Passau/Übersee. Es wird der Sommer der Liebe – davon sind der Chiemgauer Frontmann Stefan Dettl und seine Jungs von der Dettl-Band vollstens überzeugt. Das Lebensgefühl der 60er/70er-Jahre, Flower-Power und Hippieness, all das findet man auf dem neuen Konzeptalbum der seit einem Jahr steil gehenden Boarisch-Combo „Summer of Love“.
Beim Hog’n-Interview im Passauer „KaffeeWerk“ erzählen Stefan Dettl und sein aus Freyung stammender Bandkollege Tobi Weber, was es zu beachten gilt, um ein erfolgreicher Musiker zu werden, wessen blankes Hinterteil auf dem neuen Album-Cover zu sehen ist und wie wichtig ihnen die Auftritte in Niederbayern sind. Ihre Antworten haben wir auf boarisch hier wiedergegeben – alles andere wäre nicht authentisch.
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Stefan, Du hast die Haare schön – lang. Einige bezeichnen Dich mittlerweile scherzhaft als den „Johnny Depp des Chiemgaus“. Wie kommt’s zu dem neuen Look?
Stefan: Des war a so: Mia ham letzt’s Johr mid unsana Rockband ogfangt und ham vasuacht, s’Boarische mid E-Gitarren zu kombinian. Dabei hamma gschbannt, dass de Kombination ned so is wia Hochdeitsch oder Englisch mit E-Gitarre, sondern eher ans Amerikanische hikimt – vo da Klangfarbe und vom Sprachgefühl her. Dann hamma a bisserl nochg‘forscht, welche Bands friahra na echt soiwa g’schbuit ham – und san auf de Woodstock-G‘schicht kema, auf CCR und so. Des hod uns dann inspiriert und mia ham uns g’frogt: Warum ham de Bands damois oile lange Zodan g‘hobt? Wos war damois so des Lebensg‘fui? Und mia ham g’sogt: Des woi ma moi an Summa lang selba Woodstock-mäßig nochstell’n, sprich: Mia ham oids Equipement, oide Vostärka und – soweit möglich – oida Instrumente aufg’schdellt. Und do kon ma dann freilch net mid ana Ministrant’nfrisua daherkema.
„Des is des scheenste, wos bassian kann“
Heißt das in der Konsequenz: Wenn ihr im nächsten Jahr das Heavy-Metal-Lebensgefühl ausprobieren wollt, werden Eure Haare noch länger?
Stefan: Des is absolut denkbar. I glaub, dass‘ in da Entwicklung vo ana Band total wichtig is, dass ma se mit vui Musikstilen und –richtunga auseinandersetzt. Und soa richtig geila Metal af boarisch – warum net? Es gibt unheimlich sauguade Bands: De Karin Rabhansl zum Beispiel (die just in dem Moment mit Bandkollegen ins KaffeeWerk kommt), de i vor zwoa Johr des erste Moi spuin ghead hob, no ganz liab und brav – und iatz is a richtige Ramp’nsau worn. I glaub, dass de nächst‘n Johr in Bayern unheimlich vui Bands entsteh kinna, aus sämtliche Musikrichtunga, mit sauguade Musiker. De Kulturlandschaft in Bayern kon rasant größa werd’n, wenn bei uns innovative kleinere Barbetreiber de Bands spuin lass’n, dass‘ Erfahrung griang. Des is des scheenste, wos bassian kann.
Summer of Love, Hippie-Lebensgefühl. Wie wirkt sich das auf Euren Alltag aus – also auch fernab der Bühne?
Stefan: I hob scho im Orchester g’schbuit, mid Anzug und poliade Schuah, ois recht konservativ. De letzt’n Johr owa hob i g‘schbannt, dass mia des total daugt, wenn i wenig dabei hob, wenig Gejd, wenig G‘wand – und i einfach so drauflosleb’n kon. I mog zum Beispiel total gean af Landstraß‘n fahr’n, weil des im Geg‘nsatz zur Autobahn vui g’miatlicher is. Es geht net einfach nur monoton grodaus, du kimst in Kontakt mit Leid – und des is des Hippie-Lebensg‘fui: bissl erdiger, bissl owafohn, de ganz’n hochtechnologisierten Sachan beiseite stell‘n, wieda moi de gloana Sachan mehra schätz‘n lerna. Wie zum Beispiel aa des Café iatzand grod: unheimlich g‘miatlich, schee – es muas koa hippe Münchner Bar sei, in der’s Cocktails gibt. Aufs Wesentliche konzentriat, mehra braucht’s net.
„Des war mei Körper-Double, i bin na vui foasta“
Stichwort Album-Cover: Rückansicht eines nackten Mannes mit Gitarrenkoffer in der Hand, der neben einer Frau im Hippie-Kleid auf einem Feldweg spaziert. Das ist schon dein Arsch, oder?
