Gelsenkirchen. Hans Sarpei – dieser Name steht nicht nur für eine erfolgreiche Karriere in der Fußball-Bundesliga, sondern auch für kultige Kommentare bei Twitter, Facebook und Co. Der 36-Jährige schafft es wie kein anderer, die Menschen mit geistreich-witzigen Posts und jeden Tag aufs Neue zu begeistern. Trotz seiner rund 271.000 Facebook-Freunde bleibt der gebürtige Ghanaer erfrischend sympathisch und stets authentisch. „Hallo, hier ist Hans Sarpei“, meldet er sich zum Telefon-Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“. Dabei spricht er offen über seinen Facebook-Auftritt, über Felix „Quälix“ Magath und auch über Ausländerfeindlichkeit in der Fußball-Bundesliga.
Servus Hans. Wie schaffst Du es immer wieder mit Deinen Facebook-Einträgen den berühmten Nagel auf den Kopf zu treffen – und somit tausende Fans zu begeistern?
Ich hab‘ mir im Baumarkt einen sehr guten Hammer gekauft – mit dem treff‘ ich den Nagel meistens sehr gut (lacht). Nein, im Ernst: Es kommt immer auf den Moment an. Die Themen dürfen keinesfalls abgelaufen und veraltet, sondern müssen stets aktuell sein. Irgendwie hat es mit Eingebung zu tun. Ich mache mir nicht allzu viele Gedanken darüber, was ich poste und was nicht. Was mir gefällt, hau‘ ich einfach raus.
„Man darf nicht immer alles so ernst sehen“
Machst Du Deine Posts alle selbst – oder gibt es im Hintergrund ein „Hans-Sarpei-Support-Team“, das für Dich die Einträge bei FB und Twitter mitkreiert?
Ich mach‘ die Einträge alle selbst! Aber es wird immer mehr und mehr. Deshalb hab‘ ich einen guten Kumpel, der mir mit Rat und Tat zur Seite steht. Mit dem tausch‘ ich mich über alles aus, was in der Welt gerade so los ist.
Wie groß ist der Zeitaufwand, den Du in Deine Social-Media-Aktivitäten investierst?
Am Tag so zirka drei Stunden. Ich häng‘ jetzt nicht den ganzen Tag im Büro ab. Ich leb‘ mein Leben ganz normal weiter und warte einfach bis irgendwas passiert, das interessant ist. Mit dem Smartphone ist man heutzutage ja immer online – und kann von überall in der Welt aus posten.
Du nimmst Dich ja selbst gerne auf die Schippe – darf man sich als Hans Sarpei generell nicht zu ernst nehmen?
(lacht) Ja, natürlich. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wenn man sich selber gerne mal auf die Schippe nimmt, kann man auch mal andere auf die Schippe nehmen. Man darf nicht immer alles so ernst sehen, muss mit Humor an die Dinge rangehen. Das wichtigste beim Posten ist meiner Meinung nach, dass man ehrlich und direkt bleibt.
1.000 Sarpei-Pages: „Man kann nicht Herr über alle Seiten sein“
Der Hype um Deinen Namen ist ja enorm. Wie siehst Du die vielen „Trittbrettfahrer“, die Facebook-Seiten wie „Hans Sarpei fährt schwarz“ oder „Hans Sarpei findet Großkreutz hässlich“ gründen? Oder steckst Du gar selbst dahinter?
Nein, das sind andere, die diese Gruppen erstellen. Egal, ob Fans oder Nicht-Fans: Die wollen auf irgendeine Art und Weise viele Freunde haben. Aber man kann nicht Herr über alle Seiten sein – mittlerweile gibt es ja schon mehr als tausend Pages mit meinem Namen. Wie gesagt: Es ist sehr schwierig, das alles zu kontrollieren – aber ich finde es gut, dass viele mitmachen.
Viele kennen Dich aufgrund Deiner kultigen Facebook-Einträge. Du hast aber auch eine erfolgreiche Karriere in der Fußball-Bundesliga hinter Dir. Stört es Dich nicht, dass das Sportliche in den Hintergrund rückt – und Du heute auf das Witzige reduziert wirst?
Nein, überhaupt nicht. Ich hab‘ so lange Fußball gespielt – und irgendwann ist es eben vorbei. Dann versucht man was Neues zu machen. Es geht immer darum, was man jetzt macht – und momentan ist es das mit Facebook und Twitter. Ich spiele keinen Fußball mehr, habe Knieprobleme und bin in der Reha. Da rückt dann was anderes in den Vordergrund. Fakt ist: Die Fußball-Karriere ist vorbei, jetzt kommt ein neues Kapitel.
