„Die Schule öffent sich – und das ist auch für uns der Türöffner“
Sie haben in einem Hog’n-Beitrag gesagt: Die „Karriere dahoam“ ist möglich. Welche Voraussetzungen sind dafür bereits gegeben, welche müssen noch geschaffen werden?
Die Grundvoraussetzung dafür ist eine gute Bildungsinfrastruktur, die wir im Vergleich zu anderen Landkreisen zweifelsohne bieten können. Den Schulbereich darf man heute aber nicht mehr monokausal sehen, also im Sinne von: Die Schule bildet die jungen Leute für die Allgemeine oder die Fachhochschulreife aus. Sondern die Schule öffnet sich – und das ist auch für uns der Türöffner. Wenn ich an meine Zeit am Gymnasium zurückdenke, haben sich die Maßnahmen und Veranstaltungen in punkto Berufsorientierung nahezu gegen Null bewegt. Heute werden in diesem Bereich außerschulische Partner immer wichtiger, dazu gehören etwa die beiden Technologie-Campi in Freyung und Spiegelau, genauso wie der Nationalpark und die gesamte Landkreisunternehmerschaft, die als Abholer für höher gebildete Absolventen dienen können. Im Moment ist es signifikant, dass viele Unternehmen Kooperationen mit Schulen eingehen und etwa im Rahmen von Projekt-Seminaren zusammenarbeiten. Dadurch ergeben sich erste Synergien.
Wie sehr hat sich denn diese bildliche Türe im Vergleich zu früher bereits geöffnet? Kann man das irgendwie messen?
Konkrete Zahlen gibt es keine, aber emotional betrachtet hat sich die Türe schon sehr weit geöffnet. An den Gymnasien steht der klassische Humanismus nicht mehr so sehr im Vordergrund wie früher. Hier hat sich einiges zum Positiven gewendet. Diese Veränderung ist nochmals dynamisiert worden durch die Umstellung vom neunjährigen auf das achtjährige Gymnasium, wodurch etwa dem sogenannten Berufs- und Studienorientierungsteil in der Oberstufe mehr Gewicht eingeräumt worden ist – und das in einem relativ flexiblen Rahmen. Das wird von den Schulen bereits gut angenommen. Im Sinne der Vorbereitung auf das Arbeits- und Berufsleben ist es beispielsweise sehr wichtig, wenn künftige Abiturienten auch einmal vor Unternehmern die Ergebnisse ihres Projektseminars präsentieren können.
Schafft die Institution Schule es denn, den Spagat zwischen einer guten allgemeinen Grundbildung junger Menschen und einer ausreichenden Berufsvorbereitung zu vollführen?
Die Auftragslage ist klar vom Kultusministerium formuliert – wie das dann jeweils vor Ort an den Bildungseinrichtungen umgesetzt wird, hängt hauptsächlich von den Schul- und Seminarleitern ab. Wir sind im Landkreis auf Seiten der Schulen relativ gut aufgestellt. Selbiges gilt für die Unternehmerschaft: Es gibt Betriebe, die kooperieren bereits sehr gut mit den Schulen. Und es gibt welche, die das noch nicht tun – was vermutlich damit zusammenhängt, dass bei diesen das Problem des Fachkräftemangels noch nicht akut ist. Ich denke aber, dass sich kurz- und mittelfristig der Leidensdruck bei sehr vielen Unternehmen in der Region diesbezüglich noch erhöhen wird – schlichtweg aus dem Grund, weil sie keine Fachkräfte mehr finden.
„Viele Schüler wissen nicht, welches Potenzial unsere Betriebe haben“
Immer wieder das „Schreckgespenst“ Fachkräftemangel …
Ein Problem dabei ist, dass es viele Firmen im Landkreis gibt, die noch viel zu wenig bekannt sind und deren Möglichkeiten deshalb gerade auch von den jungen Leuten nicht wahrgenommen werden. Das mag daran liegen, dass die Betriebe keinen großen Absatzmarkt in der Region haben oder kein repräsentatives Firmengebäude, oder keine Notwendigkeit darin sehen, in der Region Werbung zu machen, weil sie irgendwo anders ihre Märkte erschlossen haben. Die Big Player mit Alleinstellungsmerkmal wie Aptar, Parat oder Knaus-Tabbert kennt man vom Namen her. Doch viele Schüler wissen etwa auch hier nicht, welches Know-How und welche Produktentwicklung dahinter stecken.
Dann liegt es an den Unternehmen, die ihre Möglichkeiten besser nach außen kommunizieren müssen, um potenzielle Fachkräfte anzuheuern?
Nein, nicht nur. Das ist eine vielschichtigere Aufgabe, die sowohl von den Unternehmen als auch von den Schulen bewältigt werden muss. Wie gesagt, hier ist Kooperation gefragt – und das landkreisweit. Ein Schönberger oder Grafenauer kennt eine Firma wie S+S, ein Neureichenauer weniger bis gar nicht. Es wäre deshalb wünschenswert, dass man künftig bei Schulveranstaltungen, bei denen sich Betriebe vorstellen können, nicht die Unternehmen aus der unmittelbaren Schulumgebung einlädt, sondern gezielt versucht, beispielsweise ausschließlich Firmen aus dem Grafenauer Land an die Waldkirchener oder Freyunger Schulen einzuladen – und umgekehrt.
Tolles Interview, alles Wünschenswert…….a b e r was tun wenn keine Fachkräfte verfügbar sind??????