Hinterschmding/Freyung. Sie sind fast schon so etwas wie lebende Legenden, die fünf Männer von Landluft. Seit gut 25 Jahren stehen Peter Pfeiffer, Elmar Sammer, Johannes Stadler, Maximilian Maier und Wolfgang Saller nun schon auf der Bühne. Nachdem es in den vergangen Jahren recht ruhig geworden ist um die Kult-Band aus Hinterschmiding, hat sie sich seit Anfang des Jahres mit ihrer Wirtshaustour eindrucksvoll zurückgemeldet.

Entspannte Interview-Atmosphäre: Hog’n-Musik-Chef Jason Ditshej (v.l.) mit den „Landluftlern“ Beda Pfeiffer und Elmar Sammer beim gemütlichen Bier in der Schwemm‘ im Freyunger Wirtshaus Veicht. Fotos: da Hog’n

Die Hog’n-Redakteure haben sich mit Elmar Sammer und Peter Pfeiffer vor Kurzem ebenfalls in einem Wirtshaus getroffen, um u.a. über ihre bisherige Karriere, die Krux mit dem neuen Album sowie den Unterschied zwischen guter und schlechter Musik und zwischen den Kastelruther Spatzen und Frei.Wild zu sprechen.

„Dialekt, den die hiesigen Leute schon gar nicht mehr verstehen“

Beda, Elmar: Wie seid Ihr eigentlich auf die Idee gekommen, eine Wirtshaus-Tour im Unplugged-Stil zu machen?

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Elmar: Es ist eher MTV-Unplugged. Mit akustischen Instrumenten, aber auch E-Gitarren. Und diese werden auch mit Mikros abgenommen.

Aber warum jetzt ausgerechnet im Wirtshaus?

Elmar (schmunzelnd): Wirtshaus. Das genügt für mich schon als Grund …

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„Wir wollten die vielen Geschichten, die bei uns passiert sind und über die wir schon seit Jahrzehnten lachen, auch mal unserem Publikum erzählen.“

Beda: Neben dem Musizieren erzählen wir uns auch privat viel Blödsinn. Geschichten, die ich von meinem Vater oder anderen Leuten gehört habe. Geschichten, die bei uns passiert sind – und über die wir schon seit Jahrzehnten lachen. Die wollten wir einfach mal dem Publikum erzählen. Die Konzerte bestehen zur Hälfte aus den Geschichten und zur Hälfte aus unserer Musik. Teilweise haben wir schon eine richtige Geheimsprache entwickelt …

Gibt’s eine kleine Kostprobe?

Beda: Zum Beispiel ist es noch gar nicht allzu lange her, dass eine Frau in der Howareid (das Dörfchen Annathal bei Mauth – Anm. d. Red.) zum ersten Mal in einer Telefonzelle telefonieren wollte, sie aber nicht genau wusste, wie das geht. Die ist in die Telefonzelle hinein, hat den Hörer nicht abgenommen und auch kein Geld reingeworfen, sondern nur geschrien: ‚Ihr könnt’s die Sau schon holen‘ (lacht).

Bei Euren Auftritten sind ja auch oft Nicht-Bayern anwesend. Verstehen die Euch denn?

Beda: Wir haben mal beim Sitter in Riedelsbach gespielt. Da waren viele Norddeutsche dabei, die hinterher gemeint hatten nichts verstanden zu haben. Aber sie haben gespürt, dass es lustig ist. Teilweise kommt ja in unseren Geschichten auch Dialekt vor, den die hiesigen Leute schon gar nicht mehr verstehen.

„Uns nervt, dass wir mit der neuen CD nicht fertig werden“

Elmar: Zum Beispiel der Satz: ‚Do hot’s vo ent umma scha gfeit.‘

Beda: Bei diesem Spruch wissen wir Landluftler, was gemeint ist: wenn irgendetwas nicht passt oder schief gelaufen ist.

Elmar: A Preiss kann damit überhaupt nichts anfangen – auch wenn er’s wörtlich verstehen würde.

Ihr legt also auch viel Wert darauf, dass die Sprüche, das Alte, das Brauchtum auch an nachfolgende Generationen weitergegeben werden?

