daheim im Rheinland kenne und ich bin erleichtert darüber, dass sie mich mögen, obwohl ich hier fremd bin und mit etwas Mühe und leicht zugekniffenen Augen den mir ungewohnten Klängen des hiesigen Dialekts lausche. Es dauert nicht lang, bis wir bei Kaffee und Kuchen lustige Geschichten austauschen und ich mich aufgenommen fühle. Ihre Familie erzählt mir stolz von den Besonderheiten der Region, die wir uns unbedingt ansehen sollten.
„Besonders gefällt mir die Stille, an der es in den Städten mangelt“
Bei einer Wanderung durch die Wälder der Umgebung bin ich davon beeindruckt, wie naturbelassen viele Orte sind und besonders gefällt mir die Stille, an der es in den Städten mangelt. Wir beklettern den Baumwipfelpfad im Nationalpark und mir ist es beinahe peinlich, wie sehr mich der Anblick fasziniert. Meine Freundin muss immerzu lachen und sie freut sich sehr, dass es mir gefällt.
Des Abends gehen wir auf das Pfingstfest im nahe gelegenen Deggendorf, um Freunde zu treffen. Es fasziniert mich, wie viele junge Leute hier mit Trachtenkleidung aufwarten und ich komme nicht umhin zu schmunzeln, während ich ein junges Pärchen in Tracht dabei beobachte, wie sie sich mit einem Smartphone fotografieren. Dieses Bild will nicht aus meinem Kopf weichen: Traditionsbewusstsein begegnet Zukunftsgewandtheit. Es ist diese Mischung aus Modernität und das zeitgleiche Bekennen zur urtümlichen Herkunft, die mein Herz höher schlagen lässt.
Die Freunde meiner Freundin mustern mich zu Beginn etwas skeptisch, finden mich aber doch sympathisch und geben uns den freundschaftlichen Segen. Im Festzelt beginnt schon kurze Zeit später die Gaudi. Jung und alt tanzt auf den Biertischen- und Bänken, schunkelnd und singend feiert man die Freude am Leben. Ich freue mich, dass ich so herzlich aufgenommen werde. Noch mehr freue ich mich zu sehen, dass hier alle an einem Strang ziehen und gemeinsam singen. Ich kenne zwar die Texte der Lieder nicht, doch lausche ich schmunzelnd und schunkelnd und mit den Armen eingehakt zwischen Freunden meiner Freundin und Fremden dem Treiben. Etwas angeheitert erklären mir die Freunde bairische Wörter und Ausdrücke.
„Ich mache das für uns – weil die Liebe eben hinfällt, wo sie hinfällt“
Später des Nachts beendet die Band den musikalischen Teil des Abends und ich stelle begeistert fest, dass der Kern der Feiernden weiterhin singt und tanzt und in die Hände klatscht. Ich kenne Volksfeste aus dem Rheinland und ich habe schon einige karnevalistische Veranstaltungen miterlebt, doch habe ich eine solche Einigkeit und ein solches Zusammengehörigkeitsgefühl in der Form noch nicht erlebt.
Nach dem Wochenende muss ich wieder in das 900 Kilometer entfernte Kiel abreisen und es ist noch nicht gewiss, wann meine Freundin und ich uns wieder sehen. Sie hat hier ihre Wurzeln und arbeitet zudem im familiären Betrieb und ich weiß, dass sie dies ungern verlassen würde. Bevor ich abreise, erzähle ich ihr von meinen Eindrücken, von der Faszination zwischen Tradition und Moderne und beschließe, meine Zelte im Norden abzubrechen und in den bayrischen Wald zu ziehen. Sie strahlt vor Freude, etwas ungläubig darüber, dass ich so etwas für sie tun würde. Ich mache das für uns, sage ich. Weil die Liebe eben hinfällt, wo sie hinfällt. „Meinst Du, die Leute würden mich hier dauerhaft akzeptieren?“ frage ich zögerlich. „Ob ich das meine?“, fragt sie und lächelt – „Du gehörst doch jetzt schon dazu!“
Martin Larisch
Hallo Liebes Hog’n-Team!
das klingt. als hättet Ihr einen neuen fähigen Mitarbeiter eingesammelt! Klasse und weiter so, ich lese gespannt!
Lieben Gruß,
Katrin Mertens
Ich freue mich über einen tollen Berichterstatter weiter so viel erfolg !
Liebe grüsse aus Zons von Agnes Larisch