Köln/München/Bodenmais. In Bodenmais (Landkreis Regen) geboren, zählt Thorsten Skringer zu denjenigen Musiker-Exporten ausm Woid, die über die Grenzen des Bayerwaldes hinaus einen beachtlichen Bekanntheitsgrad erlangt haben. Der Saxophonist ist Mitglied der „Heavytones„, Stefan Raabs TV-Total-Band. Dort hat der 37-Jährige unter anderem schon mit Lionel Richie und Herbert Grönemeyer gespielt. Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ spricht Thorsten Skringer über die musikalischen Anfänge in seiner niederbayerischen Heimat, über sein Engagement bei den „Heavytones“, über Entertainer Stefan Raab – und über seinen früheren Musikkollegen Christian „Balboo“ Bojko.
Heavytones: „Ich hatte das Glück genommen zu werden“
Thorsten: Liegt in Deiner jetzigen Heimatstadt Köln zurzeit eigentlich Schnee?
Ja, ein bisschen Schnee liegt sogar hier in Köln. Warum fragst Du?
Weil wir uns gefragt haben, ob Du den Bayerwald-Winter vermisst.

Gehört zu den Großen in der deutschen Musiker-Szene: Thorsten Skringer aus Bodenmais. Fotos: Florian Sepp
Der Winter im Woid ist auch nicht mehr das, was er einmal war … Tendenziell bin ich natürlich ein Wintermensch. Ich war über Weihnachten zehn Tage lang dahoam – acht Tage hat es geregnet und plus 15 Grad an Heilig Abend. Vorher war ich einige Male in Österreich zum Skifahren. Unterm Strich komme ich auf dasselbe Skifahr-Pensum wie zuvor auch.
Nach Köln bist Du vor allem wegen der TV Total-Band „Heavytones“ gezogen. Wie hast Du es geschafft da Mitglied zu werden?
Das war ein relativ langer Prozess gepaart mit Glück und Zufall. Ich habe schon immer versucht, mein Netzwerk zu erweitern. So habe ich oft in Hamburg, Frankfurt, Stuttgart oder Köln mit verschiedenen Bands zusammengespielt. Da habe ich dann auch Dominik Krämer, den ehemaligen Bassisten der Heavytones kennengelernt. Parallel habe ich noch an einem Wettbewerb von Yamaha gewonnen und wurde Yamaha Artist. Im Zuge dessen habe ich Jazztrompeter Rüdiger Baldauf kennengelernt. Lange Rede, kurzer Sinn: Nach verschiedensten Gigs, Projekten und Tourneen habe ich es geschafft, dass man meinen Namen auch in Köln oder Hamburg kennt. Nachdem mein Vorgänger bei den Heavytones verkündet hat, aufhören zu wollen, ging es innerhalb der Band – wie in jeder anderen Firma auch – darum, einen Nachfolger zu finden. Ich hatte dann das Glück nach einer Audition genommen zu werden.
„Der geilste Gig, den man überhaupt haben kann“
Du sprichst von Glück. Ist es also ein wahrgewordener Traum bei den „Heavytones“ zu spielen?
Ja, klar. Wir proben sehr viel, was toll ist! Uns ist es erlaubt, auf sehr hohem Niveau täglich neue Sachen zu spielen. Klar, die Erkennungsmelodie der Sendung ist jeden Tag gleich – das ist aber auch schon das einzige. Unser musikalischer Leiter Wolfgang Dalheimer hat oft die Freiheit zu entscheiden, was wir als Aufgang oder Werbung spielen. Und da toben wir uns dann in dem Fahrwasser aus, das sowieso meinen Lieblingsmusikrichtungen entspricht: Pop Funk Soul und Groove Tunes von Earth Wind &Fire bis Maceo Parker und Nils Landgren bis Tower of Power. Wir dürfen von diesen Leuten Songs spielen und bekommen dafür auch noch Geld. Das ist der geilste Gig, den man überhaupt haben kann.
Du bist bei TV Total schon mit Stars wie Herbert Grönemayer, Lionel Richie und Jamie Cullom aufgetreten. Wie ist der Umgang mit diesen Musik-Größen?
