Riedlhütte/Schönberg. Eigentlich sollte es ein Artikel über Metzger aus dem Landkreis Freyung-Grafenau werden, die nur Fleisch von Tieren verarbeiten, die mit gentechnikfreien Futtermitteln gefüttert wurden. Doch wer auf die gesunde Fütterung von Schlachttieren Wert legt, der macht das meist nicht nur für die eigene Gesundheit, sondern auch aus Achtung vor dem Lebewesen, dem man – um des eigenen Genusses willen – das Leben nimmt.

Also wurde es auch eine Geschichte über ein Handwerk, das viele oftmals nicht als solches wahrnehmen, weil es Lebewesen tötet und verarbeitet. Die Fleischer Max Pleintinger aus Schönberg und Fritz Baumann aus Riedlhütte arbeiten trotzdem gerne in diesem Beruf. Was die beiden Metzger vereint? Dass sie selber ein Tier nur dann essen und an ihre Kunden verkaufen wollen, wenn es ein anständiges Leben und einen schnellen, möglichst schmerzlosen Tod hatte.
„Die Wertigkeit von Fleisch ist verloren gegangen“
Auf die Idee, künftig im eigenen Metzgerladen nur noch Fleisch von gesund ernährten Tieren anzubieten, kamen Fritz Baumann und Max Pleintinger über den Mischfutterhersteller Josef Feilmeier aus Edlham. Der setzt schon seit geraumer Zeit nur noch auf gentechnikfreie „Lebensmittel für Tiere“. Der Grund: Die unbekannten Folgen einer gentechnischen Veränderung und die teils hohe Belastung der Pflanzen durch Spritzmittel.
„Man merkt es dem Vieh meines Schweinemästers einfach an“, bestätigt Baumann, „dass sie nur noch gentechnikfreies Soja und selbst angebaute Erbsen bekommen. Sie sind viel gesünder und robuster als früher – und das wirkt sich auf die Fleischqualität aus.“

Dafür bezahlen die Metzger auch gerne einen höheren Schlachtvieh-Preis. „Das ist auf jeden Fall ein finanzieller Mehraufwand für den Bauern“, gibt Pleintinger zu, „weil es etwas länger dauert bis die Schweine schlachtreif sind. Und das schlägt sich natürlich in einem höheren Preis nieder, den man wiederum an den Kunden weitergibt. Wobei – so viel teurer sind meine Produkte dann auch nicht als die der zahlreichen Discounter im Landkreis“, betont der 52-Jährige.
Die Preisfrage müsse man ohnehin in einem anderen Licht betrachten, sind sich die Fleischer einig. „Heutzutage essen viele Menschen fast täglich Fleisch und Wurst“, beklagt Baumann, „alles muss immer und zu jeder Zeit verfügbar sein.“ Dadurch sei die Wertigkeit von Fleisch verloren gegangen. „Wer nur ein paar Mal in der Woche Fleisch isst, ernährt sich zum einen gesünder – und kann zum anderen dann qualitativ hochwertiges Fleisch kaufen“, gibt auch Pleintinger zu bedenken.
Und der Kunde weiß, was auf den Teller kommt: Die Fleischwaren stammen ausschließlich von Tieren regionaler Bauern, die keine gentechnisch veränderten Futtermittel bekommen haben. Pleintinger und Baumann holen ihre Schweine jede Woche selbst ab. Die Tiere werden stressfrei zu ihrer Metzgerei transportiert – und unmittelbar geschlachtet. Mit Stromschlägen werden sie betäubt, der erste geht durch das Hirn, der zweite durch das Herz. Danach werden sie mit einem Kehlschnitt getötet. Das bekommen sie aber nicht mehr mit – genauso wenig wie die anderen Tiere, die vor der Schlachtkammer warten und denen der Tod noch bevorsteht.
