Freyung-Grafenau. Was macht man nachdem man den Kleiderschrank ausgemistet hat? Ganz genau: Aus den kaputten Sachen werden praktische Putzlappen, die hübschen, aber nicht mehr modischen Teile werden an Freunde und Verwandte verschenkt – und der Rest in einen der zahlreichen Altkleider-Container gegeben. In der Annahme, damit einem hilfsbedürftigen Menschen etwas Gutes zu tun. Nur: Ist das wirklich so?
Nicht hinter jedem Container steckt auch ein gemeinnütziger Zweck
Nicht hinter jedem dieser Behälter steckt auch ein gemeinnütziger Zweck. So wie bei der Firma Deutsches Textilwerk, die seit dem Frühjahr 2013 den Landkreis Freyung-Grafenau mit einer wahren Flut an grünen Containern überschwemmt – und das in vielen Fällen ganz ohne Erlaubnis der Grundstückseigentümer. „Eines Tages stand das Ding einfach neben unserem Wartehäuschen“, erzählt Hermann Schoyerer von der Ilztalbahn. „Dabei hätten die Eigentümer uns als Pächter des Freyunger Bahnhofs vorher fragen müssen.“
Auch der Stadt Freyung sind die grünen Kästen nicht unbekannt. „Sowohl in der Geyersberger Straße als auch im Ferienpark Geyersberg und im Gewerbegebiet am Bahnhof wurden die Container ohne Erlaubnis hingestellt,“ sagt Reiner Obermeier vom städtischen Bauamt. Daraufhin forderte die Stadt das Deutsche Textilwerk mit Sitz in Aichach in einem Schreiben dazu auf, diese wieder zu entfernen. Was auch, mit Ausnahme der beiden Container im Gewerbegebiet, sofort geschah.
Mal abgesehen von der Tatsache, dass man nicht einfach irgendwo auf einem beliebigen Stück Land irgendetwas hinstellen kann, muss man außerdem zunächst beim zuständigen Landkreis eine Sammel-Erlaubnis erfragen. Denn eine gewerbsmäßige Sammlung ist nur dann zulässig, wenn das Gesammelte auch ordnungsgemäß verwertet – und das dementsprechend nachgewiesen wird.
Wie der Pressesprecher des Landratsamts Freyung-Grafenau, Karl Matschiner, bestätigt, wurde vom betreffenden Unternehmen zwar ein entsprechender Antrag gestellt: „Es erfolgte bereits eine Anhörung des Deutschen Textilwerks. Eine Stellungnahme der entsorgungspflichtigen Körperschaft, also des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Donau-Wald (ZAW), liegt uns ebenfalls vor.“ Aber, so Matschiner weiter: „Eine abschließende Entscheidung wurde vom Landratsamt noch nicht getroffen.“
Mit gebrauchten Textilien lässt sich richtig gut Geld verdienen
Der Zweckverband, der für die Abfallwirtschaft im Landkreis zuständig ist, wurde in diesem Jahr bereits bei 112 Anträgen zur Sammel-Erlaubnis um eine Stellungnahme seitens seiner Mitglieder-Landkreise gebeten. „17 davon kamen alleine aus dem Landkreis Freyung-Grafenau,“ sagt ZAW-Hauptverwaltungsleiter Hans-Jürgen Tauber.
Mit gebrauchten Textilien lässt sich neuerdings eben richtig gut Geld verdienen. „Die Nachfrage ist gestiegen – und damit auch der Preis“, erklärt Tauber. Und das machen sich einige gewerbliche Sammler zunutze: Kleidung und Schuhe werden ins Ausland transportiert, dort wiederaufbereitet und später weiterverkauft. Den gemeinnützigen Betreibern von Altkleider-Sammlungen stinkt das natürlich gewaltig. Denn während die gewerblichen Sammler auf eine Gewinnmaximierung abzielen, führen sie den Ertrag aus den Altkleider-Spenden karitativen Zwecken zu.
