Freyung. „Wir verzichten heute darauf, jeden Politiker einzeln zu begrüßen. Keiner der hier Anwesenden soll das Gefühl haben, dass er weniger willkommen ist und weniger zur Unterstützung dieser Veranstaltung beigetragen hat – nur weil er bei der Begrüßung nicht namentlich erwähnt wird.“ Auch das sei Inklusion, so Hauptorganisator Oswald Peterlik bei der Auftaktveranstaltung zum Thema „Inklusion im Landkreis Freyung-Grafenau“.
Organisiert wurde die Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung im Freyunger Kurhaus von „Inklu-Net“ – einem Netzwerk für Behindertenarbeit im Landkreis Freyung-Grafenau, das gegründet wurde, um Berührungsängste zwischen behinderten und nicht-behinderten Menschen abzubauen. Betroffene, Vereine, Organisationen, Schulen und Firmen wollen damit die Inklusion in der Gesellschaft vorantreiben.
Inklusion bedeutet: „Alle dürfen mitmachen und mitreden“
Aus den Politikerkreisen durfte einzig Freyungs Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich die Bühne betreten. In einem gemeinsamen Sketch mit Menschen mit Behinderung erklärte das Stadtoberhaupt dem Publikum, was Inklusion eigentlich bedeutet: „Alle dürfen überall mitmachen und mitreden.“ Dass dem noch lange nicht so ist, wurde jedoch in einem Videobeitrag deutlich. Menschen mit Behinderung wollten von Passanten wissen, was man unter Inklusion versteht. Ergebnis: Bis auf einige wenige Bürger wusste keiner, was es mit dem Begriff auf sich hat.
Dass es sich dabei keineswegs nur um eine begriffliche Problematik handelt, wurde auch in der anschließenden Podiumsdiskussion festgestellt. Man müsse hier noch sehr viel Aufklärungsarbeit leisten, so der einheitliche Tenor von Fachkräften, Betroffenen und Unternehmern. Vielen Menschen müsse man erst einmal klar machen, dass alle davon profitieren, wenn Menschen mit Behinderung schulisch und beruflich in die Gesellschaft integriert werden.
Schirmherr Erich Winkler – erfolgreich bei den Paralympics
Zahlreiche Info-Stände, ein Rollstuhl-Parcours und Gespräche gaben an diesem Abend einen weiteren Anstoß für ein „Miteinander ohne Barrieren“. Und verdeutlichten auch, dass Behinderung nicht nur etwas ist, mit dem man auf die Welt kommt. Sehr eindrucksvoll demonstrierte das unter anderem Erich Winkler, der Schirmherr der Veranstaltung.
Winkler hatte 2001 einen Motorradunfall, bei dem er einen Arm und ein Bein verlor. Der Landshuter musste daraufhin seine Firma aufgeben. „Ich wusste nach dem Unfall nicht, wie ich mit meiner Behinderung umgehen und wie es überhaupt weitergehen soll“, schildert der frühere Raumausstatter und Parkettverleger. Er wäre damals froh gewesen, wenn es so etwas wie das Netzwerk „Inklu-Net“ gegeben hätte: „Das wäre ein guter Ansprechpartner für alle meine Fragen gewesen.“
Einen Weg aus der Krise fand er mit dem Radsport: „Da ich schon immer Spaß am Ausdauersport hatte, meine Ziele aber neu stecken musste, begann ich Anfang 2002 mit dem Behindertenradsport.“ Seitdem nimmt Winkler regelmäßig erfolgreich an den Paralympics teil. Nicht nur sportlich, auch beruflich hat er sich umorientiert. Er arbeitet heute als Rehasport-Übungsleiter bei den Landshuter Werkstätten.
Musikalisch wurde der Abend von der multikulturellen Rockgruppe „DART“ gestaltet. Die Schülerband wurde von der Volkshochschule des Landkreises Freyung-Grafenau und dem musikalischen Leiter Christian Balboo Bojko im Rahmen des Projekts „Grenzenlos tolerant – Toleranz grenzenlos“ gegründet. Der Name ist eine Kombination aus den Anfangsbuchstaben der Herkunftsländer der Mitglieder: Deutschland, Afghanistan, Russland und Tschechien.
Dike Attenbrunner