Elmar: Ja, aber nicht im heimatpflegerischen Sinne, sondern im ‚Wirtshaus-Sinn‘. Also eher als bleds G’schmatz. Ich hab beispielsweise ein Lied geschrieben über die ‚G’schicht, de hint ausse bricht‘ – weil mir das einfach gefällt und ich wollte, dass das weiterlebt.

In welche Wirtshäuser geht Ihr denn so bei uns?

Beda (lacht): In alle, die auch nach 2 Uhr noch offen haben …

„Die CD ist fertig, wenn sie fertig ist – was anderes sagen wir nicht mehr.“

Elmar: In Freyung schaut’s eigentlich mau aus. Das einzige, was mir grad einfällt, ist die Gruberin in Falkenbach, da Danibauer. Das ist noch ein richtiges Wirtshaus. Den Passauer Hof könnte man auch noch dazunehmen – aber der ist etwas zu resopal.

Die meisten Fans wollen von Euch wissen: Wann kommt denn die nächste CD endlich?

Elmar (schlagfertig): Wenn’s fertig ist. Was anderes sagen wir nicht mehr, denn alles andere ist Blödsinn.

Nervt Euch die Frage denn?

Elmar: Nicht die Frage – uns nervt, dass wir einfach nicht fertig werden. Jede Deadline, die wir uns selber gesetzt haben, ist bisher abgelaufen. Wir sind im Studio nicht in der Form wie andere Bands, die sich 14 Tage am Stück einbuchen. Wir sind meistens am Sonntagabend für zwei Stunden beim Aufnehmen. Und dann haben wir anfangs auch gemeint, wir müssten einen echten Konzertflügel verwenden. Wir hatten auch schon alles eingespielt. Und als die anderen Instrumente nach und nach dazugekommen sind, haben wir gemerkt, dass die Stimmung einfach nicht zusammenpasst. Im Lauf der Jahre hat sich jedes einzelne Musikstück dann auch noch in sich verändert. Aber es schaut mittlerweile nicht schlecht aus mit der CD …

Beda: Wir haben zudem den Vorteil – was gleichzeitig auch ein Nachteil ist -, dass wir nicht jede Minute im Studio bezahlen müssen. Wir nehmen ja die Platte bei Max (der Drummer von Landluft, der ein Studio besitzt – Anm. d. Red.) auf.

„Bereuen nichts, aber: Wir hätten mehr investieren können“

Blicken wir ein bisschen zurück: Wie lang gibt’s Euch jetzt schon?

Elmar: Da ‚Giag‘ war 1987 unsere erste Demokassette. Aber da war ich noch nicht dabei …

Beda (lacht): … ja stimmt … (an Jason Ditshej gerichtet) ausrechnen musst Du’s Dir schon selber!

Für die Hog’n-Leser haben Beda und Elmar extra einen ‚aufgschbuit“ in da Veicht-Schwemm:

Gut 25 Jahre also. Eure Discographie fällt mit einer Kassette, einer LP und zwei CDs nicht gerade üppig aus. Dazu kommt, dass die letzte CD schon 1998 erschienen ist …

Beda (vehement widersprechend): Aber es gibt ganz aktuell eine Live-DVD von der Wirtshaustour. Die wurde in Rosenau beim Postwirt aufgenommen.

Elmar: Die gibt’s jedoch nicht zum Kaufen. Sie ist als Promo-Material gedacht. Aber wir haben zwischendurch schon immer wieder etwas aufgenommen. Wie etwa fürs Radio: das Frühlingslied.

Das Frühlingslied?

Elmar: Eben! Das kennt kein Mensch. War fürs Radio, wird aber auf der neuen CD drauf sein – aber ganz anders als damals.

Beda: Beim Bluenote-Festival in Regensburg haben wir mit diesem Lied damals den zweiten oder dritten Platz geholt.

Seit 25 Jahren im Geschäft: Die Band Landluft aus Hinterschmiding. Foto: Landluft

Elmar: Oder fürs Kloster Banz: Da haben wir damals ein Demo mit ‚Bin ich ein Bursch‘ und ‚Giag‘ gemacht. Es ist also nicht ganz so, dass überhaupt nichts passiert wäre. Ein schlechtes Gewissen haben wir sowieso. Aber die Leute werden ganz schön staunen, wenn das neue Ding raus kommt!

In der Rückschau betrachtet: Würdet Ihr etwas anders machen?