„Was ich mache, muss ich auch selber mit Appetit essen können“
Die meisten kleinen Metzgereien machen das schon lange nicht mehr. Kein Wunder, denn für ein eigenes Schlachthaus braucht man mittlerweile eine EG-Zulassung – und die ist nicht gerade billig. Baumann hat die etwa 27.000 Euro für den Umbau trotzdem gerne investiert. Nicht nur deshalb, weil der 48-Jährige den Kunden die bestmögliche Ware anbieten möchte: „Was ich mache, muss ich auch selber mit Appetit essen können. Die Metzger, die vom Schlachthaus beliefert werden, wissen oft nicht, was die Tiere alles zu sich genommen haben.“
Simon Pleintinger, der Sohn von Max, isst daher auch kein Fleisch, von dem er nicht weiß, woher es kommt. Der 22-jährige Abiturient hat sich für das Metzgerhandwerk entschieden und ist bei seinem Vater in die Lehre gegangen. „Aber nur, weil wir selber schlachten und ich weiß, dass die Viecher nicht leiden müssen“, erklärt er. Dabei hätten sie das Schlachten in der Ausbildung nicht einmal mehr gelernt. „Wozu auch? Das machen meistens ohnehin nur noch die großen Fabriken.“

Die Massenschlachtung sei sehr stressig für die Tiere, erzählt Simon: „Während wir jede Woche etwa zehn Sauen schlachten, sind es in großen Schlachthäusern an die 50.000 täglich. Die werden in einen Raum getrieben und mit CO2-Gas betäubt. Anschließend wird ihnen die Halsschlagader durchgeschnitten. Aber bei so vielen Schweinen kommt es schon mal vor, dass eins noch nicht richtig tot ist oder ganz übersehen wird – und dann qualvoll im Blut der anderen ersäuft.“ Dieser Todesstress sorgt für eine vermehrte Hormonausschüttung. Und die geht ins Fleisch über und mindert dessen Qualität.
Dem angehenden Metzgermeister graust es regelrecht davor, wie respektlos oftmals mit den Lebewesen umgegangen wird. Er liest Bücher wie „Die Ernährungslüge“ von Hans-Ulrich Grimm, verfolgt Fernsehdokumentationen über Tierhaltung und schüttelt immer wieder ungläubig den Kopf, während er von den Zuständen in den großen Mastbetrieben berichtet. Dabei ist das Schlachten in kleiner Form für den jungen Fleischer nicht nur ethisch vertretbar – es hat auch einen anderen, ganz wesentlichen Vorteil: „Ein schlachtwarm verarbeiteter Rohschinken benötigt keine Zusatzstoffe. Er kommt ohne Glutamate oder Hefeextrakte aus. Deswegen kaufen bei uns auch viele Allergiker ein, die diese nicht vertragen.“
Erst wenn ein Metzgerladen schließen muss, wird er vermisst …
Auch für Baumann kommt nichts anderes mehr in Frage als selber zu schlachten: „Von den großen Schlachthäusern bekommt man ja meist nur einzelne Fleischteile. Und wenn die endlich zu den Metzgern in den Bayerischen Wald gelangen, haben sie oft schon einen langen Transportweg hinter sich.“ Im Winter ist das kein Problem, schildert er. Im Sommer hingegen sei die Hitze nicht gerade von Vorteil, weil die Kühlkette bei jeder Warenablieferung immer wieder unterbrochen wird.
„Klar, manche Wurst- oder Fleischsorten sind bei uns am Samstag schon mal ausverkauft, weil wir nur nach Bedarf schlachten“, gibt Baumann zu. Aber dies zeuge schließlich von Frische. „Mir ist es einfach wichtig, dass die Leute ihr Schnitzel wieder bewusster konsumieren.

