Grafenau. Der 2. Weltkrieg liegt 18 Jahre zurück. Im Bayerischen Wald kehrt langsam wieder Normalität ein. Am 20. Juni 1963 jedoch fühlen sich viele Waidler kurz in diese schreckliche Zeit zurückversetzt. Am Grenzkamm zwischen Deutschland und der damaligen Tschechoslowakei (CSSR) stürzten während eines Übungsfluges zwei tschechische Militärflugzeuge des Typs MIG-15 ab – die Piloten waren sofort tot. Der Grund: Wegen der niedrigen Wolkendecke mussten die MIGs im Tiefflug über die gebirgige Gegend fliegen, die Berge wurden ihnen zum Verhängnis – und die Maschinen zerschellten am Steinmassiv des Plattenhauserriegels. Dass in Zeiten des Kalten Krieges tschechoslowakisches Militär auf deutschem Boden war, sorgte damals für große Aufregung.
„Noch Jahre später hat man dort Wrackteile gefunden“
Das bestätigt auch Bruno Dankesreiter. Der heute 87-jährige Bergwachtler zählte damals zu den Ersthelfern – allerdings nicht direkt an den Flugzeugwracks. „Die Amerikaner haben sofort alles abgesperrt, und auch die Tschechen waren schnell da“, erinnert sich der Grafenauer. Militär, Verletzungen und Tod – der Kriegsteilnehmer, eingesetzt in Russland und Frankreich, bezeichnet sich in dieser Hinsicht selbst als abgebrüht. Dennoch machte ihn der Flugzeugabsturz zu schaffen. „Da ist man freilich erst mal richtig geschockt.“ Wegen der großräumigen Absperrung sah Bruno Dankesreiter vom Unfallort selber nicht viel, nur, dass von den Maschinen nicht viel übriggeblieben war. „Noch Jahre später hat man dort Wrackteile gefunden.“
Auch der Grafenauer Martin Haug wurde fündig …
Wie zum Beispiel der Grafenauer Martin Haug. Als junger Bub sah der heute 42-Jährige während eines Spaziergangs mit seinem Papa eine Schneise zwischen Lusen und Rachel, den Absturzort der beiden Flugzeuge. Nachdem ihm sein Vater die dazugehörige Geschichte erzählt hatte, interessierte sich Haug immer mehr für die Geschehnisse vom 20. Juni 1963. „Ich habe beim Morsak-Verlag nach alten Zeitungsausschnitten gesucht“, erinnert sich der gebürtige Neuschönauer an seine Recherchen. Auch den Absturzort selbst nahm er genau unter die Lupe – und wurde fündig: Der damals 18-jährige Bub, später selbst vier Jahre bei der Luftwaffe in Erding, fand Teile der tschechischen MIGs. „Keine Ahnung, wo die genau dran waren – damals war das richtig cool für mich: Ich wollte diese Teile des Düsenjets unbedingt daheim haben“, sagt der selbstständige IT-Projektmanager heute.
Mittlerweile ist sprichwörtlich Gras und Wald über die Sache gewachsen, nur noch eine kleine Lichtung erinnert an die dramatischen Minuten vom 20. Juni 1963 …
Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer