Eigentlich hat man ja das Gefühl, der umtriebige Josh Homme ist niemals weg gewesen. Zwar sind seit dem letzten Werk seiner Hauptband Queens of the Stone Age („Era Vulgaris“) fast sechs Jahre vergangen. Aber seine Zusammenarbeit mit zahlreichen Legenden der Vergangenheit (etwa Led Zeppelin-Bassist John Paul Jones bei „Them Crooked Vultures„, 2009) oder des heutigen Rock-Zirkus (Dave Grohl bei „Sound City Players“ 2012) haben ihm seinen unbestrittenen Ruf als „God of Rock“ gefestigt.
Lückenlos perfekte Ansammlung von deutlich düsteren Songs
Schon beim ersten Durchlauf des neuesten Longplayers “Like Clockwork” zeigt sich, dass die Richtung seit dem letzten Album deutlich geändert wurde. Wo bei „Era Vulgaris“ die Entwicklung der treibenden Rhythmen des Meisterwerks “Lullabies to Paralyze” (2005) schon ins etwas Übernervöse, Hektische gekippt war, stehen nunmehr deutlich weniger Tempo und schwindelerregende Wechsel im Vordergrund. Homme gelingt es vielmehr mit seiner gewohnt exzellenten Band und einer unglaublichen Armada an fantastischen Gastmusikern (insbesondere Dave Grohl und Trent Reznor) eine lückenlos perfekte Ansammlung von etwas ruhigeren, aber deutlich düsteren Songs abzuliefern, die dem bisherigen Höhepunkt der Bandgeschichte “Songs for the Deaf” (2002) in nichts nachstehen.
Ob diese Kehrtwende auf die oft kolportierte Nahtod-Erfahrung bei Komplikationen während einer Operation im Jahre 2010 zurückzuführen ist, mag jeder selbst entscheiden. Dass dieses unerwartet dramatische Ereignis das kraft- und testosteronstrotzende Mannsbild Homme aber sichtlich getroffen hat, verraten die apokalyptischen und depressiven Momente von “Like Clockwork”.
Lieder, die sich hinter “No one knows” nicht verstecken müssen
Vor allem wenn man sich die kurz vor dem Erscheinen der Platte bei YouTube veröffentlichen Videos zu einigen Songs zu Gemüte führt, fügt sich alles in ein Endzeit-Szenario, das sich leicht mit den Monaten verbinden lässt, in denen der sonst unsterblich wirkende Josh Homme tatenlos ans Krankenbett gefesselt war. Wie quälend dies für den niemals ruhenden Musik-Junkie gewesen sein muss, deuten die Texte mehrfach an (“I want god to come, to take me home, because I’m all alone in this crowd”). Besonders gelungen wirkt die in jenen Videos und der Gestaltung des Covers (samt Booklet) von Homme selbst angestoßene Zusammenarbeit mit dem englischen Street-Art-Künstler “Boneface”. Dessen morbide, zynische, oft gewaltstrotzende, aber immer geniale Illustrationen passen wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Auch die Gestaltung der Tour-Show wurde Boneface überlassen, der diese zu einem Gesamterlebnis aus Ton und Bild werden lässt. Wer die bisherigen Shows (in Berlin und Wien) verpasst hat, sollte schleunigst Tickets für die Winter-Tour durch Deutschland im November 2013 besorgen.
Neben den introvertierten Momenten bietet “Like Clockwork” aber auch für Freunde der harten Rock-Hymne mit “My God is the Sun” und dem augenzwinkernden “If I had a tail” zwei Lieder, die sich hinter dem Allzeitmeisterwerk “No one knows” nicht verstecken müssen. Das Erleben der eigenen Vergänglichkeit hat dem vormals oft etwas bierernst wirkenden Mastermind Homme eine neue Dimension der Selbstironie verliehen, die im Albumtitel “Like Clockwork” gipfelt, der auf den steinigen und langwierigen Weg bis zum Erscheinen des Albums anspielt.
QotSA-Anhänger, was willst Du mehr? Thor wäre stolz auf Dich, Josh!
Alles in allem kann man dem Rock-Gott nur dankbar sein, dass er die Abberufung Hommes in eine Supergroup mit Hendrix und Co. noch zurückgestellt hat. Sonst wäre uns ein weiterer Meilenstein entgangen, der zwar etwas den Fuß vom Gaspedal nimmt, um dann aber gezielt mit voller Wucht durchschlägt. Thor wäre stolz auf Dich, Josh!
Abschließend sei auch die Veröffentlichungspolitik äußerst lobend zu erwähnen. In Zeiten, in denen den rücklaufigen Plattenverkäufen mit künstlich aufgebauschten “Deluxe-”, “Super-Deluxe” und “Super-Super-Mega-Wahnsinns-Deluxe-”Editionen Einhalt geboten werden soll, gefällt schon die normale CD-Ausgabe mit feinem Booklet (Boneface!) und langer Laufzeit.
Echte Fans sei die “Deluxe-LP”-Edition dringend ans Herz gelegt. Für einen fairen Preis (teilweise um 20 Euro) erhält man einen sowohl handwerklich (180 Gramm Doppel-LP sowie hochqualitätives Begleitbuch) als auch inhaltlich sehr guten Leckerbissen (alle Songs sowohl als MP3-Download als auch als qualitiativ hochwertige FLAC-Dateien). QotSA-Anhänger, was willst Du mehr? Wer Justin Bieber nicht für den Höhepunkt der Rockmusik hält, wird dieses Album lieben …
Josef Massinger