Edlham. Ganz am Anfang, da fand er es noch interessant und spannend, die Sache mit dem gentechnisch veränderten Soja, kurz: Gen-Soja. Da gehörte der Mischfutterhersteller Josef Feilmeier aus Edlham im Landkreis Passau – wenn auch nur für kurze Zeit – sogar zu den Befürwortern von gentechnisch veränderten Futtermitteln. Mittlerweile ist der 56-Jährige einer der größten Gegner. Feilmeier setzt nicht nur in seinem eigenen Betrieb auf gentechnikfreie „Lebensmittel für Tiere“, sondern hat es gemeinsam mit vielen Mitstreitern geschafft, dass gegen Ende des Jahres 2013 an die 60 bis 80 Prozent der deutschen Milchbauern auf Futtermittel „ohne Gentechnik“ (OG) umgestellt haben werden.

Josef Feilmeier setzt sich nicht nur für gentechnikfreie Lebensmittel ein, sondern auch für erneuerbare Energien. Den Solarpark Hofkirchen-Edlham (im Hintergrund) hinter seinem Betrieb hat er ebenfalls initiiert. Fotos: da Hog’n
„Als die genveränderten Sojabohnen 1996 auf den Markt gebracht wurden, haben die Landwirte und Futtermittelhersteller geglaubt, dass sie damit ein kostengünstiges Futtermittel bekommen würden – zumindest wurde ihnen das von den Gentech-Lobbyisten vorgegaukelt“, erzählt Feilmeier. Aber dem gelernten Bankkaufmann und früheren Warengeschäftsführer einer Genossenschaft dämmerte sehr schnell, dass diese Rechnung nicht aufgehen konnte: „Das waren reine Aktiengesellschaften, die für den Vertrieb von genverändertem Soja zuständig waren. Und nach dem Aktiengesetz gilt, dass Aktiengesellschaften an sich keine Vergünstigungen anbieten dürfen. Schließlich wollen die Aktionäre ja auch etwas verdienen.“
„Gen-Soja ist nicht billiger als gentechnikfreies Soja!“
Und weil Feilmeier einer ist, der alles ganz genau wissen will, war sein Interesse schnell geweckt: „Ich fand heraus, dass gentechnikfreies Soja wirkungsvoller ist als Gen-Soja. Das sogenannte ‚Sojaschrot HP-48‘, das wir für unsere Futtermittel verwenden, ist mit 46 Prozent Proteinen und einem Fett-Anteil von zwei Prozent sehr viel sättigender als das meist verkaufte ‚Gen-Sojaschrot 44/7‘.“ Die Zahl 44 steht auch hier für den Anteil von Proteinen und Fett. Der Zusatz „7“ bedeutet, dass maximal sieben Prozent Rohfaser enthalten sind. Allerdings werde beim Normalschrottyp sehr viel Schale zugemischt, so Feilmeier, das Verhältnis von Fett und Proteinen stimme seiner Einschätzung nach schon lange nicht mehr: „Das sind teilweise nur noch 35 Prozent, bestehend aus 34 Prozent Proteinen und einem Prozent Fett!“ Statt 1.000 Kilo Gen-Soja müsse man mit dem hochwertigeren Soja gerade mal 700 bis 800 Kilo an die Tiere verfüttern. „Und wenn man einen geringeren Verbrauch hat, zahlt man auch weniger“, war Feilmeiers Schlussfolgerung.
Als die OG-Soja-Nachfrage stieg, wollte man ihn ausbremsen
Nach langer Recherche machte Feilmeier schließlich einen Händler in Brasilien ausfindig – und bestellte von da an seine eigene Ware. Der Soja wurde in den Hafen von Hanau gebracht und von dort mit Lastwägen in den Süden von Bayern transportiert. „Als die anderen Händler gesehen haben, dass ich mit dieser Methode meine Futtermittel nicht nur zum selben Preis wie den Gen-Soja anbieten, sondern damit auch qualitativ hochwertiges und vor allen Dingen gesünderes Futtermittel herstellen konnte, waren viele überzeugt und machten es mir nach.“ Genau das war auch immer Feilmeiers Ziel: „Dass alle Händler in allen Regionen gentechnikfreies Futtermittel anbieten, damit alle Bauern frei einkaufen können – nicht nur ich.“ In Südbayern brach damit ein regelrechter Boom nach gentechnikfreiem Soja aus. Den Vertreibern von Gen-Soja war das natürlich ein Dorn im Auge.