Hans, lass uns trotzdem kurz noch einmal nostalgich werden: Nicht nur den Schalke-Fans bleibt das „Wunder von Mailand“ für immer in Erinnerung. Mit Dir in der Startelf haben die Königsblauen damals im San Siro gegen den amtierenden Champions-League-Sieger Inter Mailand mit 5:2 gewonnen. Welche Erinnerungen hast Du an diesen denkwürdigen Abend?
Es war ein legendäres Spiel, das für Schalke immer in Erinnerung bleiben wird – vor allem aufgrund der Art und Weise, wie wir dort aufgetrumpft sind. Ich erinnere mich daran, wie wir in dieses geile Champions-League-Stadion einmarschiert – und gleich in Rückstand geraten sind. Wir haben gehofft nicht unterzugehen, haben uns dann aber gefangen und sind ins Spiel gekommen. Man wusste nicht mehr genau, wer jetzt eigentlich Champions-League-Sieger ist. Wir haben Inter Mailand beherrscht und verdient gewonnen.
Über Magath: „Er gibt alles, verbunden mit sehr, sehr viel Härte“
Das Spiel fand unmittelbar nach der Entlassung von Felix Magath statt, der kürzlich auch in Wolfsburg scheiterte. Welcher Typ ist Magath als Trainer – und als Mensch?
Als Trainer ist er ein harter Hund. Er will auf Teufel komm raus den Erfolg – egal wie. Dafür gibt er alles, verbunden mit sehr, sehr viel Härte. Ich glaube, als Familienmensch ist er nicht so hart wie als Trainer. Da ist er viel weicher, kann auf Menschen eingehen und mit ihnen sprechen.
Was ist passiert, als er auf den Spaßvogel Hans Sarpei getroffen ist?
Man muss sich als Spieler auf den Trainer einstellen – umgekehrt gilt das genauso.
Themawechsel: Du bist in Ghana geboren, mit drei Jahren nach Deutschland gekommen und dann im Ruhrgebiet aufgewachsen. Bist Du in Deiner Kindheit mit Ausländerfeindlichkeit konfrontiert worden?
Ich glaube, jeder Farbige wurde schon mal mit Ausländerfeindlichkeiten konfrontiert – in der Kindheit oder auch in der Bundesliga. Wenn man im Osten gespielt hat, wurde man von den Fans beschimpft und bespuckt. Das ist mir auch schon passiert.
Du hast eine Ausbildung beim Bayer-Konzern gemacht, hast lange mit Freunden in unterklassigen Vereinen gespielt und dennoch den Sprung in den Profi-Fußball geschafft. Warum fehlen solche „Quereinsteiger“ in der heutigen Fußball-Szene?
Das ist eine Typ-Frage. Man muss den Willen haben und sich durchsetzen. Heutzutage gibt es viele andere Möglichkeiten, die man machen kann. Da lassen sich die Jugendlichen dann ablenken. Zudem gibt es in Vereinen schon viele Scouts, die 13- oder 14-Jährige darauf trimmen, Profi zu werden.
„Glaube nicht, dass es die große Masse gibt, die Randale macht“
Randale beim Relegationsspiel Düsseldorf-Berlin, Ausschreitungen beim DFB-Pokal-Spiel in Hannover – wohin geht die Reise des Fußballs? Wie kann man dem negativen Trend entgegenwirken?
Man muss in allen Medien darauf aufmerksam machen, dass es so nicht weitergeht. Sonst wird der Fußball zerstört. Es gibt so viele Zuschauer, die friedlich ins Stadion gehen. Ich glaube nicht, dass es die große Masse gibt, die Randale macht – es sind immer kleine Gruppierungen. Die wollen auf sich aufmerksam machen, weil sie wahrscheinlich zu Hause oder irgendwo anders Probleme haben. Die muss man versuchen aufzufangen, damit sie nicht den Sport kaputt machen und andere Fans mitreinziehen.
Abschlussfrage: Warst Du eigentlich schon mal im Bayerischen Wald? Was verbindest Du mit Bayern – außer Franz Beckenbauer, dem FCB, 1860 und dem Club?
Leider war ich in Bayern noch nicht so oft. Ich verbinde mit den Menschen dort hauptsächlich Lederhose, Oktoberfest und Bier.
Interview: Helmut Weigerstorfer