Elmar: Wir bereuen nichts. Aber wir hätten vielleicht mehr Energie in eine sogenannte ‚Karriere‘ stecken können, wenn wir gewollt hätten. Wir hätten die Chance gehabt, so richtig einzusteigen. Jetzt nicht unbedingt als Stars. Es hätte ein Selbstläufer werden können, von dem man auch hätte leben können.

„Die meisten haben’s respektiert, dass wir bairisch gesungen haben“

Und woran ist es dann letztendlich gescheitert?

Elmar: Am fehlenden Ehrgeiz und am Wollen.

Beda: Da haben mehrere Sachen zusammengespielt. Wir haben die Musik damals nur als Hobby betrieben. Wir waren jung. Ich bin auf die FOS gegangen, hab‘ dann studiert. Wenn man zunächst nicht direkt vor hat die Musik zum Beruf zu machen, schaut man eben, dass man erst mal so auf die Füße kommt. Und als wir damals angefangen haben, war es ja nicht so wie heute. Heute ist ja das Boarische wieder in: LaBrassBanda, Rabhansl, Koreck und so weiter. Damals waren wir beim Musikförderverein – unter etwa dreißig Bands waren wir die einzigen, die bairisch gesungen haben.

„Wenn man nicht direkt vor hat die Musik zum Beruf zu machen, schaut man eben, dass man erst mal so auf die Füße kommt.“

Ist das Bairische damals eher belächelt worden?

Elmar: Bei uns nicht, nein. Weil wir musikalisch auf der gleichen Schiene waren wie die anderen auch: sehr rockig. Deswegen haben’s die meisten ‚toleriert‘, dass wir nicht auf Englisch singen. Es ist sogar recht respektiert geworden, weil wir uns das einfach so getraut haben.

Wie seht Ihr die Neue Boarische Welle? Erhofft Ihr Euch dadurch einen Schub?

Elmar: Die Welle ist wichtig, keine Frage. Aber wir wollen jetzt nicht um jeden Preis auf dieser Welle mitschwimmen. Wir sind auch nicht neidisch deswegen. Mir ist wichtig, dass ich verschiedene Sachen machen kann. Des duat einfach guad.

Beda: Wir haben damals ja auch mit dem Münchner Musikproduzenten Thomas Molin zusammengearbeitet. Mit dem haben wir unseren ersten Plattenvertrag gemacht. Aber er ist leider kurz darauf verstorben. Er war wirklich gut im Geschäft. Kennengelernt haben wir ihn über Willy Michl. Man weiß nicht, was daraus geworden wäre …

„Ein alter Nazi hat zu mir gesagt, dass ich mich schämen soll …“

Ihr seid in den letzten Jahren unter anderem als Botschafter für Passau, Freyung oder auch den Landkreis Freyung-Grafenau aufgetreten. Wem „gehört“ I Ihr denn nun eigentlich?

Beda: Wir haben die Stadt Passau vor knapp zehn Jahren in Ungarn vertreten: Beim einwöchigen Kulturfestival ‚Over The Seven Seas‘ in Veszprém. Unsere Texte haben wir von einem Dolmetscher auf Ungarisch übersetzen lassen. Wegen der Völkerverständigung. Aber wir haben sie dann doch nicht auf Ungarisch gesungen …

„Ich habe mich sehr gefreut, weil wir als Rockmusiker die allerersten Preisträger überhaupt waren, die nicht in der Klassik oder Volksmusik zu Hause sind.“

Elmar: … der Veranstalter hat gesagt: Wir müssen die Ansagen auf Englisch machen – weil’s ja ein internationales Festival ist. Und ich habe dann immer versucht das, was normalerweise da Beda auf Boarisch sagt, irgendwie ins Englische zu übersetzen. Die Leute haben mich groß und klein angeschaut. (kopfschüttelnd, lachend). Und danach hat ein alter Nazi zu mir gesagt, dass ich mich schämen sollte, weil ich das deutsche Vaterland verraten habe. Deutsche Musikanten, die auf Englisch reden. Fuck, das war ein Riesenreinfall …

Beda: … wir sind dann auch einen Tag eher abgereist – witterungsbedingt, weil’s geregnet hat. Nicht wegen dem abscheulichem Essen oder wegen dem alten Nazi.

