Freyung/Passau. Schon mal was von „LonelySpring“ gehört? Nein? Wir ehrlich gesagt auch nicht. Bis zu dem Zeitpunkt, als uns der 15-jährige Julian Fuchs eine Anfrage zugeschickt hat, ob wir mal seine Band „auschecken“ möchten. Wir dachten: Warum eigentlich nicht. Die von den Zwillingen Julian „Jul“ (Gesang/Rythmgitarre) und Simon Fuchs (Bassgitarre/ Backvocals) sowie Manuel Schrottenbaum (15 Jahre alt/Leadgitarre) und Lennart „Drum Head“ Dörrer (16/Schlagzeug) als Post-Hardcoreband bezeichnete Combo wurde vor zwei Jahren in Freyung gegründet. Vor wenigen Wochen haben die vier Jungs, die gerne einmal als Vorband von „Green Day“ im Zirkus Krone auftreten möchten und nicht allzu viel von volkstümlicher Musik halten, ihre erste EP „Escape the Love of Emergency“ herausgebracht.
Im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n erzählen sie von den Ursprüngen der Band, Phasen des Erwachsen-Werdens, Tokio Hotel, das richtige Outfit und die Wichtigkeit einer gelungenen Live-Show. Zudem haben wir das Erstlingswerk von LonelySpring einmal genauer unter die Lupe genommen.
„Damals passierten viele Dinge, die uns nicht mehr in Ruhe ließen“
Julian, Drum Head: Wie seid Ihr auf den Namen „Lonely Spring“ gekommen?
Julian: Mein Bruder Simon und ich hatten vor diesem Projekt schon einige gescheiterte Anläufe unternommen, eine Coverband zu gründen. Unter anderem auch mit dem Namen „Spring“ – aus irgendeinem Grund hatte es uns das Wort angetan. Jedenfalls folgte dann der Versuch, eigene Lieder zu produzieren. Die Proben liefen bald richtig gut – woraufhin Simon den Vorschlag machte, ein weiteres Wort zum Bandnamen hinzuzufügen. Wir durchlebten zu dem Zeitpunkt eine Phase, die die meisten Jugendlichen kennen: Damals passierten viele Dinge, die uns nicht mehr in Ruhe gelassen haben, entmutigende Dinge.
Man denkt zu viel nach, bemitleidet sich und verliert sich irgendwann in sich selbst – man fühlt sich einsam. So fiel mir sofort das Wort „lonely“ ein. Das englische Wort „Spring“ für Frühling steht für einen Neuanfang: Der kalte Winter ist vorüber, man kann seine dunkle Vergangenheit hinter sich lassen und in die hoffentlich positive Zukunft sehen. Man könnte sagen, wir haben den „Frühling der Einsamkeit“ überstanden – und wollen dies mit unserer Musik auch unserem Publikum ermöglichen, sollte es sich einmal in einer ähnlichen Situation befinden.
Euer Erstlingswerk klingt ja schon recht reif und selbstbewusst. Wie viele Auftritte hattet Ihr schon?
Julian: Bisher hatten wir nur einen kleinen Auftritt, bei einer Benefizveranstaltung in einer Disco in Eging am See. Neben mehreren Acoustic-Sessions auf Privatfeiern haben wir außerdem an einem Bandcontest teilgenommen. Wir sind eben noch recht jung und stehen erst am Anfang unserer Musik-Karriere. Von März bis August waren wir im Studio damit beschäftigt, unsere Debüt-EP zu produzieren. Für nächstes Jahr sind dann auf jeden Fall einige Auftritte mehr geplant, sofern alles glatt läuft.
„Zieh Dein eigenes Ding durch, schäm‘ Dich nicht, du selbst zu sein“
Ihr bezeichnet Euch als Post-Hardcore-Band. Was charakterisiert Euch?
