Es gibt EU-Richtlinien für Flüchtlingsheime – aber nur für Neubauten
Nach welchen Richtlinien und Kriterien wird ein Flüchtlingsheim eingerichtet? Wer bestimmt das?
Mathias: Es gibt eigentlich von der EU vorgeschriebene Richtlinien. Demnach müssen die Menschen auf sieben Quadratmeter pro Person untergebracht werden. Das ist der neue Mindeststandard in den so genannten Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber. Dieser gilt aber nur für Neubauten, nicht für die über 100 Unterkünfte, die es in Bayern schon gibt. Weil chronischer Platzmangel herrscht, wird in Bayern nach neuen Unterkünften gesucht. Neubauten werden keine errichtet, denn das ist der Regierung zu teuer.
Was belastet die öffentlichen Kassen mehr: die Kosten einer angemessen Integration (Sprachunterricht, Ausbildung etc.) oder der jahrelange Unterhalt von Flüchtlingen, die kein eigenes Geld verdienen dürfen?
Mathias: Ich denke, die meisten Kosten entstehen dann, wenn ich Menschen durch die Behandlung psychisch schädige. Das sind Dinge, die sich auch volkswirtschaftlich zu Buche schlagen. Die Vermietung durch private Personen an den Freistaat schlägt teilweise komische Blüten, so haben beispielsweise die Kinder des Landshuter Landrats Josef Eppeneder ein leerstehendes Wirtshaus an Asylbewerber vermietet. Haben die Flüchtlinge eine Arbeit, müssen sie ihre Unterkunft bezahlen – und das nicht zu knapp.
Astrid: Da eine schnellstmögliche Rückführung der Flüchtlinge gewollt ist, ist der finanzielle Aspekt meiner Meinung nach eher zweitrangig. Es gibt Maßnahmen, die zu einer sofortigen Kostensenkung führen würden, wie zum Beispiel das Verpflegungsgeld bar auszuzahlen, anstatt Essenspakete zu verteilen, die mit gewaltigen Logistik- und Transportkosten einhergehen. Und es gäbe Integrationsmaßnahmen, die längerfristig enorme Einsparungen bewirken können, wie Deutschkurse oder Ausbildungsmöglichkeiten.
Flüchtlinge sehen sich mit vielen Vorurteilen konfrontiert
Mit welchen Vorurteilen sehen sich Flüchtlinge konfrontiert?
Astrid: Häufige Vorurteile sind: Die Leute kommen, um sich hier aushalten zu lassen. Sie wollen nicht arbeiten. Sie sind schmutzig beziehungsweise unordentlich. Sie wollen kein Deutsch lernen und sich erst recht nicht integrieren.
Mathias: Zudem wird eine Flüchtlingsunterkunft oft mit Drogenmissbrauch und Kriminalität in Verbindung gebracht. Es sind dieselben Vorurteile, mit denen andere Menschen, die am gesellschaftlichen Rand leben, zu kämpfen haben. Zudem gibt es hier in Deutschland immer noch einen latenten Rassismus. Flüchtlinge werden oft, der Hautfarbe nach, auf offener Straße kontrolliert. Ein Paradebeispiel wo so etwas im Minutentakt passiert, ist der Münchner Hauptbahnhof.
Euer Film lief ja auch während der Kültürtage in Augsburg. Wie kam der Film an? Welches Publikum hat sich den Film angeschaut?
Astrid: Wir waren selbst überrascht, wie viele Besucher kamen. Es waren über 200 Menschen im Kinosaal, die teils am Rand noch auf Klappstühlen saßen oder standen. Auch nach dem Film kamen viele Fragen und Beiträge. Es war einfach ein großes Interesse zu spüren. Ich denke schon, dass sich viele der Zuschauer bereits mit der Thematik auseinandergesetzt hatten, aber es wurde mir auch von einigen rückgemeldet, dass sie vieles noch nicht wussten. Ein Mann im Publikum meinte, er hätte davon in der Zeitung gelesen und dachte, da geht er mal hin, damit die armen Filmemacher nicht nur unter sich sind und er war positiv überrascht wie viele Menschen gekommen sind. Andere fühlten sich an frühere, aktive Zeiten zurückerinnert, in der sie sich in der Flüchtlingsarbeit engagierten.
Der Film soll auch zu einer politischen Bildung an Schulen beitragen
Wie wollt ihr mit dem Film noch andere Zielgruppen erreichen?
Mathias: Wir möchten, dass der Film von möglichst vielen Menschen gesehen wird. Gerade suchen wir finanzielle Unterstützung, um den Film auch auf DVD herauszubringen, denn wir erhalten im Moment sehr viele Anfragen. Uns würde es sehr freuen, wenn der Film zur politischen Bildung in Schulen beitragen könnte.
Astrid: Außerdem wollen wir den Film bei Festivals einreichen und versuchen, dass er an möglichst vielen Orten deutschlandweit gezeigt wird, zum Beispiel durch Organisationen oder Projektgruppen vor Ort. Unser Hintergedanke während des Drehs und der Bearbeitung des Materials war immer, einen Film zu machen, den sich jeder ansehen kann, egal ob man sich schon mal mit dem Thema befasst hat oder nicht.
Wo kann man sich euren Film anschauen?
Astrid: Wir sind gerade dabei, weitere Vorführungen in Augsburg und Umgebung zu planen. In anderen Städten sind wir auf Organisationen oder Projektgruppen angewiesen, die uns beim Zeigen des Films vor Ort unterstützen. Wer weiß, vielleicht bekommen wir auch noch ein paar Kinotermine. In absehbarer Zeit wird der Film aber auf jeden Fall auch auf DVD erhältlich sein. Über unsere Website halten wir Interessierte auf dem Laufenden und wer den Film gerne sehen oder zeigen möchte, soll sich bitte an uns wenden. Unterstützen kann man uns auch unter www.startnext.de/leben-verboten.
Interview: Dike Attenbrunner