Liebe Leser, bitte bezeichnen Sie mich nie wieder als Ausländerin, auch nicht als Person mit Migrationshintergrund. Und keinesfalls als Holländerin, denn: Holland ist nur eine niederländische Provinz – und kein Land. (Niederländer reagieren da bisweilen empfindlich, sollten Sie wissen!) Die absolut korrekte Bezeichnung für das, was ich bin, dürfte wohl folgender Ausdruck sein: „Eine in Deutschland wohnhafte Niederländerin mit Daueraufenthaltsrecht“. Wobei, wenn ich mir das so recht überlege, haftet dem „Daueraufenthaltsrecht“ etwas sehr Duldendes an … nein, das geht nicht. Wirklich nicht. Aber auch dafür werden Sie, liebe Armutskonferenz, eine Lösung finden, nicht wahr? Da vertraue ich ganz auf Ihr außergewöhnliches Sprachvermögen.
„Soziale Unwörter“ – Begriffe, die Menschen diskriminieren
Wieso ich auf einmal so ein pedantischer Korinthenkacker geworden bin, fragen Sie? Na, deswegen: „Die Armutskonferenz will ‚soziale Unwörter‘ aus dem Sprachgebrauch verbannen“, meldet die Frankfurter Allgemeine (FAZ). Zu der Liste mit 23 abwertenden Begriffen, die in einer Umfrage unter den Mitgliedsorganisationen der Nationalen Armutskonferenz (nak) erhoben wurden, finden sich Begriffe, die in den Medien, in der Politik und in der breiten Öffentlichkeit benutzt werden – und mit denen Menschen in ihrer Lebenssituation laut den nak-Mitgliedern falsch beschrieben, schlimmstenfalls sogar diskriminiert werden. Dazu gehören unter anderem Wörter wie „alleinerziehend“, „arbeitslos“ oder „Person mit Migrationshintergrund“.
Bitte kümmern Sie sich mal um das Wort „Frau“ – es ist so negativ
Und da dachte ich mir, wenn die schon mal dabei sind, kann ich endlich mal ein Anliegen vorbringen, das mir schon lange auf dem Herzen liegt: Sehr geehrte Armutskonferenz, Sie sollten sich mal dringend dem Wort „Frau“ widmen. Denn auch wenn mich das qua Gestalt und Aussehen ziemlich treffend beschreiben mag, verleiht es mir eindeutig einen negativen Touch! Angesichts der Tatsache, dass Frauen in hochrangigen Positionen immer noch unterrepräsentiert sind und nach wie vor als das „schwache Geschlecht“ belächelt werden, wehre ich mich vehement gegen eine Angehörigkeit zu dieser Gruppe. Nein, ich erwarte nicht von Ihnen, dass Sie sich für job sharing, bessere Bezahlung, kostenlose Kindergartenplätze oder Frauenquoten einsetzen. Eine angemessene Bezeichnung für meine Wenigkeit würde mir schon reichen. Aber ich denke, da bin ich bei Ihnen in guten Händen!
Dike Attenbrunner
diskriminierung fängt immer mit der sprache an und da ist sie auch am tiefsten und unbewußtesten verwurzelt!