Bischofsmais. Christian Fischer arbeitet seit 27 Jahren bei der Bundespolizei in Deggendorf. Die Aufregung im Job reicht dem Vater von zwei Töchtern (17 und 15) jedoch nicht aus: Bei Auslandsaufenthalten und Pilgerreisen sucht er immer wieder neue Abenteuer und lässt sich davon gerne inspirieren. Im Hog’n-Interview schildert der 44-jährige Autor, warum er über seine Heimat, den Bayerischen Wald, schreibt, wie ihn seine Auslandsreisen als Sicherheitsbeamter an diversen Deutschen Botschaften beeinflusst haben – und warum er sich literarisch nicht auf ein bestimmtes Genre festlegen möchte.

Botschaft Prag-Genscher-Balkon
Christian Fischer während seines Auslandsaufenthalts im Sommer 2008 als Sicherheitsbeamter an der Deutschen Botschaft in Prag. Hier steht er gerade auf „Genschers historischem Balkon“. Fotos: Christian Fischer

Herr Fischer, wann haben Sie mit dem Schreiben begonnen?

Ich schreibe bereits seit meiner Jugend immer wieder in unregelmäßigen Abständen. Wie es halt so ist, wenn man Liebeskummer hat … Diese ersten literarischen Gehversuche habe ich übrigens bis heute aufgehoben.

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Als meine Scheidung bevorstand, fand ich beim Schreiben Trost

Regelmäßiger wurde es vor etwa acht Jahren. Meine Scheidung stand unmittelbar bevor – und irgendwie fand ich durch die Tätigkeit des Schreibens Trost. Ich konnte meine Gefühle und Ängste dadurch einfach besser verarbeiten. Vielleicht war es aber auch eine Flucht … Jedenfalls versprach ich damals meiner ältesten Tochter Nadine ein Märchen für sie zu schreiben. Und so entstand das Waldmärchen „Die Fee vom Falkenstein“. Später habe ich dann für meine jüngere Tochter Janine den Fortsetzungsband „Korbinian der Königsbaum“ verfasst.

Was bedeutet Schreiben für Sie?

mit BuPrä Wulff i.Kuwait
Christian Fischer (links) hat nicht nur viele Länder gesehen, sondern auch viele berühmte Persönlichkeiten getroffen, wie zum Beispiel den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff in der Deutschen Botschaft in Kuwait.

Schreiben bedeutet für mich die Freiheit, Dinge darzustellen, wie sie nicht sind – aus meiner Sicht aber sein sollten. Schreiben bedeutet für mich, die Welt zu beschreiben, wie ich sie gerne hätte. Eine friedliche Welt mit besseren Moralvorstellungen. Schreiben bedeutet für mich vor allem aber, unsere Heimat, den Bayerischen Wald, zu beschreiben. Ihn in Szene zu setzen. Ihn zu beleuchten. Meine Texte darin einzubetten. Den Woid zwar nach außen hin zu repräsentieren, ihn aber nicht zu glorifizieren. Durchaus auch Werbung für diesen Landstrich zu machen und meine Freude über diese schöne Gegend auf ehrliche Weise weiterzugeben. Alle meine erfundenen, oder tatsächlich passierten Erzählungen, Gedichte oder Geschichten, handeln deshalb ausschließlich hier in der Region.

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Schreiben ist für Sie aber bislang eher ein Hobby, oder? Könnten Sie sich vorstellen, Ihren Job bei der Bundespolizei gegen den Beruf des Schriftstellers einzutauschen?

Vorstellen könnte ich mir das auf jeden Fall. Sofort! Doch von diesem – zugegebenermaßen leidenschaftlichen – Hobby zu leben, ist finanziell schlichtweg unmöglich. Aber: Was nicht ist, kann ja noch werden! Ich finde, jeder Mensch braucht Träume, die ihn vorwärts treiben, ihn anspornen. Mein Traum ist es durch mein Schreiben zu überzeugen, vielleicht auch mal die nötige Portion Glück zu haben – und größere Bekanntheit zu erlangen. Daran arbeite ich auch in Zukunft fleißig weiter.

