Viechtach. Für nicht wenige Teichbesitzer ist der Fischotter ein rotes Tuch. Wird das harrige Raubtier in Wirtshäusern oder Cafés erwähnt, sind die Grantler nicht weit, die eine längere Leidensgeschichte mit dem im Wasser lebenden Marder zu erzählen haben. Ganze Teiche habe er ausgeräumt und im Blutrausch Fische getötet, ohne sie zu fressen. Deshalb gehöre er eingedämmt oder – noch besser – zum Abschuss freigegeben, so die Ansicht mancher Vertreter der Teichwirtschaft, die ihre Fische nicht durchs Jahr gebracht haben. Doch wie groß ist dieses Problem wirklich? Und macht eine Bestandsregulierung bei einem Tier unter Artenschutz tatsächlich Sinn?
Markus Schwaiger, Fischotter-Betreuer im Landkreis Regen, kennt die Problematik – auch weil er selbst einen Fischweiher hat. Er berät Teichbesitzer, die einen Otter „vor der Haustür“ haben. Ein Problem seien zum einen baurechtliche Hindernisse, aufgrund derer man häufig keinen adäquaten festen Zaun errichten könne. „Zum anderen wird ein Entschädigungs-Modell für Teichwirte benötigt“, erklärt Schwaiger. Dies alles soll durch den lang ersehnten „Fischotter-Management-Plan“ geregelt werden, der allerdings noch auf sich warten lässt …
Markus Schwaiger: „Eine Bestandsregulierung macht wenig Sinn“
„Häufig gibt es aber eine simple Lösung: Einen niedrigen Elektrozaun“, erläutert Schwaiger. Ein Otter, der schlechte Erfahrungen mit dem Zaun gemacht hat, bleibe dem betreffenden Teich in der Regel fern. Würde man das Tier allerdings töten, stünde schon nach wenigen Wochen ein Nachfolger bereit. „Eine Bestandsregulierung macht wenig Sinn. Denn auch der letzte aller Otter würde sich an einem ungeschützten Teich noch den Bauch vollschlagen.“ Präventive Maßnahmen, die bereits jetzt schon mit bis zu 70 Prozent gefördert werden, seien deshalb am effektivsten – und am tierfreundlichsten.
Angesichts des fehlenden „Fischotter-Management-Plans“ scheint der Weg zur „Selbstjustiz“ allerdings nach wie vor kurz – auch weil sich die Otter-Population in den vergangenen Jahren erholen konnte. Obgleich dies an und für sich eine erfreuliche Entwicklung ist – und auch für eine steigende Wasser-Qualität in den Gewässern spricht -, fordert Hubert Aiwanger, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, eine Bestandsregulierung. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass der Artenschutz beim Otter aufgehoben wird – auch deshalb, weil man bislang keine sicheren Zahlen zur Population erheben konnte. (Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten schätzt den Bestand auf etwa 240 Exemplare im Bayerischen Wald. Eine systematische Erforschung der Tiere gestalte sich allerdings nach wie vor schwierig.)
Schnelle und unbürokratische Hilfe wäre notwendig
Man müsste den Leuten schnell und unbürokratisch helfen können, so Schwaiger. „Wenn man den Leuten hilft, hilft man dem Otter. So einfach ist das.“ Mache man unnatürliche Nahrungsquellen unzugänglich, werde die lokale Otter-Dichte nicht unnötig gefördert.
Die Probleme der Teichwirtschaft sind allerdings real: Durch den sogenannten Beuteschlag-Reflex könne ein Otter durchaus deutlich mehr Fische töten, als er für die Nahrungsaufname benötigt, so Schwaiger. Der Tötungsreflex hat sich aus der Jahrtausende währenden Nahrungsknappheit entwickelt, in der ein Fischotter nie wusste, wann denn der nächste Fisch wieder vorbeischwimmt. Nichtsdestotrotz sind manche Szenarien übertrieben: Wenn 80 Fische über Nacht abhandenkommen, ohne dass Fraßreste oder tote Fische zu finden sind, sollte man vielleicht doch mal beim Nachbarsjungen nachfragen …
Martina Zukowski/woidpresse