Neuschönau. „Wer? Wie? Was? Wieso? Weshalb? Warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm …“ heißt es im Titellied der Sesamstraße – der ein oder andere erinnert sich vielleicht. Und damit wir nicht dumm bleiben und uns ständig „verschlauern“, haben wir uns ein paar „tierische“ Fragen für Nationalpark-Tierarzt Dr. Dennis Müller überlegt. Seine Antworten rund um Wisent, Wilschwein, Wolf und Co. haben’s in sich. Oder wusstet Ihr etwa, dass sich Julius Cäsar bereits mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob Elche im Stehen oder im Liegen schlafen …
Sie schätzen das Laub und die Rinde im Saft stehender Weiden
Herr Dr. Müller: Was machen die Wisente im Sommer besonders gerne?
Wisente sind von ihrem Temperament her eher ruhige Tiere. Zwar zeigen die Jungtiere noch ein ausgeprägtes Spielverhalten, die Alttiere verbringen im Sommer die meiste Zeit jedoch mit Fressen und Ruhen. Dabei schätzen sie besonders das Laub und die Rinde voll im Saft stehender Weiden.
Schlafen die Elche im Stehen oder im Liegen?
Elche legen sich zum Wiederkäuen, Dösen und Schlafen – ähnlich wie Kühe – gerne hin. Dabei schlafen sie nicht längere Zeiten, sondern Aktivitäts- und Ruhephasen wechseln über den Tag verteilt einander regelmäßig ab. Diese Frage hat übrigens bereits Cäsar in seinem Werk „Der gallische Krieg“ einmal falsch beantwortet. Er behauptete hier, dass Elche keine Kniegelenke hätten und sich zum Schlafen daher an Bäume anlehnen würden. Die Germanen hätten diesen Umstand bei der Jagd ausgenutzt, indem sie Bäume ansägten, so dass diese mit samt dem Elch umfielen, sobald dieser sich daran lehnte …
Wer kümmert sich eigentlich um die Tiere, wenn es ihnen schlecht geht?
Das mache ich als der für den Nationalpark Bayerischer Wald zuständige Tierarzt. In besonders schwierigen Fällen zieht er dabei auch Kollegen aus anderen zoologischen Gärten zu Rate. Bei seiner Abwesenheit helfen die niedergelassenen Kollegen im Großraum Grafenau bzw. Zwiesel aus.
Ist das Wildschweingehege wirklich ungefährlich?
Wenn man sich an die wichtigsten Regeln im Umgang mit Tieren hält, ist das Betreten des Wildschweingeheges völlig ungefährlich. Dazu zählt, dass man auf den Wegen bleibt, die Tiere nicht bedrängt, die Schweine auf gar keinen Fall füttert oder zu streicheln versucht und dass man keine Hunde mit in das Gehege führt. Für Wildschweine ist auch ein Zwergpudel ein Wolf – und diese werden zwecks Verteidigung angegriffen.
Bis zu 30 Fotografen bei den Luchsen und Wölfen – und das täglich
Wie oft fällt etwas ins Bärengehege – und wer holt das dann wieder raus?
Das lässt sich nicht sicher sagen. Bären sind recht neugierig und erkunden ihre Umgebung genau. Daher untersuchen sie auch Gegenstände, die in das Gehege fallen – und nehmen sie recht zuverlässig auseinander. Betreten kann man das Gehege aus Sicherheitsgründen hingegen nur, wenn alle Bären in das Bärenhaus gesperrt wurden. Diesen Aufwand kann man nur in seltenen Ausnahmefällen betreiben.
Wie reagieren „Besucherhunde“ auf die Wölfe?
Ganz unterschiedlich. Manche Hunde reagieren gar nicht und legen sich sogar hin, wenn Herrchen und Frauchen die Wölfe länger beobachten. Die meisten Hunde sind allerdings neugierig und schauen in das Gehege. Nur wenige fangen an zu kläffen und knurren, wenn das Rudel näher kommt. Und einige zeigen auch deutlich Angst und Unwohlsein. Sie winseln und ziehen die Rute ein.
Wie viele Fotografen besuchen das Tierfreigehege im Schnitt – und was ist ihr Lieblingsobjekt?
Die Fotografen haben wir auch noch nicht gezählt, aber es sind zum Teil recht viele. An klaren Wintertagen, nach dem ersten Schnee während der Ferienzeit, stehen bis zu 30 professionelle Fotografen und ambitionierte Hobbyknipser verteilt entlang ihrer beiden Lieblingsmotiven: dem Luchsgehege, von der unteren Kanzel aus, und dem Wolfsgehege, von der Besucherkanzel aus. Die mitgeführte Ausrüstung hat dabei einen Wert von bis zu 20.000 Euro pro Fotograf.
Lebende Tiere ins Gehege – das wäre aus meiner Sicht unethisch
Wird nur totes Fleisch gefüttert oder kommt die Beute lebendig zu den Tieren ins Gehege?
Aus Tierschutzgründen wird bei unseren Gehegetieren ausschließlich Fleisch gefüttert – lebende Tiere werden nicht in die Gehege gesetzt. Das wäre aus meiner Sicht unethisch. Wir verfüttern aber zum Teil Kadaver ganzer Tiere wie Hasen oder Rehe, die Verkehrsunfällen zum Opfer gefallen sind. Die einzige Ausnahme dieser strengen Regel stellt ein kurzes Training für gesund-gepflegte oder aufgepäppelte Jungtiere von Greifvögeln da, an die auch lebende Mäuse verfüttert werden, um sie auf die Wiederfreilassung vorzubereiten.
Herr Müller, vielen Dank für die spannenden Antworten.
Interview: Da Hog’n