Übersee am Chiemsee/Schönberg. „Mitm Boarischn Woid hob i bisher nua guade Erfahrungen gmacht“, sagt Musiker Stephan Keller alias „Keller Steff“ eingangs unseres Hog’n-Interviews – und fügt im „krachad oberboarischen“ Dialekt erklärend hinzu: „De Mentalitätn vo de Cheamgaua und de Bayerwäldler sand se relativ ähnlich.“ Der 34-jährige Tausendsassa aus Übersee am Chiemsee, der mit Hilfe seines Spezls Stefan Dettl bei der Musik gelandet ist, hat in seinem Leben schon so einiges ausprobiert: Er war KfZ-Mechaniker, Landschaftsgärtner, Schlosser, Seilbahn-Schaffner oder Marionetten-Schnitzer.

Verbreitet bei seinen Konzerten jede Menge Spaß und gute Laune: da Keller Steff aus Übersee. Fotos: www.kellersteff.de
Ein wahres Multi-Talent, auch auf der Bühne. Dem Hog’n verrät er im folgenden Interivew, woher er die Inspiration für seine Lieder nimmt, warum die „Neue boarische Welle“ momentan so gefragt ist, in welchen Momenten er auch mal weniger lustig sein kann – und welche Träume er noch hat.
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Steff, Dein „Weltmeister“-Hit, den Du zur Biathlon-WM in Ruhpolding geschrieben hast, hat im vergangenen Winter eingeschlagen wie eine Bombe. Der nächste Winter steht unmittelbar bevor: Hast Du wieder einen ähnlichen Song geplant? Dieses Mal fürs Skispringen oder Langlaufen?
Fias Langlaffa hob i ma scho wos iwalegt, weil do san boid Weltmeisterschaften – und 2014 kimmt de Olympiade. Mia, oiso mei Band und i, ham a bissl zum Langlaffa ogfanga, wei ma durch de Biathlon-Gaudi a bissl aufn Gschmack kemma san. Mia machan erst moi des neie Album fertig und dann hau ma vielleicht no oan ausse … so gloane Hau-Ruck-Aktionen gfoin ma owei!
„Nachm Abbruch vo da drittn Lehr is da Voda narrisch wordn“
Dein zweites Album heißt „Narrisch“. In dem gleichnamigen Lied erzählst Du auf witzige Weise von den kleineren und größeren Kämpfen, die Du und Dein Vater miteinander ausgefochten habt, wenn Du wieder mal aus der Reihe getanzt bist. Auf der Bühne wuschelst und raufst Du Dir bei dem Lied immer die Haare durcheinander – weil’s eben so richtig zum Narrisch-Werden is … Du warst nicht immer pflegeleicht, oder?
(lacht) I hob no an Bruada und der is sein Weg grodaus ganga und hod owei ois schee brav gmacht. Und i hob hoid iwahapt net gschburt. Im Kindagartn is scho losganga, do woid i net gern higeh, d’Schui hob i aa oft gschwänzt. Dann is d’Lehr kema, dann de zwoate, de dritte – de hob i olle obbrocha. I hob owei gsuacht, woast scha. Und mei Voda is eben do ab und zua moi narrisch wordn, weil des fia de Familie a bissl a Belastung war, wenn do oana direkt aus da Reih danzt (lacht). Owa mia san dann scho wieda guad mitnanda auskema und er hod me unterstützt. Er hod zu mia gsagt damois: Iatz machst de Lehr ois Industriemechaniker fertig – und dann konnst vo mia aus macha wosd mogst. Und des hed er wahrscheinlich net song deafa … (lacht) … naa im Ernst: Mia ham uns scho sauwa zammgraft, er huift aa im Büro mid, wenn i af da Roas bin, do bin i froh.
Für diejenigen, die Deine Musik noch nicht kennen: Wie kommst Du auf Songs wie „Modorsog“, „Flaschndeife“ oder „Papa i mecht a Ross“? Wo holst Du Dir Deine Inspiration?
I kim vom Land und brauch do net weid suacha. Duach mei Umfeld kimmt des ganz automatisch. Wennst im Woid draust bist und jeda zwoate Bauer vorbeikimmt mit seina Modorsog und sogt: Des is mei neie, des is de beste … Wenn’s zum Hoizschnei geht, dann werd de Modorsog zwoa Wochan vorher hergricht und a jeda is voi af Modorsog (lacht). Oder des mitm Ross: I hob a Cousine ghabt, de war so rossdamesch, de hod se oiwei an Ross-Mist unters Bett einegschobn, weil’s so guad riacht … und de Tante hod se de ganz Zeit dacht: Ja wos stinkt denn do so, wos isn des? (lacht) … Und des san hoid dann de Gschichtn, direkt ausm Leben griffa …
„I glaub, dass ma se des Boarische heid ungenierter ohean draut“
Steff: Wer sind Deine musikalischen Vorbilder?
