Freyung. Der Kirchplatz und das Veicht-Gebäude sind bereits saniert, der „äußere“ Anzug Freyungs sitzt mehr und mehr. Nun soll auch das „Innere“ der Kreisstadt auf Vordermann gebracht werden: Mit dem Bau des Nahwärmenetzes – ein lang gehegter Traum von Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich, dessen Verwirklichung Anfang der Woche vom Stadtrat beschlossen wurde -, tut Freyung nicht nur sich und seinen Bürgern etwas Gutes, sondern auch der Natur. Denn laut ersten Einschätzugen von Klimaschutzmanager Markus Linkenheil sollen durch das Holzhackschnitzel-Heizwerk enorme Mengen an Heizöl und Ergas gespart werden. Er erklärt im Hog’n-Interview, dass die Wolfsteiner Werkstätten als Großabnehmer gewonnen werden konnten, dass die Kreisstadt eine weitere Groß-Baustelle erwartet und welche weiteren Ziele er als Klimaschutzmanager verfolgt.
Herr Linkenheil: Wie ist der aktuelle Stand der Dinge in Sachen Nahwärmenetz für Freyung?
Die Akquise von Wärmeabnehmern steht zurzeit an erster Stelle. Ich stehe in engem Kontakt mit zahlreichen Hauseigentümern, die Interesse an einem Anschluss ihrer Immobilie an das geplante Nahwärmenetz angemeldet haben. Aufgrund des vorab mitgeteilten Wärmebedarfs werden individuelle Wirtschaftlichkeits-Berechnungen erstellt. Parallel hat vor wenigen Tagen die Ausschreibung eines externen Betreiber-Unternehmens begonnen, das in der Anfangsphase mit dessen Know-How einen optimalen Betrieb des Hackschnitzel-Heizwerks gewährleistet. Mittelfristig ist geplant, dass die Stadt Freyung den Betrieb der Anlage eigenständig übernehmen soll.
Alte Kläranlage als „besonders interessanter“ Standort für das Heizwerk
Wird die Heizung wie geplant im Frühjahr/Sommer 2013 errichtet?
Stadtinterne Großbaustellen wie beispielsweise die Wolfsteiner Werkstätten geben uns den Zeitplan vor. Ich rechne fest damit, dass die vorgesehenen Termine zuverlässig eingehalten werden können.
Machen die von der Caritas geführten Wolfsteiner Werkstätten beim Anschluss ans Nahwärmenetz also definitiv mit?
Ja. Wir sind sehr froh, dass wir die Werkstätten als wichtigen Wärmegroßabnehmer gewinnen konnten. Der Diözesan-Caritasverband hat uns schriftlich die Zusage bestätigt.
Wie muss sich der Bürger die Bauarbeiten vorstellen? Ist dann ganz Freyung eine Großbaustelle?
Für die Verlegung der Wärmeleitungen wird eine teilweise Öffnung der Straßen oder Gehsteige leider nicht zu vermeiden sein. Die Wärmetrasse wird in einer Tiefe von rund 80 Zentimetern unter dem Boden verlegt. Es gilt in diesem Zuge so viele Arbeiten wie möglich zu kombinieren – um zu verhindern, dass im Jahr darauf aus einem anderen Grund die gleiche Straße erneut geöffnet werden muss.
Ist es realistisch, dass irgendwann ganz Freyung am Nahwärmenetz angeschlossen ist?
Das kommt auf die Definition von „irgendwann“ an. Sicherlich sind nach einem erfolgreichen Start des Nahwärme-Projekts auch Erweiterungsstufen nicht ausgeschlossen. Inwiefern es realistisch ist, „ganz Freyung“ anzuschließen, muss zu gegebener Zeit untersucht werden. Für die Freyunger Ortschaften ist ein Anschluss an das aktuell geplante Nahwärmenetz sicherlich nicht realistisch, möglicherweise können jedoch kleinräumige „Insellösungen“ eine Alternative darstellen.
Gibt es schon konkrete Pläne, wo das Heizwerk gebaut werden soll?
Wegen der Nähe zum Großabnehmer Wolfsteiner Werkstätten ist der Standort der alten Kläranlage besonders interessant.
800.000 Liter Heizöl bzw. Kubikmeter Erdgas werden jährlich gespart
Welche weiteren Großabnehmer könnten gewonnen werden?
Ein Schwerpunkt liegt im Freyunger Stadtzentrum. Aufgrund der dichten Bebauung sind auf wenigen Metern sehr viele Gebäude zu erreichen. Die städtischen Liegenschaften sind hier natürlich als sichere Wärmeabnehmer gesetzt. Darüber hinaus hoffen wir das Krankenhaus gewinnen zu können. Hier laufen Gespräche.
Wie viel Heizöl oder Erdgas kann durch das Nahwärme-Projekt in etwa eingespart werden?
Unter der Voraussetzung, dass sich alle bislang kontaktierten Haushalte und Einrichtungen beteiligen, könnten wir zum jetzigen Stand bereits rund 800.000 Liter Heizöl bzw. Kubikmeter Erdgas pro Jahr durch umweltfreundliche Holzhackschnitzel ersetzen. Wir hoffen, dass noch viele weitere Abnehmer folgen.
Sie sind seit April des Jahres als sogenannter Klimaschutzmanager der Stadt Freyung aktiv. Welche Ideen konnten Sie bisher in der Kreisstadt umsetzen?
Neben dem Nahwärmeprojekt, dessen Vorbereitung sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, spielt das Thema Beleuchtung eine wichtige Rolle. Beim Umstieg auf LED-Beleuchtung offenbaren sich enorme Einsparpotenziale. Neben beratenden Tätigkeiten, wie z.B. bei der Ausrüstung der Tiefgaragen-Beleuchtung im neuen StadtplatzCenter, steht die schrittweise Umrüstung der städtischen Beleuchtung auf der Agenda. Auch die Modernisierung der Heizungsanlagen in städtischen Gebäuden wird von mir geprüft und begleitet.
„Die günstigste Energie ist diejenige, die nicht benötigt wird“
Generell gefragt: Welche Aufgaben fallen in den Bereich eines Klimaschutzmanagers?
Im Zentrum stehen beratende, koordinierende und moderierende Tätigkeiten. Wie können wir erreichen, den Energieverbrauch zu senken und somit aktiv die Freisetzung von CO2 vermeiden? Welche Maßnahmen führen im konkreten Fall zum bestmöglichen Ergebnis? Natürlich geht diese Tätigkeit auch über städtische Liegenschaften hinaus. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit ist es mein Anliegen die Bevölkerung zu motivieren ebenfalls ans Stromsparen zu denken. Gerade in Zeiten stetig steigender Energiepreise sollte dies unser aller Hauptaugenmerk sein. Denn die günstigste Energie ist diejenige, die nicht benötigt wird.
Welche weiteren Ziele verfolgen Sie für die Stadt Freyung?
Ich kenne Freyung erst seit wenigen Monaten. Doch man hört von vielen Seiten, dass sich unsere Stadt in den letzten Jahren in eine überaus positive Richtung entwickelt hat. Ich hoffe, dass ich meinen Anteil dazu beitragen kann, dass dieser Trend anhält und dass wir – die Stadt Freyung, die Bürger und unsere Umwelt – von meiner Arbeit profitieren können.
Aktualisiert: Wie Bürgermeister Heinrich auf seiner Facebook-Seite am Mittwoch, 21. November 2012, bekannt gegeben hat, konnte auch das derzeit im Bau begriffene StadtplatzCenter als Großabnehmer für das Nahwärme-Projekt gewonnen werden.
Interview: Helmut Weigerstorfer