Elmar: Wobei das scheußliche Essen ein guter Grund gewesen wäre …

Beda: (lacht) … oh ja! Am ersten Tag haben wir unsere Essensmarken sofort in Biermarkerl umgetauscht. Weil’s Bier war nicht schlecht.

Der Landkreis Freyung-Grafenau hat Euch vor einigen Jahren den Kulturpreis verliehen. Wie wichtig sind derartige Preise für Euch?

Beda: Bereits vor dem Kulturpreis haben wir den Förderpreis der Hanns-Seidel-Stiftung im Kloster Banz erhalten.

Elmar: Wir haben auf einem Gelände mit 7.000 Zuschauern gespielt. Und weil wir zweimal aufgetreten sind, quasi vor 14.000 (lacht). Das kam auch im Fernsehen – und war auf jeden Fall das Landluft-Highlight. Der Kulturpreis des Landkreises war für mich jetzt nicht so wichtig. Aber ich habe mich sehr gefreut, weil wir als Rockmusiker die allerersten Preisträger überhaupt waren, die nicht in der Klassik oder Volksmusik zu Hause sind. (nachdenklich) Ich glaube, es gab einige Leute im Kulturkreis, denen das gar nicht gefallen hat …

„Es gibt nur zwei Arten von Musik: eine gute – und eine schlechte“

Bei Eurem Klassiker „Zwiellertaler“ macht ihr Euch über den Musikantenstadel lustig. Florian Silbereisen, Fesl und Co. sind also nicht so Euer Ding?

Elmar: Nicht wirklich …

„Mann muss unterscheiden. Richtige Volksmusik mögen wir gerne.“

Beda: Mann muss schon unterscheiden. Richtige Volksmusik mögen wir total gerne. Elmar, meine Frau Angelika und ich haben auch schon zu dritt gemeinsame Gehversuche in Sachen Volksmusik unternommen.

Elmar: Das wäre Landluft vor 150 Jahren gewesen. Mit Wirtshausliedern und Moritaten. Oide Liada eben. Es gibt eh nur zwei Arten von Musik: eine gute – und eine schlechte. Und das gilt für jegliche Art von Musik.

Aber wer sagt denn, was gut und was schlecht ist?

Elmar: Klar: Musik hat auch immer etwas mit Geschmack zu tun. Für mich spielt aber auch der künstlerische Anspruch eine Rolle – auch wenn Musik das Gegenteil von Objektivität ist. Sie ist reine Gefühlssache.

Welcher Musiker oder welche Band ist für Euch momentan richtig gut?

Elmar: Die Foo Fighters sind eine absolute Erleuchtung. Saugeile Rockmusik in meiner Tradition – aber mit den Mitteln von heute.

Gibt’s auch Beispiele für Bands, die sich Eurer Meinung nach zwar als Rockmusiker verkaufen, aber eigentlich nichts mit Rockmusik zu tun haben?

Elmar: Spontan fällt mir da Revolverheld ein. Aber auch die ‚Zweite Neue Deutsche Welle‘ mit Juli, Silbermond, Wir Sind Helden. Das ist für mich richtiger Fuck!

„Der Graf ist das Ende der Fahnenstange, das ist Pseudo-Show“

Was ist denn so schlimm daran?

Elmar: Die ursprüngliche Idee war eigentlich sehr gut – aber sie ist ausgelutscht und ausgetreten worden.

Beda: Die Musik ist einfach austauschbar. Begonnen hat alles mit der ‚perfekten Welle‚ von Juli. Wenn man damals einen Song gehört hatte, wusste man schon gar nicht mehr, wer von diesen Bands jetzt genau dahintersteckt. Wie gesagt: austauschbar!

„Das war einfach alles nur Konstruiertes, aber nichts Gewachsenes. Früher hat man sich da nach oben spielen müssen.“

Elmar: Aber heute hörst Du die nicht mehr im Radio – bis auf die Auswüchse Revolverheld und Johannes Oerding (stöhnt resigniert auf). Was der Oerding an Musik produziert, ist für mich unter aller Kanone. Es steckt immer nur eine Idee dahinter. Wenn Du die ersten vier Takte gehört hast, weißt Du, wie die letzten vier Takte klingen werden. Und das gilt mittlerweile für die meisten Titel, die in Deutschland gespielt werden. Das ist meine persönliche, Landluft-freie Meinung.