Hin und wieder siegt die Abenteuerlust, der Reiz der Fremde

Als Bundespolizist waren Sie bereits dreimal im Ausland. Wo genau waren Sie?

Ich war jeweils für 11 Monate als Sicherheitsbeamter des Auswärtigen Amtes an der Deutschen Botschaft in Amman, der Hauptstadt von Jordanien, in Prag und in Kuwait City.

Warum sind Sie ins Ausland gegangen? Haben diese Auslandsaufenthalte Sie beim Schreiben beeinflusst?

Jakobsweg-Santiago
2003 fuhr Fischer mit dem Fahrrad von Platting aus 2.800 Kilometer bis nach Santiago de Compostella den Jakobsweg entlang. Dabei sammelte er für ein an Muskelschwäche erkranktes Kind mehrere tausend Euro.

Obwohl ich mich als äußerst heimatverbundenen Menschen bezeichne, reizen mich fremde Kulturen, Sitten und Bräuche. So siegt hin und wieder die Abenteuerlust, der Reiz, sich in der Fremde zurechtzufinden. Und, so seltsam es vielleicht klingen mag, das starke Gefühl, die Heimat zu vermissen, hilft mir auch beim Schreiben. Denn nur die Sehnsucht nach dem Zuhause oder ähnlich starke Gefühle lassen mich Texte formulieren, wie sie für meinen persönlichen Schreibstil typisch sind.

Aber mit Familie sind solch lange Auslandsaufenthalte doch sicher keine einfache Entscheidung, oder?

Meine Frau Andrea kennt mich wie niemand anders und unterstützt mich, seit wir uns kennen, zu 100 Prozent. Sie ist aber auch mein Ratgeber und mein Halt in der Heimat. Reisen oder längere Aufenthalte in fremden Ländern würde ich ohne ihre Zustimmung niemals unternehmen.

Sie betonen immer wieder Ihre Heimatliebe. Was bedeutet Heimat für Sie?

Heimat bedeutet für mich einen festen Ankerplatz zu haben, an dem man neue Energie tanken kann. Ein Ort, an dem man behütet ist – und so sein kann, wie man wirklich ist. Trotz aller Wege und Umwege, die man manchmal geht, immer wieder zu wissen, dass man letztendlich dort hingehört.

Pilgern: Kann ich diese körperliche Herausforderung bewältigen?

Trotzdem suchen Sie immer wieder die Herausforderung, haben unter anderem bereits zweimal eine Pilgerreise unternommen. Warum?

mit Papst Benedikt-Rom
Im September 2001 fuhr Fischer mit dem Fahrrad nach Rom. Nach neun Tagen war er am Ziel – und durfte ein persönliches Gespräch mit dem Papst Benedikt XVI. führen.

2001 unternahm ich mit dem Fahrrad eine Pilgerreise nach Rom – und lernte Kardinal Ratzinger, also den heutigen Papst, kennen. Damals reizte mich vor allem, ob ich diese persönliche körperliche Herausforderung würde bewältigen können. Außerdem überbrachte ich dem Vatikan, sozusagen als Fahrradkurier, Grußschreiben von wichtigen Persönlichkeiten der Region. Eine schöne Aufgabe mit Symbolcharakter, wie ich nach wie vor finde. Als ich es tatsächlich geschafft hatte, wollte ich unbedingt mehr. Und so radelte ich 2003 erneut mit dem Fahrrad los: von der Jakobskirche in Plattling nach Santiago de Compostela, den Jakobsweg entlang. Knapp 3000 Kilometer waren es am Ende. Damals war ich für einen guten Zweck unterwegs, denn ich sammelte über diese Aktion Spenden für einen körperlich behinderten Jugendlichen.

