Anfang Januar ist das eingetreten, was in juristischen Fachkreisen schon seit längerem erwartet wurde: Ein auf Facebook geteiltes Foto wurde abgemahnt. Für ein Bild in Briefmarkengröße sollen an Schadenersatz und Rechtsgebühren insgesamt 1.750 Euro zusammenkommen. Was einfach und eigentlich eine wichtige Funktion des bekanntesten Social-Media-Portals sowie anderer sozialer Dienste ist, also das Teilen von Inhalten, kann schnell zur Kostenfalle werden. Vielen fehlt das Unrechtsbewusstsein – das bewahrt im konkreten Fall aber nicht vor enormen Kosten. Ein Gastbeitrag unseres istlokal-Partnerblogs rheinneckarblog.de.
Das Foto ist lustig, die Tiere sind süß, der Spruch ist klasse, die Nachricht ist wichtig oder interessant – warum auch immer Facebook-Nutzer Inhalte teilen: Sie sollten sehr sorgsam mit der Teilen-Funktion umgehen, denn: Schon wenige Klicks oder ein “übersehenes” Häkchen können tausende Euro Kosten nach sich ziehen. Das ist kein Scherz und auch kein Alarmismus, sondern bittere Realität. Die besonders rigiden Urheberrechte der deuschen Gesetzgebung machen es möglich, dass sich Anwälte und Rechteinhaber hierzulande über Abmahnungen eine goldene Nase verdienen können.
Durch die Teilen-Funktion drohen horrende Kosten
Es kommt nicht wesentlich darauf an, wie groß beispielsweise ein geteiltes Foto ist: Wenn die Gegenseite “bösartig” vorgeht und die rechtlichen Regelungen “brutalstmöglich” umsetzt, drohen horrende Kosten. Das hängt vom Einzelfall ab, von der Zahl der Fotos, ob man diese öffentlich oder nur privat teilt beispielsweise oder ob man gewerblich auf Facebook aktiv ist.
Nach Einschätzung des Berliner Rechtsantwalts Thomas Schwenke, kann man sich auch nur schlecht herausreden, wenn man sich ahnungslos gibt: Sobald ein Bild auf Facebook durch die Vorschaufunktion gepostet worden ist, geht man ein Rechtsrisiko ein:
Die öffentliche Zugänglichmachung ist immer ein Verstoß, wenn einem dafür die Rechte fehlen. Das Problem dabei: Die Menschen haben sich daran gewöhnt, Links zu kopieren oder Artikel zu teilen. Lange Zeit ist nichts passiert, es fehlt das Unrechtsbewusstsein. Technisch geht es um die „Teilen“-Funktion oder das Posten von Links: Der Crawler sucht nach einem Foto, sofern er eins findet, lädt er das nach. Wer das so bestätigt und verwendet, begeht, je nach Rechtelage eine Nutzungsrechtsverletzung.
Für ein einzelnes Foto können mehrere hundert Euro gefordert werden. Dazu Schadensersatzforderungen, Anwaltsgebühren und Gerichtskosten. Ob die Abmahnung und die geforderten Geldbeträge zulässig sind, ist erstmal egal. Die Forderung wird erhoben und mit großer Wahrscheinlichkeit durch ein Gericht bestätigt werden.
Klagen kann, wer die Rechte besitzt und einen Verstoß behauptet
Bis hierhin kostet “der Spaß” die Forderung sowie das Honorar und die Gerichtsgebühr. Will man sich zur Wehr setzen, kommen die eigenen Anwaltskosten und weitere Gerichtsgebühren hinzu – wer vor Gericht verliert, zahlt alles. Mit etwas Glück kann man sich vergleichen oder die “Forderung” drücken – unterm Strich wird man auf jeden Fall mit erheblichen Kosten zu rechnen haben.