Eines Tages bekam Feilmeier einen Anruf aus dem Hafen von Hanau: „Die haben mir mitgeteilt, dass der Kran kaputt ist und die Ware nicht weiterverfrachtet werden kann“, erzählt Feilmeier. „Als ich dem Anrufer gesagt habe, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass man in einem großen Rheinhafen nicht auf die Schnelle einen neuen Kran auftreiben kann, bekam ich als Antwort: `Wir haben gemerkt, dass immer mehr gentechnikfreies Soja zu Ihnen nach Südbayern geliefert wird, das ist nicht in unserem Sinne. Und wenn Sie keine Ware mehr aus unserem Hafen bekommen, dann müssen Sie Ihren Soja eben in den Hafen von Bremen liefern lassen.‘ Die wussten ganz genau, dass der längere Transportweg vom 500 Kilometer weiter entfernten Bremen den Preis in die Höhe treiben würde“, zeigt sich Feilmeier noch heute empört. Feilmeier musste sich also schleunigst etwas Neues einfallen lassen – auch weil die Händlerkollegen drängten.
Der nächste Schritt: weg vom Import, hin zum Eigenanbau
Er machte einen österreichischen Importeur, das Handelshaus Pilstl, ausfindig. Seitdem können Feilmeier und seine überzeugten Händlerkollegen wieder Soja beziehen – und die Nachfrage nach gentechnikfreier Soja steigt stetig. Die Frachtschiffe laufen mittlerweile in sechs Häfen ein: Aus Würzburg, Nürnberg, Deggendorf, Passau, Krems und Enns werden derzeit wöchentlich an die 1.000 bis 1.500 Tonnen geliefert. Und auch wenn Feilmeier und seine Mitstreiter mit dem Import-Soja zufrieden sind, ist der nächste logische Schritt ganz klar der Eigenanbau. Denn die Soja-Pflanze kann eigentlich überall angebaut werden. „Und es ist natürlich umweltfreundlicher, wenn die Transportwege kürzer sind“, sagt Feilmeier. Außerdem kann jeder Landwirt den heimischen Soja nicht nur selbst anbauen, sondern durch Pressen auch selbst verarbeiten. Damit hat er naturbelassenen Sojaschrot und hochwertiges Öl – und ist unabhängiger. Ein weiterer Vorteil: Soja ist eine sehr umweltschonende Eiweißpflanze. Die Pflanze benötigt beim Anbau fast keinen Dünger, weil sie diesen selbst aus der Luft herausholt.
Der Verbraucher kann nicht erkennen, wo Gentechnik drin ist
Ganz klar: Feilmeier hat mit seinen Initiativen und vielen Vorträgen ein Umdenken in Gang gesetzt – erst in Bayern, dann im ganzen Land. Aber kommt das auch beim Verbraucher an? Nein. Denn obwohl der Anbau von gentechnisch manipuliertem Soja in der EU verboten ist, essen wir es trotzdem, wie eine aktuelle Studie des WWF zeigt: Über 80 Prozent aller Soja-Importe auf dem deutschen Markt enthalten Gentechnik. „Gentechnik landet mit Fleisch, Eiern oder Käse auf unseren Tellern, ohne dass wir es wissen. Lebensmittel von Tieren, die mit gentechnisch verändertem Futtermittel gefüttert werden, müssen nicht gekennzeichnet werden“, warnt WWF-Referentin Dr. Birgit Wilhelm. „Das Problem dabei ist, dass die Verbraucher meinen, dass die Produkte, die sie tagtäglich kaufen, frei von Gentechnik sind, weil sonst würde es ja drauf stehen“, macht Feilmeier deutlich. Aber sobald der erste Vermarkter seine Produkte mit einem „Ohne Gentechnik“-Logo versehe, würde das eine Kettenreaktion nach sich ziehen, war sich Feilmeier sicher.
In Berlin gründeten Verbraucher, Landwirte, Lebens- und Futtermittelverarbeiter sowie große Handelsunternehmen der Lebensmittelbranche deshalb 2009 den „Verband Lebensmittel ohne Gentechnik“ (VLOG). Von der Idee an bereits mit dabei: Feilmeier. Gemeinsam haben sie das grüne Siegel „Ohne Gentechnik“ entwickelt. Ein freiwilliges Zeichen, das nur verwendet werden darf, wenn die Tiere nachweislich nicht mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden. Einen zulässigen Schwellenwert gibt es nicht. Regelmäßige staatliche Kontrollen der Futtermittel stellen sicher, dass dies auch eingehalten wird.
Die unbekannte Gefahr beim Gen-Soja: giftige Spritzmittel
151 Mitglieder ist der Verband mittlerweile stark. Das zeigt, dass in Deutschland zunehmend auf „Ohne Gentechnik“ umgestellt wird. Kein Wunder, denn neben den unbekannten Folgen einer gentechnischen Veränderung der Sojabohne, verbirgt sich oft noch eine andere Gefahr im Gen-Soja: Spritzmittel.
