Freyung-Grafenau/Zwiesel. Es weht ein frischer Wind in den Landkreisen Freyung-Grafenau und Regen. Der Grund: die neue Tourismus-Struktur, an der bekanntermaßen seit längerem gefeilt wird. Denn: Längst nicht alle Projektbeteiligten sind vom bisherigen Konzept überzeugt. Nun bringt auch Zwiesel Kritik an die bisherige Konzeption an, obwohl dessen Bürgermeister Franz Xaver Steininger im Januar noch gesagt hatte: „Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche interkommunale Kooperation – das gilt insbesondere für dieses Großprojekt, das erheblichen Veränderungsbedarf hat – sind gegeben und werden im Projektzeitraum bisher vorbildlich umgesetzt.“
Steininger: „Berichterstattung einer Tageszeitung nicht würdig“
Über diesen Umstand berichtete auch der Bayerwald-Bote, von deren Berichterstattung sich Steininger wiederum wenig angetan zeigte. Am gestrigen Montag traf diesbezüglich in der Hog’n-Redaktion eine E-Mail des Zwieseler Stadtoberhaupts ein:
„Sehr geehrte Pressevertreter,
anbei erhalten Sie die Reaktion (in Form einer Stellungnahme, Anm. der Red.) von projektbeteiligten Kommunen auf die einer Tageszeitung nicht würdige Presseberichterstattung (einsehbar in den Internetbeiträgen des Bayerwald-Boten vom 27. und 30. Juni, Anm. der Red.). Wenn die Zwieseler Lokalpresse anstatt auf Sachargumente lieber auf Spekulationen und Unterstellungen abzielt, entbehrt das jeglicher Grundlage und trägt anstatt zur Versachlichung nur zur Verwirrung – sowohl innerhalb der Projektbeteiligten als auch der Bevölkerung – bei.
Mein offenes, transparentes und kooperatives Verhalten gegenüber der Lokalredaktion der PNP werde ich überdenken müssen. Zumal ich persönlich in der Redaktion war und Frau Hackl die Sachlage detailliert erklärt und Sie es auch verstanden hatte. Konstruktive, unterstützende Pressearbeit sieht anders aus. Schade, PNP BBZ.
Mit freundlichen Grüßen
Franz Xaver Steininger„
Darf man einer Zeitung vorschreiben, wie sie berichten soll?
In dem von Steininger erwähnten Artikel wird unter anderem darüber spekuliert, warum der bisherige Verfechter auf einmal quer schießt. Und in einem Kommentar wird Steininger gar dazu aufgefordert, den Vorsitz der Projektsteuerungsgruppe abzugeben, wenn er denn schon nicht mehr hinter dem Konzept stehen könne.
Steininger indes erhielt daraufhin Schützenhilfe aus den Reihen der „Hauptzahler“ – so genannt, weil sie als große Gemeinden finanziell mehr beisteuern.
In einer der E-Mail beigefügten Stellungnahme sind sie sich alle einig: Sowohl Zwiesel als auch Grafenau, Freyung, Waldkirchen und Spiegelau sehen große Lücken im Konzept zur Neustrukturierung der Nationalparkregion. „Man hat bei der Erstellung des Konzepts zu viele Einzelinteressen berücksichtigt, die Marketing- und Vertriebsschiene aus den Augen verloren und auch eine deutliche Verschlankung der bisherigen Struktur vernachlässigt“, um nur einige der aufgeführten Punkte zu nennen. Die Hauptzahler wollen deshalb von der Agentur BTE zunächst alle ihre ungeklärten Fragen beantwortet haben, bevor sie sich überlegen, wie es weitergehen soll.