Drum Head: Unsere Musik ist am ehesten mit Bands wie Falling in Reverse oder Fall Out Boy ver gleichbar. Wir machen aber eigentlich nur das, was uns selbst am besten gefällt – und nicht was andere Post-Hardcore Bands vorgeben. Typisch für LonelySpring ist der melodische Gesang, der von schnellen Beats, fetten Gitarren und emotionalem Screaming begleitet wird.
Auf Eurer Facebook-Seite ist zu lesen, dass Ihr mit Eurem eigenen „Core-Plan“ die Welt erobern wollt. Wie ernst ist das gemeint?
Drum Head: (lacht) So ernst, wie es gemeint sein kann, wenn eine Teenie-Band diesen Plan bei Facebook veröffentlicht … Sicher steckt eine ernsthafte Message dahinter, aber: In welche Richtung sich LonelySpring in den nächsten Jahren noch entwickelt, kann keiner voraussehen. Und wenn keine Fans da sind, um die Botschaft zu empfangen, wird das auch nichts mit dem Welt-Erobern!
Julian: Natürlich würden wir uns freuen, berühmt zu werden. Schon allein der Gedanke, dass unsere Musik andere Personen beeinflusst, ist wundervoll. Aber wir können eben nun mal nicht in die Zukunft blicken. Wir machen einfach das, was uns Spaß macht – und hoffen, dass es auch bei den Leuten ankommt.
Pop und Mainstream scheint ja nicht Euer Ding zu sein. Auch die Bands, die Euch beeinflussen, kennt nicht jeder. Wie wollt ihr denn mit Eurer unkonventionellen Musik die Fans überzeugen?
Drum Head: Zunächst: Wir sind nicht strikt gegen alles, was mit Mainstream zu tun hat. Der Begriff ist nun mal sehr weit gefasst. Und einfach zu behaupten, Mainstream wäre scheiße, ist genauso falsch, wie das Gerücht zu verbreiten, dass sich alle Emos ritzen. Wenn uns Lieder aus den Charts gefallen, hören wir sie uns an. Genauso tragen wir modische Kleidung, die uns zusagt. Was wir satt haben? Dem Massendenken der heutigen Jugend einfach blind zu folgen – ohne jemals nachzudenken, was man überhaupt selbst möchte. Be yourself, zieh Dein eigenes Ding durch und schäme Dich nicht, ein Individuum zu sein.
„Richtige Fans zu finden ist in unserem Genre leichter“
Richtige Fans zu finden, die unsere Konzerte besuchen, ist in unserem Genre leichter zu erreichen als mit Popsongs, die im Radio laufen. Genauso schnell, wie man mit Popsongs berühmt werden kann, lassen Dich die Leute auch wieder fallen – und niemand erinnert sich mehr an deine Stücke. Viele Jugendliche in unserem Alter hören härtere Musik – und deshalb kann es gut sein, dass diejenigen, die sich für unsere Musik und unsere Ideen begeistern und uns jahrelang treu bleiben.
Werdet Ihr häufiger mit „Tokio Hotel“ verglichen? Die Zwillings-Parallele Kaulitz-Fuchs ist ja nicht abzustreiten. Auch wenn‘s optisch noch nicht so ganz passt …
Drum Head: Überhaupt nicht! Die Zeiten, in denen Tokio Hotel aktuell war, sind mehr oder weniger vorbei. Jeder, der uns nur ein bisschen kennt, weiß genau, dass wir völlig andere Ziele verfolgen.
Julian: Ein- oder zweimal wurde ich schon auf die Zwillings-Parallele angesprochen, aber nie in Bezug auf unsere Band.
Viel Bands in Eurem Alter covern. Habt Ihr Cover-Songs im Programm oder lehnt Ihr das strikt ab?
Drum Head: Wir lehnen es nicht ab, bei den Proben hin und wieder – zwischen den eigenen Songs – zu covern. Das entspannt und macht sogar richtig Spaß. Bis auf weiteres werden wir es so handhaben, dass bei unseren Auftritten Cover-Songs als Zugabe spielen.