Gibt es schon eine neue Herausforderung?

Man wird älter – und somit auch ein wenig ruhiger. Dennoch habe ich noch so manchen Traum. Zum Beispiel eines Tages mit dem Rad nach Bethlehem zu fahren. Keine Ahnung, ob dies in Anbetracht der allgemeinen politischen Lage irgendwann möglich sein wird. Aber wie bereits erwähnt: Träume sind für mich das Salz in der Suppe des Lebens.

Sie haben bislang sowohl Märchen als auch Gedichte und vor kurzem sogar einen Fantasy-Roman herausgebracht: Legen Sie sich bewusst nicht auf ein Genre fest?

Ja, ich lege mich absichtlich auf kein Genre fest. Ich möchte im Laufe der Zeit erst einmal selbst herausfinden, was mir am besten gefällt – und möchte die Vielfältigkeit des Schreibens erleben und auch genießen. Das wird in dem Moment schwer, in dem man sich auf eine bestimmte Schreibrichtung festgelegt hat. Für mich gilt: bloß kein Schubladendenken! So etwas treibt mich zum Wahnsinn! Der Mensch ist meiner Meinung nach unendlich vielfältig und braucht ausreichend Zeit, um sich selbst kennen zu lernen.

Dubai-Burj Khalif-höchster Turm d.Welt
2005 verbrachte Fischer elf Monate als Sicherheitsbeamter in der Deutschen Botschaft in Jordanien. In diese Zeit fallen unter anderem die Bombenattentate auf drei Hotels sowie die Unruhen um die Mohammed-Karikaturen.

Nach meinen beiden Waldmärchen gab mir zum Beispiel ein guter Bekannter den Rat, ein weiteres Märchen zu schreiben. Er meinte, dass würde den meisten Sinn machen, da ich dadurch meinen Wiedererkennungsgrad steigern würde. Vermutlich hatte er sogar Recht damit – und das wäre für mich tatsächlich der einfachere Weg gewesen …

Dennoch habe ich mich an etwas Neues herangewagt. Vielleicht war dieser gut gemeinte Rat sogar der Auslöser dafür. Denn wenn ich Eines nicht bin, dann angepasst. Erwartungen mit Absicht nicht zu erfüllen,  neue Wege auszuloten und es trotzdem irgendwie zu packen … das ist wohl eher mein Ding.

Wohin meine literarische Reise letztendlich gehen wird, wird sich vielleicht deshalb erst in einigen Jahren zeigen. Bis dahin möchte ich mir jedoch alle Wege offen halten, ein breiteres Spektrum kennenlernen und damit experimentieren. Mein Roman „Das zweite Paradies“ und zuvor der Gedichteband „Waidlerverserl“ waren weitere Schritte in diese Richtung.

Ein neues Buch, das es so bei uns im Woid vielleicht noch nie gab

Wann erscheint denn das nächste Buch? Darf man schon erfahren, um was es dieses Mal geht?

Für mein neues Buchprojekt habe ich bis dato noch keine feste Zusage. Ich stehe aber in Verbindung mit einem größeren regionalen Verlag, den ich im Moment noch nicht nennen möchte, und der Interesse daran bekundet hat. Warten wir es also am besten ab. Es ist wie immer eine spannende Sache, ein Abenteuer, bis das fertige Produkt in den eigenen Händen liegt. Es ist ein unbeschreibliches Glücksgefühl, wenn es dann endlich geschafft ist …

Ich kann nur soviel verraten: Es ist dieses Mal kein reiner Gedichteband, kein Roman und auch sicher kein Waldmärchen. Vielmehr ein wenig von allem. Etwas ganz Besonderes. Ein Buch, wie es in dieser Art vielleicht bei uns im Woid noch nicht geschrieben wurde.

Herr Fischer, vielen Dank für das Interview!

Interview: Dike Attenbrunner


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