Passau. Die Künstlerin „marliesmarlen“ aus Vornbach am Inn hat Innenarchitektur studiert, weil Räume für sie von großer Bedeutung sind: „Es fasziniert mich wie wir auf verschiedenste Umgebungen reagieren und wie unsere geschaffenen Hüllen Einfluss auf unsere Psyche nehmen können.“ Und weil es im Leben der 25-Jährigen auch immer wieder expressive Phasen gab (und gibt), in denen sie künstlerisch tätig ist, zeigt sie das Ergebnis ihres neuesten Projekts am Donnerstag, 19. Juni, im Kunstwerk Passau. „Right Norm?“ lautet der Titel der Ausstellung – und soll das medienerzeugte Frauenbild relativieren.
Die zwei mal elf Meter große Installation zeigt 60 Gipsabdrücke verschiedenster Frauen im Alter von 18 bis 71 Jahren, die die Objektivizierung der Frau nicht billigen, teilweise sogar Komplexe bezüglich ihrer Brüste haben – und sich genau deshalb überwinden wollten, an dem Projekt teilzunehmen.
„Frauen werden durch die Medien zum Objekt gemacht“
Marliesmarlen, wie bist Du auf die Idee gekommen Frauenbrüste zu gipsen?
Frauen werden durch die Medien in ihrer Handlungsfreiheit degradiert und zum Objekt gemacht. Durch diese Ausstellung hat der Betrachter die Gelegenheit sich mit tiefer gelegenen Gedankenmustern ungestört auseinanderzusetzen. Die Brust beziehungsweise die Entblößung der Brust stellt dabei das Symbol der Freiheit dar.
Ist das denn Kunst?
Die Kunst liegt darin, es dem Betrachter zu gestatten, über die Trivialität des Schönheitswahns zu reflektieren. Nicht das Ding ist die Kunst, sondern der Gedanke dahinter.
Die Ausstellung trägt den Titel „Right Norm?“ Wieso?
Weil es weder eine RICHTIGE, noch eine NORM gibt! Deshalb auch das Fragezeichen.
„Perfektionismus ist eine subjektive Haltung“
Warum ausgerechnet 60 Brüste? Hat die Zahl 60 eine bestimmte Bedeutung?
Die Zahl an sich ist unbedeutend. Bedeutend für mich ist die Durchbrechung zur Egalität. Das heißt, dass die Vergleichbarkeit durch diese Anzahl zurücktritt und dennoch das Individuelle bleibt.
Sind die Frauen auf Dich zugekommen oder hast Du sie einfach auf der Straße angesprochen?
Mein Freund Roland Kenst war derjenige, der mich vorangetrieben hat, diese Idee überhaupt umzusetzen. Durch seine Hilfe kam ich auch zu den ersten Abdrücken. Ein Großteil hat sich über den damaligen Artikel in der Zeitung gemeldet. Das letzte Drittel kam dann über reine Mundpropaganda dazu.
Was ist Perfektion? Ist Schönheit wirklich trivial?
Perfektionismus ist eine subjektive Haltung. Perfektion ist selten erreichbar und nicht immer das Ultimo. Und wenn Schönheit nur nach objektiven Maßstäben gemessen wird, wird sie trivial.
„Natürlich könnte man auch das Gleiche mit Männern machen“
Warum haben wir dann überhaupt Komplexe, wenn es um unseren Körper geht?
Weil wir den Körper als Ausdruck unserer Selbst ansehen und deswegen empfindlich sind. Komplexe sind Übertreibungen, unbewältigte und auf das Körperliche verlagerte Konflikte. Der Schönheitswahn ist der Versuch, vom Körperlichen auf die Psyche einzuwirken, weil nur über die Psyche der Mensch als Kunde über die Medien erreichbar und manipulierbar ist.
Und warum hast Du nur Frauenkörper abgebildet und nicht auch zum Beispiel Männerbäuche? Stehen Männer nicht unter dem gleichen „Schönheitsdruck“?
Es geht um das Zerrbild der Wirklichkeit und deren Auflösung. Natürlich könnte man auch das Gleiche mit Männern machen.
Wie hast Du das Projekt eigentlich finanziert?
Mit Erspartem. Vereinzelt gab es auch Frauen, die mich mit einem Scheinchen unterstützt haben.
Wo und wann ist die Ausstellung zu sehen?
Die Vernissage findet am Donnerstag, 20. Juni, um 19.30 Uhr im Kunstwerk Passau statt. Roland Kenst, der Betreiber dieser offenen Galerie beziehungsweise des Ateliers wird einige Werke zum Thema „der eigene Käfig“ zeigen. Ausserdem kommen die italienischen Jazzer „Omit Five„, die für das musikalische Rahmenprogramm sorgen. Danach wird noch kräftig gefeiert. Denn was wäre ein Kunstobjekt schon wert, wenn es nicht betanzt werden würde …
Marliesmarlen, vielen Dank für das Interview!
Interview: Dike Attenbrunner
Wer sich die Ausstellung am Donnerstagabend gerne anschauen möchte, die Adresse lautet: Kunstwerk Passau, Mühltalstraße 6 (Innstadt), Passau
Einfach cool, realistisch und näher am Mensch. Erst ist Frau/Man Mensch und dan…………………………………………………………………….kommt der Unterschied.
Super !