Jahrdorf. In der Brennstube der Alten Hausbrennerei Penninger in Jahrdorf bei Hauzenberg duftet es derzeit ganz intensiv nach Himbeeren – und jeder Besucher, der sich zwischen Schnapsmuseum und Betriebshalle aufhält, kennt nach kurzer Zeit den Grund dafür: Es sind wieder „Brennwochen“ beim Penninger. Himbeergeist-Brennwochen. Und auch wenn das wohl bekannteste Produkt des seit mehr als 100 Jahren bestehenden Familienunternehmens eigentlich der „Blutwurz“ ist: Der Himbeergeist hat es ebenfalls in sich. Denn der Schnaps wird wegen seines markanten Aromas sowohl von Männern als auch von Frauen gerne getrunken. Ein „Unisex-Schnaps“ sozusagen. Wir haben uns einmal gemeinsam mit Juniorchef Stefan Penninger und Mitarbeiter Alois Ritzer in der Brennstube angeschaut, wie aus erlesenen Waldhimbeeren ein bekömmlicher Himbeergeist gebrannt wird. Ein „Ausprobiert“ der etwas anderen Art.
Für den Himbeergeist werden nur beste Waldhimbeeren verwendet
„Der Grundstock für einen guten Himbeergeist sind natürlich die Beeren“, erklärt Stefan Penninger, der seit Mitte des Jahres mit Vater Reinhard und Mutter Sybille das Traditionsunternehmen führt. „Jedoch nicht irgendwelche. Am besten eignen sich die etwas kleineren und besonders geschmacksintensiven Waldhimbeeren,“ weiß der 32-Jährige. Bereits im August sind fünf Tonnen Früchte in großen Plastikfässern geliefert und sogleich in Neutralalkohol – das ist hochprozentiger Alkohol – eingelegt worden. „Im Verhältnis eins zu eins haben wir die Himbeeren und den Sprit dann für gut zwei Monate in 3.000-Liter-Tanks eingelagert“, berichtet Penninger. In dieser Zeit seien die Aromen von den Himbeeren auf den Alkohol übergangen. Das dabei entstandene Zwischenprodukt, das anschließend destilliert wird, bezeichnet man als Maische – auch bekannt von der Bier-, Wein- oder Whisky-Herstellung.
„Weil Beerenfrüchte wie die Himbeeren einen sehr niedrigen Zuckergehalt haben“, so Penninger weiter, „ist es nicht besonders ergiebig, den Alkohol im traditionellen Gärverfahren zu gewinnen.“ So ein „Beerenbrand“ sei deswegen auch teuerer. Bei einem „Geist“ hingegen wird den frischen Früchten von vornherein reiner Alkohol zugesetzt. Die Beeren und der Saft, der daraus entsteht, werden dadurch konserviert – und der zugesetzte Alkohol nimmt das Aroma auf. Das Beeren-Alkohol-Gemisch wird im Anschluss gebrannt.
Lagern, brennen – und wieder lagern: So gelingt der Himbeergeist
Die Maische, also eben jenes Alkohol-Himbeer-Gemisch, wird nach der Lagerung in den großen, kupfernen Kessel des Brennofens gepumpt. Zuvor wird der heiße Kessel jedoch mit zwei Eimern Wasser abgelöscht und ausgespült. „Der Alkohol würde sonst sofort verdampfen“, weiß der erfahrene „Brenn-Experte“ Alois Ritzer, der bereits seit 45 Jahren bei Penninger beschäftigt ist. Ritzers Lehrmeister war Stefans Großvater, erzählt der 59-Jährige begeistert. Der Kessel steht auf einem Wasserbad, darunter befindet sich ein Ofen, der mit Buchenholz aus der Umgebung geheizt wird. Buche deshalb, weil sie einen sehr hohen Brennwert hat. „Bei einer Temperatur von 78 Grad verdunstet der Alkohol dann nach und nach“, so Ritzer. Zurückbleiben nur die Himbeeren. „Der Alkohol mit den Himbeeraromen verdampft – und der Dampf gelangt wiederum in den Kühler“, sagt der Experte und deutet auf ein silbernes Rohr, das sich oben aus dem Kessel seinen Weg bahnt. Dort wechselt der Dampf seinen Aggregatszustand wieder von gasförmig in flüssig.
Mit einer sogenannten Alkoholspindel misst Ritzer dann immer wieder den Alkoholgehalt der Flüssigkeit. Ritzer: „Das erste, was an Flüssigkeit aus dem kleinen Schlauch rauskommt, hat wenig Alkohol.“ Sobald die Spindel aber einen Wert von 80 Prozent anzeige, könne man sichergehen: „Was jetzt kommt, ist gut“. Alle Destillate, die einen Wert zwischen 60 und 80 Prozent vorweisen, kommen in ein eigenes Gefäß. Der Rest, der sogenannte Nachlauf, wird in einen eigenen Kübel geleitet und später wieder mit der Himbeer-Maische in den Kessel gegeben und vermischt.
Aus Schlehe, Brombeeren und Heidelbeeren wird der Wildbeeren-Geist
Das fertige Destillat wird anschließend zuerst gekühlt und danach einige Monate eingelagert, um weiter reifen zu können. Bevor der Himbeer-Geist zur Flaschen-Abfüllung gelangt, wird er noch mit destilliertem Wasser auf 40 Prozent „runterverdünnt“. Die Aromen und der Alkoholgehalt von etwa 72 Prozent wären sonst etwas zu stark. „Und dann darf man unseren Geist auch schon in vollen Zügen genießen“, sagt Stefan Penninger.
Nach dem Himbeergeist stehen schon die nächsten „Brennwochen“ im Hause Penninger an: Dann wird die Maische von Schlehen, Brombeeren und Heidelbeeren zu „Wildbeeren-Geist“ verarbeitet. Das ist übrigens auch der Lieblingsschnaps von Alois Ritzer. Warum? Ganz einfach:„Weil der so schön fruchtig ist. „Stefan Penninger ist der Blutwurz unter den Likören der liebste. Bei den Geisten hat es ihm besonders der Haselnuss-Schnaps angetan. „Der ist allerdings sehr aufwändig in der Herstellung“, berichtet der Juniorchef. Naturgereifte Haselnüsse müssen dabei zerkleinert und gleichmäßig bei mittleren Temperaturen in kleinen Öfen angeröstet werden. Frisch aus dem Ofen kommend, werden die Nüsse dann in hochprozentigem Alkohol eingelegt und nach einer gewissen Mazerationszeit langsam und schonend destilliert. Der Brennvorgang dauert damit drei- bis viermal so lang wie beispielsweise beim Himbeergeist.
Den „volljährigen Himbeergeistern“ wollen wir zum Schluss unser kleines Ausprobiert-Fazit freilich nicht vorenthalten: Der Duft, der uns in der Brennstube entgegenströmte, bestätigte bei der anschließenden (maßvollen) Verköstigung unsere Erwartungen: Ein beerenstarker Brand! Da bleibt eigentlich allen weiblichen wie auch männlichen Genießern nur noch eins zu sagen: Cheers!
Dike Attenbrunner und Stephan Hörhammer