Stefan: Des war mei Körper-Double, weil i bin in echt na vui foasta (lacht).
Wie kam’s zu der Idee?
Stefan: Es gibt a bekannt’s Buidl aus da Woodstock-Zeit, auf dem is er ozong und sie geht nackad daneb’n her – total bärig. Wia ham de Szene nochg’stellt – halt nur andersrum. De Aufnahme is in Portugal g’macht word‘n, s’Model is a Portugiesin. Des g‘head hoid aa einfach zu uns dazua, dass uns mia manche Sachan draun und ausprobian, de and’re ned machan …
Wie waren die Reaktionen, insbesondere von Seiten des weiblichen Publikums?
Stefan: A des mecht i ga net wiss’n (schmunzelt).
Okay, Themawechsel: Welchen Stellenwert haben die Auftritte in Niederbayern für Euch?
Stefan: I kenn Niederbayern no net so guad, bis af a bo Städte. Des niedaboarische Lebensg’fui is, glaub i, ganz a eigenes. Mia san ja mitm Feiaweahauto übers Land hergfohn und rein landschaftlich g’seng is es vui flacher ois bei uns im Chiemgau. Bo eich do wead jeda Quadratmeta g’nutzt, um wos ozumbau. Ma sogt oiwei so, bei uns in Bayern konnst nua fünf, sechs Konzerte macha. Des glaub’m mia net. Mia glaub’m, dass grod am Land draußt vui mehra gehd; de ganz’n gloana Ortschaft’n und vui int’ressante Mensch’n kennaleana, des wead uns de nächst’n Johr vui Spaß macha. Da Tobi übernimmt … (sprach’s – und widmet sich einer Gruppe Fans, die um Autogramme bittet).
Tobi: Des hod freile an sehr hoh’n Stellenwert und i gfrei me jeds moi saumäßig, weil i einfach do dahoam bin. Wenn dann Freind und aa d’Verwandtschaft moi vobeischaut zu de Konzerte. I wohn grod in Oberbayern, do is‘ aa sauint’ressant. I glaub owa, dass‘ nimma notwendig is, unbedingt in ana großen Stodt zum wohna und wegzumziang, sondern dass aa bei uns dahoam aufm Land grod guad wos los is, vui junge Leid wieda do san – und des merk i aa bei de Konzerte, dass d’Leid gean aa Geijd fia Kultur ausgeb’n und motiviat san.
„Es geht net ums schneller, höher, weiter“
Fühlst du dich mittlerweile mehr als Oberbayer oder immer noch als Waidler?
Tobi: Ganz kla ois Waidler. I hob mei ganze Kindheit in da Frey’ng vobrocht. Mei Oma und mei Opa wohnan no in Herzogsreit … Mei, i bin hoid a Bayer, i moch do koan groß’n Unterschied. I hob in Österreich schdudiat, kim aus Niederbayern, wohn‘ in Oberbayern – iwaroi gibt’s nette Leid und aa weniga nette. I fühl‘ me do und do wohl, i ziag do koane so enga Grenz’n. Mia geht’s drum, dass i ganz normal red’n kann und mi voschdehd a jeda.
Wie wichtig ist es für Dich, dass Du immer wieder mal in Deine Heimatstadt Freyung zurückkommst?
Tobi: Sehr wichtig und des brauch i aa. I bin nimma so oft dahoam, oile boa Monat vielleicht. Owa i hob imma no guade Freind, meine Eltern, Verwandtschaft. Es is wichtig, den Kontakt zu de Leid net zum valian …
Tobi, du bist an einem recht steilen Punkt in deiner noch jungen Musiker-Karriere angekommen, kannst von der Musik leben. Geht’s noch weiter rauf?
Tobi: Wia’s weidageht, woas ma ja nia. Owa man schaud imma noch vorne und orientiert se an höheren Ziel’n. Als 16-jähriga damois bin i mid große Aug’n vor de Cover-Bands gschdand’n und hob ma dacht: Wenn i moi voa 500 Leid spui, dann hob‘ i’s g’schafft. Dann spuist voa 500 Leid, denkst owa scha wieda dran, wia’s wad, wennst voa 1000 Leid spuin dadst. Und dann denkst da irgendwann, wia’s wad, wennst mit deina eigena Musik Gejd vodiena und davo Leb’n dadst. Ma denkt imma noch vorn.
Also heißt dein nächstes Ziel Olympiastadion München?
Tobi: Naa, um des geht’s net. Des scheenste fia mi is, Musik zum mocha, de ma Spaß mocht, bei dea i mi vowiaklich’n kann; dass‘ Leid gibt, de zu uns’re Konzerte keman. Und wenn ma davo leb’n kann, dann reicht ma des. Es geht net ums schneller, höher, weiter.