So wie früher: Da ist ein Schwein nur zur Schlachtbank geführt worden, wenn es notwendig war – und das gesamte Tier verarbeitet. Heute vergammelt so viel wertvolles Fleisch, weil wir all das gar nicht essen können, was wir industriell produzieren!“
Ein Umstand, auf den auch die „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt“ vor kurzem wieder hingewiesen hat, da der überhöhte Fleischkonsum der westlichen Industrienationen wesentlich zum Welthunger beiträgt. Aus dem von der Stiftung zu Beginn des Jahres veröffentlichten „Fleischatlas“ geht hervor, dass nicht nur Investitionen in neue Megaställe nach wie vor subventioniert werden. Nein, mit dem für die Tierfütterung angebauten Getreide könnte man rein rechnerisch an die drei Millionen Menschen ernähren. Von den 70 Prozent des weltweit verfügbaren Trinkwassers, das derzeit in der Landwirtschaft verbraucht wird, um das Vieh zu mästen, ganz zu schweigen …
„Es geht nur noch darum, dass wir möglichst oft und billig Fleisch essen können“, mahnt Max Pleintinger an. „Wie es den Tieren oder der Umwelt dabei geht, ist Nebensache.“ Und auch an die kleinen Metzgereien, die in vielen Dörfern oft noch die einzige Möglichkeit bieten, um sich für den täglichen Bedarf einzudecken, werde nicht gedacht. Baumann kann dies nicht recht nachvollziehen: „Erst wird im Supermarkt eingekauft – und wenn der Laden von nebenan mangels Kundschaft schließen muss, schimpfen alle!“
„Ich muss den Tieren in die Augen schauen können!“
Dabei wäre der Bayerische Wald wie geschaffen für eine Selbstversorger-Region. „Es könnten mehr Metzger im Landkreis wieder ein eigenes Schlachthaus aufmachen und für die anderen mitschlachten“, schlägt Baumann vor. „Dann wären wir in unserer Region unabhängig von den großen Schlachthäusern.“ Dies gehe auch nicht auf Kosten einer Waren-Vielfalt, behauptet Pleintinger: „Wenn sich alle Metzger in der Region zusammentun, könnte jeder seine Spezialitäten herstellen und diese im Handel mit den Kollegen vertreiben. Dann könnten wir gemeinsam regionale, naturbelassene und qualitativ hochwertige Produkte anbieten!“

Denn eins ist klar: Will das Fleischerhandwerk als solches überleben, müssen sich die Metzger von ihren starken Konkurrenten, den Discountern, abheben – und sich etwas Neues einfallen lassen. Eine Idee wäre die Entwicklung einer Dachmarke „Bayerischer Wald“, unter der sich die Metzgerbetriebe versammeln – oder der Verkauf regionaler Produkte über einen Internetshop, wie die Pleintingers das derzeit planen.
Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg, der laut Baumann und Pleintinger nur über gesund ernährte und artgerecht gehaltene Tiere führen kann. „Der Verbraucher will angesichts immer wiederkehrender Lebensmittelskandale mittlerweile genauer wissen, wo sein Fleisch herkommt“, beobachtet Pleintinger das Kaufverhalten seiner Kunden. „Da setzt langsam aber sicher eine Bewusstseinsveränderung ein.“ Dennoch: Dem Landratsamt Freyung-Grafenau ist als bisher einzige „gentechnikfreie“ Metzgerei im Landkreis nur diejenige von Max und Simon Pleintinger bekannt. Baumann hat erst vor zwei Jahren auf „ohne Gentechnik“ umgestellt und erhält das dazugehörige Siegel dann, wenn er weiß, ob auch die Gewürze, die er verwendet, frei sind von Gentechnik.