I hob friahras owei scho Blues-Sachan ghead: an John Lee Hooker zum Beispiel. Und an Bob Dylan. Da Blues-Brothers-Film, der hod gscheit eig’haut (lacht) … I hob zum Beispiel nia de klassisch-boarische Volksmusik ghead. Do bin i vo da Musikschui obghaut, weil i des net lerna woid, des hod me net intressiat. Und heid denk i ma owa scho ab und zua bei am Musikantenstammtisch: Zefix, iatz hob i’s kapiat, iatz konn e’s schbuin – owa iatz is Liadl vobei …
Gibt’s weitere Favoriten?
De LaBrassBanda-Gschicht find i imma no sehr guad und faszinierend, wia des damois entstandn is. I bin ja mit dene unterwegs gwen, ois Bulldogfahrer … Und ois Bua hod mia unter den boarisch-sprachigen Sängern da Fredl Fesl recht guad gfoin. I hob zwoa Kassettn ghabt vo eam – und des war hoid aa sehr kinderfreundlich, wos er gsunga hod.
Stefan Dettl, Claudia Koreck, Keller Steff und Co.: Die „Neue Boarische Welle“ bahnt sich weiter ihren Weg durch die Musik-Szene. Was glaubst Du: Warum funktioniert das so gut?
I glaub man ko se heid ungeniert song draun, dass ma se des ohead. Des Bairische hod’s ja immer scho gebn – da Ringsgwandl und wia’s oile hoassn … Owa i hob’s ma net oghead, weil de andan ham’s damois aa net ghead. Und irgendwie is do der Bann gebrochen, dass ma do a bissl stoiz draf is mittlerweile. Es is irgendwann bassiat … da Söllner Hans hod des ja vor Jahren scho gmacht – der hod einfach obackt und hod dann aa sei Mei aufgmacht und des war aa guad so.
Ist Hans Söllner für Dich dann auch ein Vorbild?
Da Hans hod se einfach draut – und des imponiert ma scho, wenn se oana draut und wos anders macht. I moan er schimpft vui, gibt Gas und des muas ma aa kinna – i kon des net zum Beispiel (lacht). I wenn do obn steh und schimpf, dann lachan’s me aus …
„Iatz geht ois auf, wos i in meim Leb’m gmacht und ausprobiat hob“
Also Du siehst eine neue Form von Patriotismus aufkommen?
Ja, und i sig owa aa, dass zum Beispiel de ganzn Trachtnvereine des ois nimma ganz so streng und so eng seng. I bin ois junga Bua nia in Trachtnverein einekemma, weil unsa Familie do aa net so drauf eigschdejt war. Mei Voda hod oiwei Beatles ghead und Stones – und des hod mia aa gfoin … Und iatz is des ja wurscht wo de Burschn im Trachtnverein herkemman – und wenn’s a Preiß is, der’s Plattln lerna mecht, dann deaf a des heid aa. I glaub de Vereine san do a bissl offener wordn.
Auf der Bühne verbreitest Du immer gute Laune, bist gut drauf und kommst stets sympathisch-witzig rüber. In welchen Momenten bist Du mal weniger lustig drauf? Wann wird der Keller Steff mal ernst?
Ja, de Momente gibt’s freilich. A Freindin war iatz a Zeit lang recht krank – und do ruckt’s Di dann scha wieda viare und woasd wos gschbuid wead. De Bühne macht mir richtig vui Spaß – und do is aa goa nix gschbuid oda so. Des Wegfahrn mid da Band is oiwei wiara Ausflug. Und i wead nua ernst, wenn i merk, dass wos ausm Ruada lafft, wenn oana moant: Iatz nutz i des aus, diese Lockerheit und Lustigkeit vom Keller Steff. Wenn’s oan fuxt, dann fuxt’s oan – und dann ka ma moi an Schroa loslassn .. Aber generell bin i scho recht positiv eigschdellt, weil me des oafach gfreit wia se des entwickelt hod – und dass ois, wos i in meim Leb’m gmacht und ausprobiat hob, iatz a bissl aufgeht.
„… dassd mit soana Gaudi-Musik wos bewegn konnst“
Apropos ausprobiert: Du warst unter anderem auch als Marionetten-Schnitzer unterwegs …
I hob ma dahoam moi a Schmiedn eigricht und do hob i dann Marionetten baut aus Eisen – fünf Meta große Marionetten. I hob do an fünf Figurn zwoa Johr onegschwoassn und woid dann mit dene auf Kunst-Tour geh (lacht) … Des faszinierende an den Marionetten is, dass ma’s a so baut, dass sie aufn Betrachter wirken, indem ma zum Beispiel de Händ gressa schnitzt oda de Augn. Wennst oane mochst mit gloane Augn und gloane Händ, dann erreichst du zum Beispiel de Kinda net. Und darin besteht ebn de Kunst, des so hizumbringa, dass‘ de Kinda intressiat. Und des is lässig, des gfoid ma, weil’s wos Einfachs is …
Und wann hast Du dann nach all dem Suchen und Ausprobieren gemerkt, dass die Musik genau Dein Ding, Deine Erfüllung ist?