Sojapflanzen werden nämlich gentechnisch unter anderem so verändert, dass sie gegenüber bestimmten Pflanzenschutzmitteln resistent sind. Eines der bekanntesten Unkrautvernichter ist das Total-Herbizid „Roundup“ der amerikanischen Firma Monsanto. Praktischer Nebeneffekt: Monsanto liefert dazu auch noch das passende Saatgut.
Nur: Auch das Unkraut baut nach und nach eine Resistenz gegenüber „Roundup“ auf. „Während zunächst ein Liter pro Hektar und Jahr ausreichte, müssen heute schon bis zu 16 Liter her, um das Unkraut zu vernichten“, warnt Feilmeier. Dabei ist das im „Roundup“ enthaltene Glyphosat alles andere als harmlos. Deswegen liegt die zulässige Menge an Glyphosat in Sojabohnen auch bei 0,1 mg pro Kilogramm. „Wird aber ein Vielfaches von Roundup zur Unkrautbekämpfung eingesetzt, steigt auch der Glyphosat-Gehalt an, zum Teil auf bis zu 20 mg pro Kilogramm – und das ist absolut gesundheitsgefährdend“, weist Feilmeier auf die Gefahren hin. Denn diese Giftstoffe füttere man den Tieren – und das wiederum lande im Menschenmagen.
Auch Schweinemäster und Geflügelhalter stellen um
„Einer meiner Kunden hatte an die 1.000 Euro Tierarztkosten im Monat, weil seine Kühe immer wieder krank wurden“, erzählt er. „Als er auf OG-Futter umstieg, waren seine Kühe auf einmal sehr viel gesünder – und die Tierarztkosten sanken drastisch. Das ist wie beim Menschen: Nimmt man qualitativ hochwertiges, gesundes Essen zu sich, ist man sehr viel vitaler – und kann mehr leisten.“

Das „Ohne Gentechnik“-Logo ziert auch die Fahrzeuge von Feilmeier. Damit das Siegel bekannt wird. Foto: da Hog’n
Auch den tierischen Produkten merke man die gesunde Fütterung an: „Ich kenne einen Metzger aus Hessen“, erzählt Feilmeier, „der hat seinen Kunden nichts davon gesagt, dass er auf Fleisch von OG-gefütterten Tieren umgestellt hatte. Von seinen Kunden hätten allerdings auffällig viele nachgefragt, was er verändert habe, denn das Fleisch schmecke viel fülliger und sei sättigender als zuvor …“
Der VLOG hat bewusst zuerst die Milchwirtschaft dazu angeregt, die Milchkühe auf OG-Futter umzustellen. Milchbauern verfüttern nämlich auch viel Raps und Gras. Sie sind nicht nur auf Soja angewiesen – und daher leichter zugänglich für eine Umstellung ihrer Futtermittel. Mit Erfolg, denn 60 bis 80 Prozent der deutschen Milchbauern werden bis Ende 2013 nur noch OG-Futter verwenden. Nun will sich der Verband im nächsten Schritt an die Metzgereien wenden: „Für die ist es jetzt ein Leichtes, ihren Betrieb auf Rindfleisch von Tieren umzustellen, die nicht mit Gen-Soja gefüttert wurden“, sagt Feilmeier. Schließlich könnten sie ganz einfach auf die Kühe und Mastrinder der bereits zertifizierten Milchbauern zurückgreifen. Auch Schweinemäster und Geflügelhalter stellen reihenweise um. Feilmeier wendet sich deshalb in einer Pressemitteilung an alle Metzgereien im Landkreis Freyung-Grafenau. Bleibt abzuwarten, wie die Metzger hier reagieren.
Feilmeier ist jedenfalls felsenfest davon überzeugt, dass sich die Verbraucher letztlich für „ohne Gentechnik“ entscheiden werden: „Wer nicht bald vorweisen kann, dass seine Produkte frei von Gentechnik sind, wird in Zukunft auf seiner Ware sitzen bleiben!“
Dike Attenbrunner
[…] viaJosef Feilmeier: ”Wir essen Gentechnik, ohne es zu wissen!” | Da Hog’n – …. Bewerten:Share this:E-MailDruckenMehrGefällt mir:Gefällt mirSei der Erste dem dies gefällt. […]
bitte so weitermachen,gefällt mir ausgezeichnet das sich jemand so stark dafür einsetzt
Schmidt
Bravo!!!
Klasse Artikel, sollte mal in der Süddeutschen stehen, sowas.
Macht euch alle bitte mal den Spaß und fragt wirklich im Supermarkt, beim Metzger oder sonstwo ob´s auch was gentechnikfreies gibt, … vom Feilmeier halt.
Ihr werdet sehn, wenn´s einige machen gibt´s das erste Angebot dafür…
und dann haben´s bald alle!!!
Toller mensch