Das sind echt Highlights (schwärmt). Die waren alle wahnsinnig nett, unkompliziert und locker. Es hat sich angefühlt, als wären es einfach nur die Sänger unserer Band. Grundsätzlich muss man aber sagen, dass wir Band-Musiker nur wenig mit den Stars zu tun haben. Die Titel bereiten wir im Band-Proberaum vor, dann gibt es eine Probe mit dem Künstler im Fernseh-Studio und den Auftritt – das war’s.
Wie würdest Du TV-Total-Chef Stefan Raab beschreiben?
(überlegt) Er ist auf alle Fälle ein lockerer Typ. Gleichzeitig ist er sehr zielstrebig, er weiß, was er will und hat unfassbaren Ehrgeiz. Gerade bei den Musik Castings der letzten drei Jahre hat er sich auch intensiv mit eingebracht. Ganz abgesehen von Specials wie dem Eurovision Songcontest Opening in Düsseldorf.
„Ich bin wahrscheinlich eine gute Besetzung für diesen Posten“
Obwohl Du die Jazz-Schule in München besucht hast, betonst Du immer wieder, dass Du alle Musikrichtungen gerne spielst. Ist deshalb „Heavytones“ genau die richtige Band für Dich?
Ich sehe mich ja als musikalischer Handwerker mit künstlerischer Tendenz. Da gerade Pop Funks Soul Musik meine Steckenpferde sind, bin ich wahrscheinlich eine gute Besetzung für diesen Posten. Für die WDR-Bigband wäre ich hingegen wohl eher nicht so sehr geeignet, da gibt es ein paar tausend Bessere (lacht).
Die ersten musikalischen Gehversuche hast Du in Deiner Heimat in Bodenmais gemacht. War Musik in Deiner Familie generell ein wichtiges Thema?
Alle meine Geschwister haben ein Instrument gelernt. Nur ich blieb dabei – und habe früh beschlossen, Musiker werden zu wollen. Ich komme ganz klar nach meinem Opa, der war studierter Klarinettist und Saxophonist beim Herresmusikkorps. Wahrscheinlich ist mir das von ihm vererbt worden. Opa ist leider gestorben, bevor ich geboren wurde. Die Klarinette war dann das einzige Instrument, das noch da war. Somit war klar, welches Musikinstrument ich spielen werde.
Skringer spielte als Klarinettist in zwei Bodenmaiser Blaskapellen
Wie wurde denn eigentlich das Saxophon zu Deinem Instrument?
Es hat eine musikalische Geschmacks-Zusammenführung stattgefunden. Bis ich 13 Jahre alt war habe ich in Deggendorf bei Erich Löffelmann klassische Klarinette gelernt. Da hatte ich mich schon am Mozart-Konzert für Klarinette versucht – nebenbei auch in der Knappschaftskapelle und bei der Rissbachtaler Blaskapelle in Bodenmais gespielt.

Die TV-Total-Band „Heavytones“ mit dem Bodenmaiser Thorsten Skringer (vordere Reihe: 2.v.r). Foto: Willi Weber/Brainpool
Optisch hatte ich lange Haare und hörte ACDC und Guns N’Roses. Das eine habe ich gelernt und das andere gehört. Mit 15 habe ich dann meinen ersten Improvisations-Jazz-Kurs in Bodenmais gemacht. Daraufhin wollte ich mit dem Saxophon improvisieren und nicht mehr mit der Klarinette klassische Sachen spielen. Mir war klar: Ich will improvisierte Musik machen. Ich zehre aber noch immer von meinem Klassik-Background. Bei den Heavytones brauche ich oft Klarinette. Vor allem wenn wir im Zusammenhang mit der Show Klassische Künstler begleiten wie David Garett oder Cecilia Bartoli.
Erinnerst Du Dich an Deinen ersten Auftritt?