Des hob i eigentlich erst gmerkt, wia des positive Feedback vo de Leid kema is. I hob de Liada ‚Bulldogfahrer‘ und ‚Keibeziang‘ einfach moi gmacht, aus Spaß und Gaudi. Und dann hob i gmerkt: Des gfoid de Leid. Do gibt’s a Gschicht: Do hod ma a Mama von am blindn Buam an Briaf gschriebm – und do hod’s erzoit, dass ihr Bua dodal afbliaht is, nochdem er des Bulldog-Fahrer-Liad im Radio ghead hod und seitdem mitm Rasenmäher-Bulldog dodal glücklich durchn Goatn foaht. Domit rechnst net, dassd mit soana Gaudi-Musik wos bewegn konnst. Do hob i dann scho gemerkt: Do muasd iatz drobleibm, des is‘ wert!
„Mei Traum is, dass ma numoi im Zirkus Krone in Minga auftretn“
Stefan Dettl ist mit LaBrassBanda ja vor einem Jahr in der Münchner Olympiahalle vor ausverkauftem Haus aufgetreten. Dettl sagt ja, dass mit diesem Konzert für ihn ein lange gehegter Traum in Erfüllung gegangen ist. Ist das für Dich auch ein Ziel, das Du erreichen möchtest?

Keller Steff und Band: (v.l.) Gerhard Zimmermann (Kontrabass, Gesang), Franz Gries (Gitarre, Gesang), Stephan Keller und Chris Stöger (Schlagzeug, Gesang).
Olympiahalle, glaub i, muas jetz net sei, ganz ehrle gsogt. In der Größe, wo mia uns zurzeit bewegn, auf de Kleinkunst-Bühnen und in de Wirtshaussäle, des daugt ma eigentlich ganz guad, weil ma do aa no Herr der Lage is. I glaub do san mia momendan aa net guad aufgschdejd – oiso instrumentnmäßig. Und I glab: Umso gressa des wead, desto schwieriger wead des aa. Mei Traum is, dass mei Band und i im Zirkus Krone in Minga irgendwann numoi auftretn. Des dad i gean schaffn. Und des dad i ma aa zuadraun, dass mia fia oan Abend do de Bude voibringand (lacht).
Wo siehst Du Dich selbst in fünf, zehn Jahren? Machst Du dann immer noch Musik – oder wieder was ganz anderes?
(lacht) Wenn des so weida geht und de Leid meng des hean, dann dad’s me gfrei. I hob den unglaublichen Vorteil: I muas des net zwanghaft macha. I zeichnet grod a Kindabuach, des hoaßt: ‚Da Bulldog-Fahrer geht auf Reisen‘. Und mid meine Marionenttn mecht i aa moi a bissl obacka.
„Mia ham koa große Plattenfirma im Gnack, de uns ständig fordat“
Was machst Du dann neben der Musik zurzeit?
Nebnbei bin i no Hausmoasta in ana Schui in Marquartstein, zwoa Dog in da Woch, Teilzeit. Und ansonstn bin i ab und zua no a bissl ois Subunternehmer fian Maschinenring tätig. Jetz hob i ja mein Führerschein wieda, jetz kann i des wieda macha (lacht) – desweng des Liadl mitm ‚Flaschngeist‘ …
Aha. Details bitte …
I bin net gfohrn, i hob nua mein Rausch ausgschlofn afm Beifahrersitz – owa da Schlissl is gschdeckt. Und des war dann a mortz Tamtam. 14 Monat war da Schein dann weg. Naja, des muas aa moi sei, des hod’s anscheinend braucht, glaub i … A hoibads Johr hob i an Schein jetz wieda …

Ab Dezember ist da Keller Steff mit seiner Band im Studio vertreten, um das dritte Album aufzunehmen.
Okay, Themawechsel: Wann kommen wir in den Genuss Deines neuen Albums?
Im November hamma no a boa Auftritte, im Dezember samma dann im Studio.
Darfst Du schon was darüber verraten?
(zögert) … ja, wenn i wos varrotn kannt (lacht) … Es steht no net ganz fest wia’s hoast. Mia ham a boa Texte, a boa Melodien und mia miassn uns iatz do einfach zammraffn.
Das passiert dann eher spontaner beim Keller Steff?
Bei uns is des recht locker, stimmt scho. Mia ham jetz aa koa große Plattenfirma im Gnack, de uns ständig fordat. Mia ham uns bewusst fia a gloans Label in München entschieden, do wird uns net recht dreigredt. De song: Macht’s nua, mia unterstütz ma eich so guad ma kinnan. Und genau des is da Fall, des is a guads Zammoawatn, ohne Druck. Und i bin a Handwerker, i muas jo aa a bissl wos anders doan nachad … (lacht).
Steff, wir bedanken uns für das offene Gespräch und wünschen Dir gutes Gelingen für den Auftritt in Schönberg. Hat echt Spaß gemacht.
Interview: Stephan Hörhammer