Fest steht jedenfalls: Die Metzger brauchen dringend junge Nachfolger, die es ihnen gleichtun. So wie Pleintingers Sohn Simon, der die Gesellenprüfung mit 1,0 bestanden hat und dafür mit dem Bayerischen Staatspreis ausgezeichnet wurde. Oder Baumanns 25-jährige Tochter, die als Metzgergesellin schon seit zehn Jahren im elterlichen Betrieb mitarbeitet. „Aber ich will diesen Beruf nur ausüben, wenn ich ihn auch ethisch und moralisch vertreten kann“, betont Simon. „Ich muss nicht nur meinen Kunden, sondern auch den Tieren in die Augen schauen können!“
Dike Attenbrunner
Dieser Artikel spricht mir aus dem Herzen, da vermisse ich meinen Beruf Metzgergesellin. Das Herstellen von Wurstwaren ist in kleineren Betrieben sehr mühsam. Frühe Arbeitszeiten, immer auf den Beinen, die Kälte und so Kleinigkeiten. Aber wenn ein Tier kommt, das Notgeschlachtet werden muß, wegen eines Beinbruchs o. Ä. tut es Gut das Tier erlösen zu können. Mann freut sich jeden Tag, mit dem Rohstoff (Fleisch) ein Produkt Herzustellen aus eigenen Händen ohne große Maschinen. Einmal im Jahr darf ich Wursten. Diesmal hat mein Vater mit geholfen (Metzgermeister in Rente) Leber und Blutwürste, Pressack und Kesselfleisch essen „oh ist das schön“! Hand in Hand, da freut es mich um so mehr, wenn ich den Artikel über Simon lese (genieße es, jeden Tag mit deinem Vater arbeiten zu dürfen, wenn es auch manchmal schwerfällt).
Die Familie Baumann kenne ich persönlich, es ist genau wie Dike Attenbrunner ihn beschrieben hat- nix gelogen. Keine Verkäuferinnen die ein Schild tragen muß „ich bin freundlich“ wie bei einem nahe gelegenen Discounter, bei dem ich Wurstwaren kaufe die nicht Regional sind. Wer mag schon auf seine Ungarische Salami oder Italienische Mortadella verzichten. Wir kennen schon seit Jahren diese Produkte. Die wir durch die EU beziehen. Es ist auch so, daß viele kleine Betriebe dazu gezwungen werden aufzugeben, wenn nicht das nötige Geld zum Nachrüsten da ist oder sich kein Nachfolger findet. Zum 1. Januar 2013 haben sich die bis dahin nebeneinander bestehenden Metzger-Innungenen Passau und Grafenau zur „Metzger-Innung Passau-Unterer Bayerischer Wald“ zusammengeschlossen. Die Metzgerinnung Grafenau war mit ihren nur noch 17 Mitgliedern die kleinste Innung in Bayern und somit nicht mehr zukunftsfähig. Die Zahl der Mitglieder ließ sich nicht mehr erhöhen und damit fehlte auch die finanzielle Basis, um die Innung geschäftsfähig zu erhalten. Somit war es der Wunsch aller Grafenauer Mitglieder gewesen, sich der Passauer Innung anzuschließen. (Auszug http://regiowiki.pnp.de/index.php/Metzger-Innung_Passau) Zur Zeit sind 54 Betriebe eingetragen, aber wieviele bilden noch aus? Wie am Bild oben zu sehen, hat sich unser Metzgermeister Baumann in den Daumen geschnitten, das kommt mal vor aber dadurch wird man nicht abgehalten weiterzuarbeiten oder sich Krankschreiben zu lassen.“Da muß der Finger schon weg hängen“. Ein großes Lob an die Metzgereien und an „Ohne Gentechnik”: Mischfutterhersteller Josef Feilmeier aus Edlham.
Wenn die Nachfrage nicht steigt an die großen Mischfutterhersteller, auf Gentechnik zu verzichten, wird kein Umdenken bewirkt. Ein Beispiel der Geflügelbetrieb Bielmeier in Riedern bei Altransberg der schwört auch auf sein Gen freies Futter für ihr Geflügel bzw. die Eier sind sehr lecker! Sie bestätigen die Aussage“ Das Geflügelfleisch darf Gen frei sein aber die Eier kauf ich mir beim Discounter“- was stimmt den da nicht?
Wenn man ein paar Tage in der Woche verzicht, weil zuviel Fleisch soll ja nicht gesund sein, dann schmeckt einem ein Stück gutes Fleisch oder eine Spezialität aus der Wursttheke von so ein Betrieb um so besser und darf wieder rundherum ein wares Genuß sein.
Da zahl ich gerne was mehr.
Lieber Qualität statt Quantität! Danke für diesen Bericht und das es solche Vertreter noch gibt!