Ich selber kann mich daran nicht erinnern, aber meine Mama erzählt es mir immer wieder mal: Mit fünf Jahren habe ich Blockflöte in einer Musikschule in Pfarrkirchen gespielt. Dort haben wir gewohnt bevor wir in den Bayerischen Wald gezogen sind. Bei einem Auftritt waren wir zehn Blockflötenschüler und die Musiklehrerin. Alle haben miteinander begonnen – und die Lehrerin und ich haben das Stück dann zu Ende gebracht (lacht).
„Ich hab‘ mich im Bayerwald nicht mehr wohl gefühlt“
Ist es Dir schwer gefallen von Bodenmais nach München zu gehen?
(mit Nachdruck) Nein, das war D I E Erlösung. Da war die Zeit einfach noch eine andere. Dank dem Internet ist der musikalische Fortschritt jetzt überall – Youtube und Tutorials, sowie zahlreiche Transcriptionen. Am Gymnasium Zwiesel gibt es eine Schul-Big-Band – soetwas gab es zu meiner Zeit nicht. In der ganzen Region hat es damals kaum moderne Saxophonisten gegeben. Das hat sich jetzt geändert. Der Zugang zur popularen Musik ist durch das Internet ganz anders. Als ich wegging, war es gefüllt 5 vor 12 – ich musste weg, sonst wäre ich in der Musik nicht weitergekommen. Ich hab mich in dieser Zeit einfach nicht mehr wohlgefühlt im Bayerischen Wald. Es war einfach zu wenig los.
Die TV-Total-Band „Heavytones“ mit Thorsten Skringer in Action:
Wie oft bist Du noch in Deiner Heimat?
Viermal im Jahr. Einmal rund um Weihnachten, da helfe ich in meiner Mama im Berggasthof Hochstein. Ostern, Sommer und Herbst sind dann die fünftägigen Saxophon-Workshops bei uns zu Hause.
Stichwort: Saxophon Bootcamp. Wie ist es dazu gekommen?
Ich gebe ja seit neun Jahren Workshops in ganz Europa. Das meiste davon in Zusammenarbeit für Yamaha Custom Saxophone, für welche ich als offizieller Artist zur Verfügung stehe. Da ich auch zwei Lehrbücher und zwei Solo CDs veröffentlicht habe, wuchs wohl eine kleine Saxofonisten Fanbase heran. Als sich meine Mama dann den Berggasthof gekauft hat, war von Anfang an der Gedanke da, ein solches Saxophon Bootcamp zu machen.
Wer kann da mitmachen?
Vor allem ambitionierte Amateur-Saxophonisten oder Jugendliche, die vielleicht das Ziel haben, Musiker werden zu wollen.
„Ein Workaholic bin ich sicher nicht – eher ein fauler Hund“
Welche Verbindung hast Du zum Spiegelauer Musiker Christian „Balboo“ Bojko?

Ein gutes Team waren lange Zeit der Spiegelauer Christian „Balboo“ Bojko (hinten) und Thorsten Skringer. Foto: Balboo
Wo und wie wir uns genau kennengelernt haben, weiß ich gar nicht mehr. Balboo ist ja viel älter als ich – viel älter als ich (lacht). Er war schon früh in der Band-Szene im Woid präsent, da hat man ihn öfters auf der Bühne gesehen. Ich hab dann mit dem Gitarristen Georg Behringer aus Regen ein Projekt gestartet. Balboo wurde unser Bassist, er brachte wiederum einen Schlagzeuger mit – und schon war die Band komplett. Wir spielten hauptsächlich Fusion- und Jazzstücke.
Du bist in vielen Bands aktiv, hast Lehrbücher geschrieben und bist meist unterwegs. Wie ist das alles überhaupt unter einen Hut zu bringen?
Ich würde mich eher als faulen Hund bezeichnen (lacht). Ein Workaholic bin ich sicher nicht. Ich war zwar bei vielen Entstehungsprozessen von Band-CDs involviert und habe zwei Lehrbücher und Solo CDs herausgebracht. Gemessen an dem, dass ich 37 bin, nicht viel. In jedem Fall will ich noch mehr Lehrbücher und CDs verwirklichen. Dazu brauche ich aber auch genug Inspiration und Ehrgeiz. Mal sehen, wann es wieder soweit ist.
Interview: Helmut Weigerstorfer