Beda: Man will ja eigentlich nur Quote machen. Erst neulich habe ich nach langer Zeit wieder mal die Band Echt im Radio gehört. Die haben damals mit (singt)Sag mal weinst du …‘ einen Hit gelandet. Danach hats fünf gleiche Lieder gegeben – und dann waren sie wieder weg. Haben aber alle Preise gewonnen. Das war einfach alles nur Konstruiertes, aber nichts Gewachsenes. Früher hat man sich da nach oben spielen müssen. Oder der Zufall hat eine Rolle gespielt. Heute wird alles produziert: Da stellt man einfach einen hin – und beutet ihn aus bis zum Gehtnichtmehr.

Elmar: (empört) Wie heißt der andere gleich nochmal? Unheilig, oder? Nein, Der Graf. Das ist der Spitzenauswuchs. Das ist das Ende der Fahnenstange. Da ist nichts mehr echt. Das ist Pseudo-Show, dumm ohne Ende. Da fällt mir eigentlich überhaupt nichts mehr ein. Und es wird vermarktet noch und nöcher.

„Dem Brandei seine Ex hat mich mal aufs Lied angesprochen“

Elmar: Beides. Bei den Rockern stehen Led Zeppelin und Black Sabbath hoch im Kurs.

„Jetzt kannst Du das – aber ich habe da noch was viel Besseres, was Du jetzt auch spielen könntest.“Elmar, welche Solos wollen Deine Gitarrenschüler lernen? Die vom Grafen – oder die von ACDC?

Führst Du Deine Schüler auch bewusst an diese Rock-Legenden heran?

Elmar: Natürlich. Ich bin ja kein Musiklehrer, sondern ein Musikwegweiser. Ich will meine Schüler in eine vernünftige musikalische Richtung leiten – weg vom Mainstream. Ich versuche ihnen Alternativen aufzuzeigen. Aber ich sage nicht zu ihnen: Das, was Du hörst, ist scheiße. Das wäre kontraproduktiv. Ich formulier’s etwa so: ‚Jetzt kannst Du das – aber ich habe da noch was viel Besseres, was Du jetzt auch spielen könntest‘ (lacht).

Ein weiterer Landluft-Klassiker ist ja der „Brandei“. Habt Ihr nach Veröffentlichung des Titels mit dem berühmt-berüchtigten Freyunger Polizisten Kontakt aufgenommen?

Beda: Vom Brandei persönlich ist keine Reaktion gekommen. Seine Ex-Frau ist nach Jahren einmal zu mir ins Geschäft gekommen und hat mich gefragt, ob ich den Text geschrieben hätte. Sie könne mir noch viel andere Dinge über ihn erzählen, falls ich Interesse hätte … (schallendes Gelächter).

„Wir wollen eigentlich nichts kritisieren – haben aber auch kein Problem damit es zu tun.“

Elmar: Er war, so weit ich mich erinnere, Trainer bei den Gewichthebern. Und als die Truppe den deutschen Amateur-Meistertitel gewonnen hatte, ist er von der Meisterschaftsfeier nach Hause gefahren – und hat zum Schluss jedem seiner Vereinskameraden den Führerschein abgenommen.

Gibt’s heute auch noch Leute aus unserer der Gegend, denen Ihr mit einem Lied mal so richtig die Meinung geigen möchtet?

Beda: Wir werden ja häufiger darauf angesprochen, dass wir sozialkritische Texte schreiben würden. Das war aber nie unsere Absicht. Wir wollen eigentlich nichts kritisieren – haben aber auch kein Problem damit es zu tun. Wenn ich etwa sagen würde (lacht): ‚Der Freyunger Bürgermeister, der passt mir nicht!‘ … ich hätte es genauso sagen können …

Wirtshausdiskurs über „recht präsente Freyunger Neonazi-Szene“

Elmar (einwerfend): Bürgermeister. Nur Ein Beispiel !!!

Beda (lacht): Genauso gut hätte ich sagen können: der Freyunger Gymnasium-Direktor.

Elmar (laut lachend): Oh, der ist aber gut! Ja, der gefällt mir …

Beda: … also, das Lied vom Brandei hat sich einfach so ergeben, aufgrund der vielen G’schichten über ihn. Ich habe einmal selbst erlebt, wie er in Freyung hinter einem Eck gewartet hat, mit Uniform und Kelle. Dann hat er gelauscht, ob einer besonders laut vorbeifährt. Und wenn dann die Buben mit ihren Mopeds gekommen sind, ist er aus seinem Eck hervorgesprungen – und hat sie verwarnt.