Die Voraussetzung und den Abmahnprozess erklärt Rechtsanwalt Schwenke:
„Der Kläger muss die entsprechenden Rechte haben. Und: Es macht einen Unterschied, ob sie privat posten oder gewerblich. Wer privat postet, kann zwar abgemahnt werden, aber da sind die Anwaltsgebühren auf 100 Euro gedeckelt. Hinzu kommt aber der Schadensersatz. Gewerbliche Poster müssen sich auf saftige Schadensersatzforderungen und entsprechende Anwalts- und Gerichtskosten einstellen.“
Die gedeckelten Kosten bei Abmahnungen von Rechtsverletzungen durch “Privatleute” bieten einen gewissen Schutz: Für die Anwälte ist ein solches Verfahren nicht lukrativ – außer, sie machen eine Massenabmahnung daraus und verschicken Standardbriefe, in denen nur die Adressen ausgetauscht werden. Man beschäftigt ein paar billige Kräfte, die die Rechtsverstöße dokumentieren, die Adressen raussuchen und dann rollt die Abmahnwelle. Man kennt das von den Abmahnwellen beim File-Sharing. Wenn nur ein Bruchteil zahlt, klingelt es auf dem Anwaltskonto und dem des “Mandanten”. Das können zum Beispiel Firmen sein, die Fotosammlungen aufkaufen und damit Rechteinhaber werden. Möglicherweise haben die gar kein Interesse, die Fotos zu verkaufen, sondern warten wie die Spinnen im Netz auf ihre Opfer.
Die “Motivation” für eine Klage ist egal
Das klingt absurd? Das ist die Realität. Die Rechteinhaber werden natürlich niemals als Motiv “Gewinnmaximierung durch ein auf Abmahnungen basierendes Geschäftsmodell” ins Feld führen, sondern sich als Opfer von Rechtsverletzern darstellen. Und selbst wenn es “Aasgeier” sind: Die Gesetzgebung gibt ihnen das Recht, die Nutzungsrechtsverletzung zu verfolgen.
Die entscheidende Frage ist also, was man teilen darf: Ohne Risiko darf man nur Fotos teilen, die “rechtefrei” sind oder für die man die Erlaubnis zum Teilen hat. Das Problem: Woher bekommt man die Erlaubnis und woher weiß man, was rechtefrei ist und was nicht? Im Alltag ist das kaum zu entscheiden. Fast alle Facebook-Nutzer teilen beispielsweise Artikel von Medien, weil sie ihre Kontakte auf diese Informationen hinweisen wollen. Wird ein Vorschaubild mitgepostet, ist der Rechtsverstoß begangen. Punkt.
Außer, dies wurde ausdrücklich erlaubt. Mal ehrlich? Wann haben Sie vor dem Posten auf der Seite eines Anbieters recherchiert, ob im Impressum oder den Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Teilen ausdrücklich erlaubt ist oder nicht? Tatsache ist: Wenn Sie das recherchieren, werden Sie feststellen, dass die allermeisten Anbieter – auch und gerade große Portale – die Rechtsinhaberschaft eindeutig feststellen. Somit ist jedes Posten von Fotos erstmal rechtlich fragwürdig.
Keine Klage heißt nicht: kein Rechtsverstoß
Das trifft zum Beispiel auch zu, wenn Sie unsere Artikel teilen und automatisch erzeugte Vorschaubilder mitposten. Oder wenn Sie Artikel von Zeitungen oder anderen Medien mit Vorschaubild teilen. Von unserer Seite aus müssen Sie nichts befürchten, wir werden private Nutzer garantiert nicht abmahnen, denn aus unserer Sicht bewerten wir den Nutzen – nämlich das Verbreiten unserer Informationen – höher als einen Rechtsverstoß. Doch wie sieht das bei anderen aus, beispielsweise bei Zeit Online oder der Süddeutschen Zeitung? Rechtsanwalt Schwenke:
„Hier würde ich die Gefahr eher als gering einschätzen. Der Tatbestand ist gegeben, aber die Anbieter wägen zwischen Schaden und Nutzen ab. Der Nutzen des Teilens wird sicher höher bewertet, insofern würde ich bei professionellen und großen Anbietern eher kein Problem sehen. Bei Agenturen, Foto-Stock-Anbietern, Fotografen und kleineren Anbietern wird es riskant.
Wie bereits genannt: Es hängt vom Einzelfall ab. Davon gibt es aber täglich Millionen, beispielsweise durch das Teilen von lustigen Fotos, Tierbildern und so weiter. Rechtsanwalt Schwenke:
„Die sind theoretisch auch überwiegend betroffen, sofern es alleinige Nutzungsrechte gibt. Wenn Sie Ihren Freundeskreis aber geschlossen halten und nicht-öffentlich posten, ist die Gefahr geringer – außer unter Ihren Freunden ist der, der die Rechte hält und Sie verklagt.“
Liebe Hog’n-ianer,
wie schaut das denn, wenn man eure Artikel und Beiträge teilt – mit oder besser ohne Bild?
VG
Britta
Unsere eigenen Beiträge, bei denen unsere Hog’n-Bilder als Vorschaubild erscheinen, könnt Ihr freilich das Vorschau-Bild stehen lassen. Wir verklagen Euch bestimmt nicht ;-)