Bands, die selber schreiben, sind ja in unserer Gegend ziemlich rar. Woran liegt das Eurer Meinung?
Julian: Es ist gar nicht so einfach, selbst Lieder zu schreiben. Viele sind nicht kreativ genug. Vielleicht fehlt den anderen Bands auch der Mut, die eigenen Songs der Öffentlichkeit zu präsentieren. Außerdem ist es sehr schwer mit unbekannten Liedern Fans zu gewinnen. Radios könnten hier beispielsweise mehr unternehmen. Ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändert.
Wie oft probt Ihr denn durchschnittlich pro Woche? Und wo probt Ihr?
Simon: Wir proben einmal wöchentlich. Unser Proberaum befindet sich im Industriegebiet bei Speltenbach. Es ist zwar in den Wintermonaten nicht die angenehmste Location – aber die hat auch ihren Charme …
Habt Ihr schon Groupies?
Julian: Bis jetzt haben wir gerade mal eine handvoll Fans. Groupies sind da noch keine dabei. Aber das wird hoffentlich noch (lacht).
„Das Publikum soll sich völlig gehen lassen“
Welche Rolle spielt bei „LonelySpring“ das richtige Outfit und eine dynamische Show?
Julian: Eine dynamische Show ist bei uns, wie bei jeder Rockband, das A und O! Dabei ist nicht wichtig, wie gut jeder einzelne auf seinem Instrument ist – sondern wie man sich verkauft. Vor allem in unserer Musikrichtung muss eine gute Live-Show für Stimmung sorgen. Das richtige Outfit ist für mich natürlich auch extrem wichtig. Man sollte sich angemessen kleiden – der Rest bleibt jedem selbst überlassen.
Drum Head: Mir ist das Outfit ziemlich egal – aber auf eine geile Show legt jede Band wert. Wir wollen vor allem das Publikum dazu animieren, sich zu unserer Musik zu bewegen und sich völlig gehen zu lassen.
Die EP klingt manchmal etwas überproduziert, das heißt: Mehrere Gitarren und Effekte sind unüberhörbar. Ist das der Live-Sound?
Julian: Wir versuchen den Sound unserer EP live natürlich angemessen wiederzugeben. Klar, dass man nicht alle Effekte einbinden kann. Es soll ja auch ein Unterschied zwischen Live-Perfomance und Studioaufnahme zu hören sein. Live entsteht eine viel echtere und spontanere Stimmung, klar. Du kennst eine Band erst richtig, wenn Du sie einmal live erlebt hast. Da darf ruhig mal ein Element fehlen, das auf der CD unüberhörbar ist.
Wenn Ihr nächstes Jahr den Grammy als beste Newcomer-Band gewinnen würdet– welche Leute würdet Ihr in Eure Dankesrede miteinschließen?
Julian: Vor allem unsere Eltern und unseren Freunde – für die seelische Unterstützung. Zudem unseren Musiklehrer und EP-Produzenten Maximilian Knaus, die befreundeten Musiker Bommel, Simon Reischl und Jonas Sterr, Sick Of Hailstone, Apocryphal, Simon Hackl für das EP-Cover, das gesamte Team der Discothek Sagsndie für den ersten Gig, alle Bands, unter deren Einfluss wir stehen, LIDL Deutschland – und natürlich sämtliche Fans.
Interview: Jason Ditshej
„Bisschen Emo, Prise Metal – und ein Hauch von Pop“
(Album-Rezension)
Eine Nachwuchsband zu bewerten ist wahrlich nicht immer einfach. Häufig fällt das Urteil ungerecht und „unpädagogisch“ aus, manchmal gar vernichtend, manchmal zu glorifizierend. Nach mehrmaligem Hören der Demo-EP kam der Autor dieser Zeilen nicht umhin, sich auf der Facebook-Seite der Band über die Jungs zu informieren – und er war beeindruckt.