„Musik muas einfach Spaß mocha“
Du hast ja beide Seiten kennengelernt, warst in Coverbands wie „Jive“ und bist nun in der Profi-Truppe von Stefan Dettl aktiv.
Tobi: I mecht des goa net vogleicha, weil beides sei Berechtigung hod. Coverbands san fia vui Musiker verlockend, wei‘ ma schnell vor relativ vui Leid spuin und aa schnell Geijd vodiena kann. Iagändwann owa g’schbiad a jeda Musiker a eigene Melodie oda a eigene Idee – und i ziag voa jedem mein Huad, der des dann aa wiaklich duachziagt und erst moi Jahre lang koa Gejd vodient und des einfach nua aus Spaß an da Freid mocht. Owa i meak, dass d’Leid aa wieda mehr neia Sachan hean woin – und net zum 1000. Moi „Narcotic“ vo Liquido. Bei de Coverbands woast hoid als Konzertbesucher genau, wos’d griagst – ohne des abwert’nd zum moana.
Welchen Rat gibst Du jungen Musikern, die so wie Du den Weg vom Schulband- zum Profi-Musiker-Dasein anpeilen?
Tobi: Du muast dei Instrument beherrsch’n und vui Zeit investian; owa des Wichtigste is meiner Meinung noch Leid zum find’n, mit dene ma guad zammbasst und mit dene ma ois Band wochs’n kann. Dann Songs schreib’m, vui Spuin – und des Ganze aa net so vobissn seng, sondern Spaß hob’n. Musik muas einfach Spaß mocha. I hob in letzta Zeid vui Bands ghead, de unglaublich guad san, aus da Regensburger Gegad, aus Niederbayern – junge, coole Bands. Do kimmt wos nocha. Momentan san guade Energien do. Und vielleicht geht ja moi wos zamm bei uns in Freyung-Grafenau, a Workshop an der Musikschui oder aa wos Größer’s, a Raum für junge Kulturschaffende. Des dad i sofort unterstützen.
(Stefan taucht auf, hockt sich wieder an den Tisch)
Steff, du scheinst ja ein viel beschäftigter Mann zu sein, bist immer unterwegs. Du hast in den vergangenen fünf Jahren mehr als 500 Auftritte mit LaBrassBanda hingelegt, nebenbei das Stefan-Dettl-Projekt auf einen erfolgreichen Weg gebracht. Vom Workaholic bist du nicht weit entfernt …
Stefan: Des deischt. I bin eigentlich a ganz a ruhiga, g’miatlich, entspannt. Des oanzige wos i hob, und wos ma wahrscheinlich aa ois Krankheit bezeichnen konn, is: Wann’s a Möglichkeit gibt, mit Leid Musik zum macha, muas i des macha. Dann konn i net dahoam aufm Kanapee sitz’n. Wennst du mia a Bühne gibst und fünf Leid de zuahean, a hoiwe Bia und a Brotzeit, sog i: Des is mei Leb’n, des mog i macha. Es gibt scho aa Dog, beim Produzian zum Beispiel, wenn’d Platt’nfirma des und des foadat, dass i sog: naa, iatz mecht i mei Ruah hob’n. Owa bei de Auftritte, do erlebst owei vui Sachan, leanst neie Leid kenna – sowos is unbezahlbar. Do muast einfach dei Leb’n leb’n und do deafst net wart’n als Musikant, sondern des muast dann einfach macha.
Und es gab noch keine Momente, in denen Du das Gefühl hattest, jetzt wird’s a bisserl zuviel?
Stefan: Doch, die hat’s scho geb‘n, aber meist‘ns nur außerhoib vo Bayern. Wia ma zum Beispiel a Konzert in Kassel drommad geb’n ham, wen’g Leid und a s’Bia und d’Brotzeit war net b’sonders guad – do deng i ma manchmoi scho: Hagott, a soa Schmarrn. Owa es gibt so scheene Plätz wia des g’miatliche Café do herin und dann deng i ma scho oft: Eigentlich is’s af Tour entschbanda wia dahoam (lacht).
Frage auch an Dich: Wie wird man ein erfolgreicher Musiker?
Stefan: I glab, du konnst nua a erfolgreicher Musiker sei, wenn du Spaß auf da Bühne host. Und wenn du meakst, dass‘ aa moi hart werd, muast weidakämpf’n, weidarackern. Und des wenn du selba host, des G’fui, strahlst du’s aa auf da Bühne aus. Man muas se woih fühl’n in seina Roijn, es muas kitzl’n, wannst af da Bühne stehst.
Interview: Stephan Hörhammer
–> Die CD-Kritik zum neuen Album gibt’s hier.
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A wengal foasd is a scha worn da Stettl Deff! ;)
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