„Die einen sagen, dass die Neonazis einfach nur dumm und blöd sind. Die anderen sagen, dass sie trotz Dummheit ziemlich wief sind.“

Elmar: Das war einfach sensationell, dass es sowas überhaupt gibt. Bei einem Bekannten hat er sich mal in dessen Garage gestellt, das Tor zugemacht und gewartet, bis er heimkommt. Sein Schwiegervater hat’s mitbekommen und ihn vorgewarnt. Als der Bekannte dann nach Hause gekommen ist, hat er sein Auto gerade mal zwei Zentimeter vor der Garagentür abgestellt und ist dann ins Bett gegangen. Der Brandei ist dann die halbe Nacht in der Garage gestanden und nicht mehr rausgekommen (lautes Lachen). Ich mein: Geht’s noch?! Über solche G’schichten muss man einfach ein Lied schreiben …

Obwohl Ihr Euch nicht als sozial-kritisch bezeichnet: Was regt Euch denn in der heutigen Zeit besonders auf?

Elmar: Erst gestern abend habe ich wieder eine Wirtshausdiskussion über die mittlerweile recht präsente Neonazi-Szene in Freyung geführt. Ich habe gehört, dass die Staatsanwaltschaft ein dickes, fettes Auge auf Freyung wirft. Naja, die einen sagen, dass die Neonazis einfach nur dumm und blöd sind. Die anderen sagen, dass sie trotz Dummheit ziemlich wief sind. Und ziemlich organisiert.

„Frei.Wild sind Kastelruther Spatzen für Jugendliche – genauso blöd!“

Weiß man denn, wer dahinter steckt?

Elmar: Es gibt da so Gerüchte. Wo die sich in Freyung treffen, das ist ja ein offenes Geheimnis … die wissen, was sie tun. Da kommt nichts nach außen. Darüber müsste man mal ein Lied schreiben.

In dem Zusammenhang: Kennst Du die Band Frei.Wild?

Elmar: Freilich. Das ist der totale Wahnsinn! Die sind sehr nationalistisch. Da hast Du wieder die absolute Dummheit kompakt versammelt vor Dir. Hast Du schon mal die Tirol-Hymne von denen gehört? Geh, leck mich am Arsch!

„Früher sind nicht nur die alten Männer, sondern alle ins Wirtshaus gegangen.“

Frei.Wild waren ja für den Echo nominiert. Bands wie Kraftklub haben daraufhin ihre Nominierungen abgelehnt.

Elmar: Ja, Kraftklub ist genau das Gegenteil. Das ist Antifa-mäßig. Wobei ich den Namen der Band hier auch total unglücklich gewählt finde … sie sind auch nicht besonders gut. Das einzig Positive, was man über Kraftklub sagen kann: Sie sind eben links. Aber musikalisch für mich völlig uninteressant. Frei.Wild dagegen sind die Kastelruther Spatzen für Jugendliche. Mindestens genau so blöd. Mindestens!

Zurück zur Wirtshauskultur: Was sagt Ihr zur Behauptung, dass Facebook zum „Stammtisch der Neuzeit“ geworden ist?

Beda: Das sehe ich nicht so. Neulich hat einer etwas sehr Schönes dazu gesagt: ‚Früher sind nicht nur die alten Männer, sondern alle ins Wirtshaus gegangen‘. Er hat damit nichts anders gemeint als: Nehmt doch wieder mal die Kinder mit ins Wirtshaus! Es ist ja nicht so, dass Du das Saufen und Rauchen dort lernst. Du lernst Dich mit anderen Leuten zu unterhalten. Das ist schon ein Unterschied zu dem, wenn Du Dich per Facebook oder Mail ‚unterhältst‘.

Elmar: Das Wirtshaus ist das ‚Real Social Network‘!

„Warum aufhören? Landluft wird es noch in 15 Jahren geben“

Vor 15 Jahren habt Ihr das Thema Vergänglichkeit in dem Lied „Wenn i a moi doud bi“ behandelt. Wie fühlt Ihr Euch heute dabei, wenn Ihr diesen Song spielt?

