Starke Einbrüche bei Übernachtungszahlen, aber Aufwind ist spürbar
In der Analyse der Nationalparkregion wurde unter anderem ersichtlich, dass die Zahl der Ankünfte und Übernachtungen in den letzten zehn Jahren zwar drastisch zurückging, diese sich seit 2009 jedoch wieder leicht erholen. Auch für das Jahr 2012 wird erneut ein moderates Wachstum prognostiziert. Dennoch liegt die Nationalparkregion unter dem Durchschnitt der Gesamtdestination „Bayerischer Wald“.
Vor allem im Vergleich mit anderen Mittelgebirgsregionen wird jedoch deutlich, dass der Kompensationseffekt rückläufiger Zahlen, der in vielen Regionen durch die Bearbeitung zusätzlicher, neuer Quellmärkte festgestellt werden kann, sich auf den Bayerischen Wald kaum auswirkt. Zur Erschließung neuer Gäste, insbesondere aus den Nachbarländern Österreich und der Tschechischen Republik, ist deshalb eine stärkere Ausrichtung der Themen und Produkte auf spezifisch zu definierende, internationale Zielgruppen sinnvoll.
Doppelt hohe Markenbekanntheit: Bayerischer Wald und Nationalpark
Die untersuchte Nationalparkregion hat mit den beiden Themenschwerpunkten „Naturerlebnis“ und „Wandern“ gemeinsame Anknüpfungspunkte. Diese können sich identitätsstiftend und verbindend auf eine zu schaffende, arbeitsteilende Organisation auswirken. Außerdem folgen beide Themen den Gästeerwartungen, die mit einem Aufenthalt in der Nationalparkregion Bayerischer Wald mehrheitlich verbunden werden.
Sowohl der Bayerische Wald als auch der Begriff Nationalpark besitzen im Inland eine sehr hohe Markenbekanntheit. International kann vor allem der „älteste, deutsche Nationalpark“ punkten. Unter dem Dach dieser Markenkombination sollten jedoch zukünftig, stärker und schlagkräftiger als bisher, Antworten gefunden und kommuniziert werden.
Die Anzahl der Beherbergungsbetriebe und angebotenen Betten hat sich in den vergangenen Jahren stark reduziert. Hierbei handelt es sich vor allem um eine altersbedingte Konsolidierung überwiegend von Kleinbetrieben. Insbesondere die Frage nach einem geeigneten Nachfolger kann hier in vielen Fällen nicht frühzeitig geklärt werden. Gleichzeitig stellt sich vermehrt ein Reinvestitionsbedarf ein. Voraussetzung für gute Erfolgsaussichten der Betriebe sind dabei innovative Unternehmenskonzepte und attraktive Standorte.
Die Nationalparkregion weist aufgrund der fehlenden Investitionen der vergangenen Jahre im Vergleich mit den Wettbewerbern eine unterdurchschnittliche Quote an Hotelbetrieben im gehobenen Qualitätssegment (nach DEHOGA) auf. Bei den Anteilen an allen DTV-klassifizierten Objekten wurden in den vergangenen Jahren deutliche Verbesserungen erreicht. Allerdings erscheint die angebotene Qualität für den Gast in vielen Fällen intransparent: So gibt es gravierende Unterschiede in der Kommunikation zwischen Gastgeberverzeichnissen der Orte und den offiziellen Datenbanken der Zertifizierungsstellen.
Positiv: Touristische Highlights sind vorhanden
Die Projektpartner verfügen mit 2,1 Millionen Euro an Einnahmen und 28,3 Vollzeitäquivalenten kumuliert über nicht gerade wenig Ressourcen für die Aufgabenwahrnehmung. Diese sind bisher jedoch auf elf separate Einheiten zersplittert. Zahlreiche Aufgaben können deshalb nur unzureichend erfüllt werden. Darüber hinaus ist der Anteil der eigenerwirtschafteten Mittel ausbaubar und es fehlt an einem Controlling der eingesetzten Mittel. Erste Kooperationen (z.B. Tierisch Wild oder GUTI) sind erprobt, doch bislang noch zu kleinteilig. Eine einheitliche Führung und Management der Nationalparkregion Bayerischer Wald zur weiteren Stärkung des Wirtschaftsfaktor Tourismus fehlt bisher.
