Finsterau. Rund 2.000 Leute stehen auf den Schneewällen, sie klatschen, jubeln – und feuern die im Kessel fahrenden Quattro-Fahrer an. Mit ihren allradgetriebenen Boliden ziehen sie ihre Kreise, geben mit aufheulenden Motoren ordentlich Gas, driften um Kurven, dass der Schnee meterhoch spritzt. Die Menge quittiert dies mit tosendem Applaus. Auch außerhalb der „Quattro-Arena“ dreht sich alles um die Fahrzeuge mit den vier Ringen. Findet in Finsterau im Landkreis Freyung-Grafenau das inzwischen Kult-Status genießende Quattro-Treffen statt, scheint das ansonsten beschauliche Dorfleben still zu stehen. Dann fließt Benzin durch die Adern der Bewohner und der vielen Besucher aus nah und fern. Am Samstag, 2. Februar, ist es wieder soweit: zum mittlerweile 13. Mal wird das kleine Bayerwald-Dorf dann zum Motorsport-Mekka.

Das Paradies für Motorsport-Fans: Am Samstag, 2. Februar, findet das 13. Quattrotreffen in Finsterau statt. Die Verantwortlichen erwarten – ähnlich wie im Vorjahr – rund 2.000 Zuschauer sowie 600 Audi Quattros.
Quattros und die Gemeinde Mauth – das ist fast schon eine unzertrennliche Zweier-Beziehung. Die Winter in der Lusen-Gemeinde sind hart, strenger Frost und meterhohe Schneeberge bestimmen den Alltag. Auf diese Verhältnisse muss man vorbereitet sein, auch auf der Straße. Die Bewohner greifen deshalb verstärkt auf allradbetriebene Fahrzeuge zurück – wie eben den Audi Quattro. Für viele sind diese kultigen Vehikel aber nicht nur ein nützlicher Gebrauchsgegenstand, sondern vielmehr eine Passion. Man trifft sich, begutachtet die Gefährte, philosophiert darüber, schraubt daran rum. Quattro verbindet. So oder so.
2004 zog das Quattro-Treffen von Mauth nach Finsterau um
So geschehen auch im Winter 1999. Spontan kamen damals auf einer Wiese in der Nähe von Mauth zwölf begeisterte Motorsport-Fans mit ihren Autos zusammen. Die ersten driftenden Runden machten den Teilnehmern Lust auf mehr. Ein Jahr später organisierten sie auf dem Mauther Sportplatz das erste offizielle Quattro-Treffen – mit rund 60 Boliden. Nach und nach kamen immer mehr Quattros dazu, ebenso wollten immer mehr Zuschauer das Spektakel sehen. Die Folge: Der Platz in Mauth wurde zu klein, die Motorsport-Veranstaltung zog es 2004 nach Finsterau, wo der dortige Sportplatz zur neuen Heimat der „Herren der Ringe“ geworden ist.

Das erste offizielle Treffen fand im Winter 2000 auf dem Sportplatz in Mauth statt. Auf dem Foto zu sehen sind: Marco Kilger (links) und Josef Rodler mit ihren Audi Quattros. Foto: Förderverein Motorsport Finsterau
Seit 2000 ist der Förderverein Motorsportfreunde Finsterau Ausrichter des Treffens. 1992 gegründet, wollte die Vereinigung vor allem seine beiden Motorradrennfahrer Uwe Wilhelm und Fritz Einberger unterstützen. Deren Karriereende 1998 sollte jedoch nicht gleichzeitig die Auflösung des Vereins bedeuten. So haben sich die Motorsportfreunde eben entschlossen, das Quattro-Treffen auszurichten. Anfangs noch unter der Regie von Uwe Wilhelm, später war Heiko Kilger Chef-Organisator, heute ist Klaus Reidl erster Vorsitzender des Fördervereins.
Er und sein Team rechnen auch heuer wieder mit rund 2.000 Zuschauern und 600 Autos. Aus dem anfänglichen Treffen unter Freunden ist mittlerweile ein Motorsport-Spektakel geworden, das bis über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt ist. Sogar aus den Benelux-Staaten kommen begeisterte Quattro-Fans nach Finsterau.
Auch im Kessel hat sich im Laufe der Jahre einiges getan. Wurde am Anfang ausschließlich freies Fahren angeboten, gibt es mittlerweile einen ADAC-Geschicklichkeitsparcours, das Quattro-Pulling sowie ein Sprintrennen – alles in enger Zusammenarbeit mit dem MSC Freyung. „Das ist einzigartig“, betont Klaus Reidl nicht ohne Stolz.
Startgast ist heuer Motorsport-Legende Walter Röhrl
Selbst bekannten Gesichtern der Motorsport-Szene bleibt dieses Event in Finsterau nicht verborgen. So wird heuer „Rallye-Gott“ Walter Röhrl nach Finsterau kommen (Interview mit ihm folgt). Berühmt geworden ist der heute 65-Jährige als Fahrer des legendären Audi Sport quattro S1 – dem sogenannten Ur-Quattro. „Damit geht unser großer Traum in Erfüllung“, freut sich Reidl. „Was Beckenbauer für den Fußball ist, ist Walter Röhrl für den Motorsport.“
Auch die Verantwortlichen haben sich heuer etwas Besonderes einfallen lassen: So findet erstmals eine Warm-up-Party am Vorabend des Treffens statt. Wie jedes Jahr werden zudem wieder der schönste Quattro, die weiteste Anreise und der begnadetste Lenker ausgezeichnet.
So berichtete der Regionalsender „TRP“ über das Quattro-Treffen 2012
„Das läuft alles in geregelten Bahnen“, legt Klaus Reidl großen Wert auf die Sicherheit der Fahrer und Zuschauer. Rund 60 Helfer werden für Ordnung sorgen. Kritiker an diesem Motorsport-Event gebe es laut dem Vorsitzenden dennoch immer wieder. Die Lautstärke und die Verschwendung von Benzin werden vor allem angeprangert. „Aber da könnte man dann ja gar keine Motorsport-Veranstaltung mehr machen“, so Reidl. „Und zum Skifahren fahren ja auch alle mit ihren Autos – da entstehen mindestens genauso viele Abgase.“
Erlös des Quattro-Treffens bekommt der Motorsport-Nachwuchs
Der Erlös des Quattro-Treffens kommt dem Motorsport-Nachwuchs zu Gute. „Wir sind ja ein Förderverein. Aber die Jugend liegt uns sowieso am Herzen“, sagt Reidl. Obwohl mit Auf- und Abbau ein Füng-Tages-Quattro-Marathon auf ihn und sein Team wartet, freut er sich auf die kommenden Tage. Im Brustton der Überzeugung eines passionierten Motorsportfans sagt er: „Alles andere als Quattro ist sowieso nur eine Notlösung.“
Impressionen von den Quattro-Treffen seit 2000 (Fotos: Förderverein Motorsport Finsterau)
Helmut Weigerstorfer