„Es ist eigentlich völlig egal, wie alt man ist. Die Generationen-Schere ist mittlerweile sehr schmal geworden.“

Beda (lacht): Wir reden schon manchmal darüber, dass wir jetzt 50 Jahre alt werden. Aber dann sag‘ ich zu den anderen: ‚Als mein Vater 50 war, ist der sicher nicht im Wirtshaus gesessen und hat sich mit den anderen darüber unterhalten, wie alt sie schon sind. Ich schau‘ vielleicht aus wie 50, aber ich fühl‘ mich nicht so – im Gegenteil: Aus meinem eigenen Bekanntenkreis kenn ich viele Zwanzigjährige, die da viel ‚lätschada“ sind.

Elmar: Ich bin überzeugt, dass diese Generationen-Schere mittlerweile sehr schmal geworden ist. Es ist eigentlich völlig egal, wie alt man ist. Das ist meine persönliche Einschätzung, weil ich beruflich mit vielen jungen Leuten zu tun habe. Ich glaub‘, dass das Alter früher viel mehr Gewicht hatte. Ein Zwanzigjähriger hätte sich nie zu einem Fünfzigjährigen an den Tisch gesetzt. Er hätte sich nicht getraut. Und hätte es auch nicht gedurft.

Wo seht Ihr Euch nach den nächsten 15 Jahren, wenn Ihr dann 65 seid?

Elmar: Ich stehe auf jeden Fall als Landluftler immer noch auf der Bühne – wenn’s pressiert, auch solo (lacht). Aber die Band wird es auch in 15 Jahren noch geben. Landluft hat die Hälfte meines Lebens bestimmt. Es gibt nichts, was ich so intensiv und gerne in meinem Leben gemacht habe. Warum also damit aufhören? Wär doch ein Schmarrn! Johnny Guitar Watson ist mit 61 auf der Bühne gestorben, bei seinem heißesten Gitarren-Solo. Herzinfarkt – und vorbei.

Und vorbei ist auch unser Interview. Elmar, Beda. Vielen Dank, dass Ihr Euch für den Hog’n Zeit genommen habt. Und weiterhin alles Gute!

Interview: Jason Ditshej und Stephan Hörhammer


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0 Kommentare “Interview mit Landluft: Das Wirtshaus ist das „Real Social Network“

  1. Sorry, ich bin entsetzt über solche aussagen wie “ Der Graf ist das Ende der Fahnenstange, das ist Pseudo-Show, dumm“ und… und… und… .

    Diese einseitige und dazu primitiv-dumme Denkweise versuche ich immer von den jüngeren Musikern fernzuhalten, denn die sind wenigstens noch lernfähig!

    Ich persönlich bin zwar auch kein wirklicher Fan von Musik wie: Silbermond, Revolverheld, Juli, Wir sind Helden oder den Grafen, doch da ich selbst Toningenieur, Produzent & Komponist bin, akzeptiere und Respektiere ich meine Tonschaffenden Kollegen.
    Das hätte ich hier auch von Elmar & Beda erwartet, schließlich sind Sie selbst ja auch Musiker, oder?
    Sich aber auf so einem niedrigen Niveau über andere Kollegen auszulassen ist schlicht unredlich und hat auch recht wenig mit Landluft-freie Meinung“ zu tun.
    Da ich selbst aber kein Waidler bin, sehe ich das ganze vermutlich auch etwas zu kritisch… .

    Apropo Quote:
    Wer nicht nur von seiner Musik überzeugt ist sondern davon auch noch leben möchte der braucht Quote. Auch das ist Marktwirtschaft und ja… die kann durchaus bitter, hart, ungerecht und auch verlogen sein, aber ohne Quote bleibt leider nur die Lagerfeuermusik. Und ja, die kann zwar durchaus schön sein, nur kann man mit dieser leider nicht an der Kasse bei Edeka bezahlen… ;-))

    Trotzdem schöne grüße aus Freyung nach Freyung

  2. Ich hab mir das Interview sehr genau durchgelesen und bin einfach nur entsetzt wie sich die Jungs so abfällig und herablassend über andere Musiker hermachen.
    Man hört unterschwellig natürlich den Neid heraus… doch NEID muss erst einmal erarbeitet werden!

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