LonelySpring sind vier junge Burschen aus Freyung, die sich 2010 zusammengerauft haben, um eine Post-Hardcore-Band zu gründen. Ihr Ziel: „anders zu sein“ und gegen den Mainstream der Musikindustrie zu rebellieren. Was jedoch auffällt: Der Protest wird mit etwas poppigen Green Day– bzw. Blink 182-Parts gleich einmal abgeschwächt. LonelySpring definiert sich selbst als „ein bisschen Emo, eine Prise Metal und ein Hauch von Pop“. Die Bandmitglieder haben ihren eigenen „Core-Plan“ entwickelt – und wollen nun die lokale Musikszene aufmischen.
Juls Stimme hat die Power von Incubus-Frontmann Boyd
Wie bei Postcore-Gruppen üblich, sind improvisatorische Elemente und dem Noise entlehnte dynamische Kontraste immerzu präsent: Während Jul den vokalen Part und die erste Gitarre übernimmt, widmet sich Zwilling Simon dem Bass und geschrienen Vocals.
Die acht Tracks umfassende Scheibe beginnt mit dem Opener „Heartbreak Arrows“ – in ganz untypischer Weise mit einem tragenden Synth-Cello und unverzerrten Pick-Guitars. Doch dann geht’s ab: „System Of A Down“-eske Rhythm-Change- und zweistimmige Iron Maiden-Tribute-Sologitarren verdeutlichen: Jetzt gibt’s was auf die Ohren! Die charaktervolle Stimme von Sänger Jul, die oft an die Power von Incubus-Frontman Brandon Boyd erinnert, zieht einen sofort in ihren Bann. „World Breakdown“ und „City of Nowhere“ erinnern mit ihren Gitarren-Riffs an „Green Day“ und „The Offspring“, verlieren aber nie den Anspruch, in einfache Mitgröhl-Hymnen abzudriften.
Bei „LonelySpring“ sind keine Lagerfeuer-Musiker am Werk
Bei allen Songs finden sich dynamische Changes mit lauteren und leiseren Parts, dazu kommen häufige Rhythmus-Wechsel. Auch improvisatorische Instrumental-Teile sind dezent auf der EP zu finden und erinnern etwas an Progressive Rock. Man ist positiv überrascht, welche Akkord-Vielfalt die junge Band drauf hat. Hier sind eben keine Lagerfeuer-Musiker am Werk, sondern Jungs, die ihre Instrumente schon länger beherrschen. Die im amerikanischen Slang gesungenen Texte handeln meist von Liebe, zwischenmenschlichen Beziehungen und Emotionen. Aber auch gesellschaftskritische Themen, wie etwa den bevorstehenden Zusammenbruch der Welt („World Breakdown“) oder die weit verbreitete Armut, finden ihren Platz. Mit „Ignorance, Insomnia & Propaganda“ ist ihnen dabei eine wunderschöne Ballade gelungen, mit der sie an einen gerechteren Staat appellieren all diejenigen zu unterstützen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen.
Vielleicht ist der Griff in die Trickkiste doch zu tief ausgefallen
Die Scheibe klingt insgesamt recht reif und man tut sich schwer zu glauben, dass hier eine Teenie-Band ihre erste Platte abgeliefert hat. Die häufig anspruchsvollen Kompositionen und gehaltvollen Texte sind bei Musikern dieses Alters selten zu finden. Für eine Demo-CD ist der Sound der Platte sehr beeindruckend. Der einzige „Vorwurf“, den man LonelySpring machen könnte: Vielleicht ist der Griff in die Trickkiste doch etwas zu tief ausgefallen. Mit mehreren eingespielten Gitarren und zahlreichen Effekten wirkt der Sound manchmal etwas überproduziert. Man darf gespannt sein, wie das Quartett das alles live rüberbringen wird. Einer der nächsten größeren Gigs findet am 16. März statt, bei dem LonelySpring zusammen mit den Bands „Apocryphal“ und „Sick Of Hailstone“ im Zeughaus Passau auftreten wird.
Jason Ditshej
Ihr seid so Gay!!!
ha, du heißt ja genauso wie ich xD