„Der Großteil unserer Ware bleibt in Deutschland“, schildert beispielsweise Peter Gassner vom Malteser Hilfsdienst (MHD) in Passau. „Wir kooperieren zwar mit der gewerblichen ReSales Textilhandels- und -recycling GmbH„, so der Vertriebsmitarbeiter, „aber 95 Prozent vom Erlös, den wir im Secondhand-Verkauf erzielen, fließt umgehend karitativen Zwecken zu.“
Auch beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) in Freyung-Grafenau kommen die Kleidungsstücke, nachdem sie zuvor sortiert wurden, in die jeweiligen Secondhand-Läden – und können dort dann eingekauft werden. „Was nicht mehr verwertbar ist, wird über den BRK-Verband in Nürnberg weiterveräußert“, erklärt BRK-Kreisgeschäftsführer Josef Aigner. Doch auch hier gilt: „Der Erlös kommt unseren BRK-Einheiten im Landkreis zugute – und ist somit gemeinnützig.“
Etwas anders verhält es sich beim ZAW, der die Umsätze aus den Kleiderspenden dazu nutzt, um die Gebühr für die Restmülltonne stabil zu halten. Über diesen Betrag bezahlt ein Jeder nicht nur die Restmüll-, sondern auch Papier- und Biotonne – und den Betrieb des Recyclinghofs. „Somit geben wir die Gewinne an den Bürger zurück,“ versichert ZAW-Hauptverwaltungsleiter Tauber.
Illegale Container lassen sich kaum von legalen unterscheiden
„Aber diese Firma will nur eins: den Gewinn! Und keiner kümmert sich so richtig um deren illegalen Container! Die bleiben einfach stehen“, schimpft MHD-Mitarbeiter Gassner, „denn sobald die Nachfrage sinkt, holen sie ihre Sammelbehälter sowieso wieder ab.“ Und was unternimmt der Landkreis dagegen? Dazu gibt es von Pressesprecher Matschiner folgende Auskunft: „Die Zulässigkeit der Entfernung dieser Container ist rechtlich noch nicht abschließend geklärt. Die noch ausstehenden Verwaltungsgericht-Entscheidungen in vergleichbaren Fällen sollen abgewartet werden.“
Dabei haben sich die Betreiber vorsorglich etwas einfallen lassen, um zu verhindern, dass irgendjemand ihre Container so mir nichts dir nichts abtransportiert: Auf den Sammelbehältern ist ein Aufkleber angebracht, auf dem steht, dass demjenigen 1.000 Euro Belohnung gezahlt wird, der unter einer 0800-Nummer anruft und Bescheid gibt, dass der Container von einem anderen Fahrzeug als das mit dem genannten Kennzeichen abgeholt wurde …
„Das Schlimme an der ganzen Sache ist, dass man die illegalen Container kaum von den legalen unterscheiden kann“, sagt BRK-Geschäftsführer Aigner. „Die verwenden bei ihren Aufklebern einen roten Schriftzug und ein Pluszeichen, das stark an das Rote Kreuz erinnert. Dadurch entsteht der Eindruck, als gehöre der Sammelbehälter zu uns.“ Ein Problem, das den BRK auch schon vor einem Jahr in Augsburg beschäftigt hat. Auch damals steckte dahinter die Firma Deutsches Textilwerk.
Das Deutsche Textilwerk äußert sich bislang nicht zu Vorwürfen
Getan hat sich seitdem scheinbar nicht viel. Den Firmeninhaber zu kontaktieren, gestaltet sich schwierig. Unter der auf dem Container angegebenen Nummer läuft eine Bandansage: Nach dem Piepton soll man Name, Telefonnummer und den Grund des Anrufs hinterlassen. Ein Rückruf erreichte uns bislang nicht. Die Antwort auf eine schriftliche Presseanfrage per Fax (eine Emailadresse war leider nicht auffindbar) lässt ebenfalls noch auf sich warten.
Wer also in Zukunft sicher gehen möchte, dass die aussortierten Klamotten auch wirklich einem guten Zweck zugeführt werden, der sollte vorsichtshalber lieber auf die bekannten Sammelbehälter setzen: Der MHD hat seine Container mit einem dementsprechenden Logo gekennzeichnet, das BRK stellt nahezu alle seine Behälter nur noch auf den Recyclinghöfen ab – genauso wie der ZAW Donau-Wald.
Dike Attenbrunner