Mit dem Baumwipfelpfad sowie naturorientierten Einrichtungen des Nationalparks Bayerischer Wald oder auch landschaftlichen Highlights wie den Bergen „Arber“ und „Lusen“ hat die Region insbesondere in den beiden Schwerpunktthemen Naturerlebnis und Wandern eine interessante Sammlung unterschiedlicher Attraktionspunkte. Die Angebotslandschaft ist jedoch zu wenig miteinander vernetzt. Vor allem Querschnittsbereiche wie Kulinarik und inzwischen auch Wellness sind nicht in einer Gesamtstrategie integriert.
Die Professionalität in der marktgerechten Entwicklung einer Angebotslandschaft ist aktuell nur mittelmäßig darstellbar. Auch die Kommunikation durch einen ansprechenden Marktauftritt sowie eine vertriebsorientiert geplante Buchungsstrecke sind verbesserungsfähig. Insbesondere die zerklüfteten Zuständigkeiten sowie die zu geringen zeitlichen Kapazitäten in der Region werden deutlich sichtbar.
Die Buchungszahlen treuer Stammgäste gehen sukzessive zurück. Die Veränderung des Kaufverhaltens sowie der gesellschaftliche Wertewandel führen zu kurzfristigeren Entscheidungen, stärker themen- und anlassorientiertem Handeln und einem ausgeprägten Drang nach Neuem. Urlaubsziele, die es schaffen, die Wünsche der Gäste zu erfüllen und nicht nur deren Erwartungen zu entsprechen, werden Gewinner dieses Veränderungsprozesses sein. In der Nationalparkregion findet bislang keine systematische Themenvernetzung statt, die auf solche Wünsche eingeht und damit eine mögliche Aufenthaltsverlängerung reguliert.
Kein zentraler Ansprechpartner und intransparente Informationsflut
Für den Besucher der Region fehlt es aktuell an einem klar und sofort erkennbaren Ansprechpartner. Auch die Informationsbeschaffung gestaltet sich für Gäste sehr kompliziert. Zu viele unterschiedliche Prospekte und Websites ohne Fokus auf spezifische Zielgruppen sowie einheitlicher Struktur wirken verwirrend.
Insgesamt werden die unterschiedlichen Themen der Region sehr umfangreich in voller Breite dargestellt, so dass eine Profilierung nur eingeschränkt erkennbar wird. Vor allem die Kernthemen Naturerlebnis und Wandern erscheinen vielerorts als Themen unter vielen. Daneben findet eine Profilierung der einzelnen Orte, trotz des vorhandenen Bewusstseins über eigene Stärken, mit weiteren Schwerpunkten nur unzureichend statt. Die dafür einsetzbaren Ressourcen sind zu gering.
Die Chancen der sozialen Medien werden nicht genutzt
Die Gegenüberstellung von Kommunikationsmedien in Printform und dem Internet lassen keine abgestimmte Strategie erkennen. Der Themenfokus auf Naturerlebnis und Wandern sowie die vorhandenen Nebenthemen werden nicht einheitlich und systematisch aufbereitet. Damit kommt die Struktur in ihrer Klarheit beim Gast nicht an.
Im Zusammenhang mit den Möglichkeiten des Internets, wird auf die wachsende Bedeutung der sozialen Medien verwiesen: Eine Strategie zur Suchmaschinenoptimierung, Gästebindung oder viralen Kommunikation ist bislang nicht vorhanden. Eine Nutzung sozialer Medien findet nur vereinzelt und unkoordiniert statt.
Die Nationalparkregion ist in ihrer touristischen Struktur aktuell wenig flexibel und innovationsfähig. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass es einen hohen Abstimmungsaufwand gibt – und das lässt kein marktgerechtes Tourismusmanagement zu. Es fehlt außerdem an einer zentralen Steuerung. Eine solche wird auch von den Leistungsträgern erwartet.
Um marktorientierte Entscheidungen treffen zu können, ist die kontinuierliche Erhebung von Kennzahlen erforderlich. Aktuell werden nur unzureichende Aufzeichnungen geführt. Insbesondere fehlen Zahlen zu Besucherfrequenzen in Tourist-Infos und Attraktionspunkten.
Eine von Gästen wahrgenommene „Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald“ ist größer als das aktuell bearbeitete Untersuchungsgebiet: Sowohl durch die verschiedenen Angebote in angrenzenden Orten, den Nationalparkpartnerbetrieben außerhalb der Zweckverbandsgemeinden sowie den kommunizierten Schwerpunktthemen anderer Gemeinden, werden mehrere Ebenen einer geographischen Abgrenzung deutlich. Dies sollte in der Entwicklung einer zukünftigen Organisationsstruktur strategisch berücksichtigt werden.
da Hog’n