Es ist fast so, als befinde man sich im Kopf eines kleinen Mädchens, wenn man Mia Diekows Stimme zum ersten Mal auf ihrem Debüt-Album „Die Logik liegt am Boden“ hört. Und Songs wie „Dinofisch“, „Wolf“ oder „Pferd“ verheißen, seien wir mal ehrlich, eher Kinderlieder als lebensliebend nachdenkliche Nummern. Aber Mia Diekow gelingt etwas, was viele von uns sich wahrscheinlich wünschen würden: Die Welt als Erwachsener mit den Augen eines Kindes zu betrachten. Mit ihrer Stimme nimmt sie den Hörer an die Hand und führt ihn, mal sprechend, mal singend, quirlig und verspielt durch ihre farbenfrohe Welt, so wie das sonst nur Kinder können.
Jedes Lied ist ein absolutes Unikat, musikalisch vielleicht noch am ehesten zwischen Pop und Indie anzusiedeln. Wobei, damit wird man Mia Diekow nicht gerecht. Nein, hier ist endlich mal wieder eine junge deutsche Künstlerin mit eigenem unverwechselbarem Stil am Start, abseits eingängiger Radio-Melodien und Musik-Genres. Dabei ist ihre Musik trotzdem nicht so abstrakt, dass sie nur eine Nische anspricht und alle anderen Hörer vergrault.
Musikalisches Gespür wurde ihr in die Wiege gelegt
Das liegt vielleicht auch am musikalischen Gespür, das ihr schon in die Wiege gelegt wurde. Die Mutter ist eine Frau, die gerne und viel singt. Auch mit der Tochter. Der Vater ist klassisch ausgebildeter Geiger, der sich aber auch in der Popwelt zuhause fühlt und ein eigenes Tonstudio hat. „Bei so viel musikalischem Input musste ich erstmal herausfinden, was ich will“, erinnert sich Mia Diekow. „Ich habe zwar Klavierunterricht gehabt, war aber faul wie die Sünde. Und für Musiktheorie habe ich mich nie so richtig begeistern können. Meine Klavierlehrerin wollte Etüden von mir, doch mich interessierten zu der Zeit Jungs und Zigaretten viel mehr. Auf der Gitarre Akkorden nachzuspüren, das war schon eher meins. Und als mein Vater mir Jahre später sein Studio öffnete und ich dort vor seinem Rechner und einem Programm, um Musik zusammenzubasteln saß, war das eine Art Erweckungserlebnis. Ich als naiver Frischling konnte plötzlich Klangwelten erschaffen. Ich hatte ein neues Instrument gefunden, voll von geheimnisvollen Möglichkeiten.“
Mia Diekow als heulender Wolf
Das endet letztlich damit, dass Mia Diekow auch gerne mal als Wolf den Mond anheult („Wolf“). Dazu, je nach Laune: Streicher, Trompeten, Gebimmel, Gitarren, Schlagzeug und und und … eine wahre Patchwork-Platte, die aber dennoch nicht nach einer zusammengestöpselten Musikvariation klingt, sondern in ihrer gewollten Leichtigkeit regelrecht ins Ohr schwebt. Wenn man so will: eine kindliche Interpretation der Erwachsenenwelt. Und da ist es völlig wurscht, ob Klassik, Soul oder Pop. Hauptsache, das Thema kommt auf der Melodie zum Tragen und wird gehört.
Mit das Schönste an den Liedern: Sie sind auf Deutsch. In wunderbaren Geschichten bedient Mia Diekow sich detailgenauer Bilder und schöpft dabei aus dem Vollen der deutschen Sprache. Auch wenn man Sprüche wie „Sie will nie mehr etwas fühlen“ („Nonoti“) natürlich nicht zum ersten Mal hört. Das verzeiht man gerne bei Sätzen wie „balancierst gern unterhalb der Gürtellinie, jonglierst mit Frauenherzen“ („Oh Liebling“) oder „die Wissenschaft sagt, es sind nur Hormone, andere glauben an einen alten Mann mit Bart“ („Dieses Ding Called Love“).
„Die Logik liegt am Boden“: Ein Erfolg versprechendes Debüt-Album mit Hoffnung auf mehr!
Dike Attenbrunner