Die Frage ist nur: Wer hat Recht? Und darf man einer Zeitung eigentlich vorschreiben, wie sie berichten soll? Klar, es ist die Krux eines jeden politischen Unterfangens: Einerseits will man das Bestmögliche für die eigene Gemeinde – und wahlkampfbedingt für sich selber – rausholen, andererseits ist man auf eine positive Presse angewiesen, um das Vorhaben gezielt unter die Leute zu bringen. War das nun eine berechtigte Kritik an der Heimatzeitung, weil die Redakteurin angeblich nicht das wiedergegeben hat, was Steininger ihr gesagt hatte? Und sie, angesichts sonst eher dröger Vereinsberichte, die willkommene Chance genutzt hat, ein heißes Eisen zu schmieden?
Fragen und kritische Anmerkungen müssen erlaubt sein!
Oder war es vielleicht eine notwendige Kritik des Bayerwald-Boten, weil man nicht umhin kann, sich zu fragen, woran es scheitert, dass sich ausgerechnet die großen Gemeinden (wie nun auch Zwiesel) gegen die geplante Neustrukturierung – oder zumindest einiger Inhalte – stellen?
Denn eins muss man festhalten: Es ist wirklich nicht einfach, sich ein vollständiges Bild von der Planung und Konzeption der geplanten Tourismus-Struktur zu machen. Dementsprechende Pressemitteilungen sind schließlich naturgemäß auf ein positives Bild ausgerichtet.
Dennoch müssen Fragen erlaubt sein: Wie soll sich der Bayerische Wald als solcher vermarkten, wenn jeder seinen eigenen Vorteil sucht? Und woran liegt es überhaupt, dass man nicht alle Bayerwald-Gemeinden unter einen Hut bekommt? Ist der Fehler bei den beteiligten Agenturen zu suchen, weil ihre Konzepte nicht tief genug greifen? Oder handeln die Herren und Damen Politiker zu eigennützig, als dass eine konstruktive Zusammenarbeit möglich wäre (Stichwort: Kirchturm-Denken)? Angesichts der vielen Protagonisten ist es schwierig, um nicht zu sagen: unmöglich, sich hier ein Urteil zu bilden.
Und darauf zu vertrauen, dass mit der Neustrukturierung des Tourismus nichts mehr schiefgehen kann, wenn ein Herr Steininger und ein Dr. Olaf Heinrich (Bgm. von Freyung) mit von der Partie sind, wie Hannes Burger kürzlich in seiner Kolumne „Wo’s im Woid brennt“ für das Straubinger Tagblatt schrieb – das, Herr Steininger, ist dann doch mehr als ein vager Ausblick auf die Lösung des Problems …
Hinter verschlossenen Türen zu debattieren, macht wenig Sinn
Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, als würde die Bevölkerung in Sachen Tourismus-Neustrukturierung mit kleinen Häppchen abgespeist. Nur nicht zu viel verraten, lautet wohl die Devise. Dabei ist eine Neustrukturierung des Tourismus mit einem einheitlichen Marketing und Auftreten unabdingbar – und eine wichtige Säule für die Zukunft des Bayerischen Waldes. Der potenzielle Tourist kennt nicht jede Gemeinde, jedes Platzerl und jede Unterkunft bei uns. Sein Urlaubsziel ist: der Bayerische Wald. Zumindest darin sind sich alle Projektbeteiligten einig.
Wenn aber der Urlauber weiterhin mit einem Potpourri an verschiedenen Marken und Namen alleingelassen wird, wird er sich letztlich ein anderes Urlaubsziel suchen beziehungsweise den Woid erst gar nicht finden. Wie auch immer die Projektbeteiligten weitermachen wollen, eins sollte ihnen bewusst sein: Die Zeit drängt! In dem Punkt kann man den Kollegen vom Bayerwald-Boten nur beipflichten. Vielleicht sollten das Konzept und die Bedenken nun auch in der Öffentlichkeit transparenter gemacht werden. Hinter vorgehaltener Hand und verschlossenen Türen, fernab der Öffentlichkeit, zu debattieren – und sich anschließend über die Presse zu beschweren, macht wenig Sinn.
Dike Attenbrunner