E-Wald: „Bürgschaftslösung ist zu 99,9 Prozent möglich“
Themawechsel: Die Stadt Grafenau ist beim momentan vieldiskutierten E-Wald-Projekt haushaltstechnisch gesehen in einer besseren Ausgangslage als kleinere Gemeinden wie Eppenschlag oder Philippsreut. Trotz geringerer Einwohnerzahl sollen sie jedoch den gleichen Beitrag für die Ladesäule in Höhe von 15.000 Euro bezahlen – wie die größeren Kommunen auch. Haben Sie für deren Ärger Verständnis?
Das kann ich durchaus nachvollziehen, aber ich sehe das so: Wenn Eppenschlag jetzt zunächst keine E-Tankstelle besitzt, wird das nicht das absolute Problem sein. Es wäre jedoch schade, wenn größere Orte wie Schönberg, mit mehr als 2000 Einwohnern, nicht dabei wären. Die Kosten darf man nicht auf ein Jahr begrenzt betrachten, denn: Die Säule steht dann ja mehrere Jahre. Mein Fazit lautet: Wir investieren so viel in die Infrastruktur und den Tourismus – da muss man auch das E-Wald-Projekt unterstützen, das für den gesamten Bayerischen Wald einen Image-Gewinn mit sich bringt. Und daher müssen so viele Kommunen wie möglich dabei sein.
Und der zeitliche Druck? Die Gemeinden sollen ja bis Ende Juli die verbindliche Zusage erteilen, ob sie in die E-Wald-GmbH einsteigen.
Wenn es die Beschlussmöglichkeit gibt, wie ich in der Bürgermeisterversammlung vorgeschlagen habe, dass man sich jetzt für den Beitritt zur GmbH entscheidet – und erst 2013 den Beitrag bezahlt, weil dann erst auch die richtigen Investitionen beginnen, wäre das eine gute Lösung. Es wurden zwei Jahre diskutiert und debattiert – jetzt kann man das Projekt nicht auf zwei Monate übers Knie brechen.
Sie glauben also, dass sich das in den GmbH-Richtlinien ohne Weiteres festlegen lässt: dieses Jahr beitreten, nächstes Jahr bezahlen?
Wenn Sie heute eine GmbH gründen und haben nicht das nötige Bargeld für die Einlage, dann gehen Sie zur Bank und machen eine Bürgschaft. Bürgschaft heißt: Faustpfand oder Sicherheiten auf ein Grundstück – die Sicherheit ist in dem Fall eine Gemeinde. Und der Beschluss ist ebensoviel Wert wie eine Sicherheit. Herr Dr. Weber von der Regierung hat mir bereits persönlich bestätigt, dass diese Lösung mit 99,9 Prozent möglich sein wird. Er will das Gestaltungsrecht der GmbH jetzt noch prüfen lassen – dann folgt das letzte Wort. Sollte diese Lösung durchgehen, ist dies, wie ich finde, auch für jede Kommune tragbar.
„Die privaten Infrastrukturbetreiber haben ihre Basisaufgabe vergessen“
Thema Breitbandausbau: Die Regierung hat ein neues Förderprogramm für die Erschließung neuer „Daten-Autobahnen“ aufgesetzt. Bis zu 500 000 Euro pro Gemeinde sollen bei einer fünfjährigen Laufzeit ausgeschüttet werden, heißt es. Mit Glasfaserkabeln will man eine Bandbreite von mehr als 50Mbit/s erreichen.
Ich begrüße es, dass dieses zweite Förderprogramm kommt, denn: In unseren Gewerbegebieten spricht mittlerweile niemand mehr von 16 MBit/s – da lachen die Unternehmer nur noch. Die letzte Forderung war 100 Mbit Input und 100 Mbit Output. Das benötigen die Firmen – genauso wie eine bessere Versorgung in der Breite benötigt wird, etwa für Arbeitsplätze zu Hause.
Wie Herr Manstorfer vom Regensburger Ingenieursbüro IK-T in der Bürgermeisterversammlung mitgeteilt hat, sei eine Flächenversorgung von 50 Mbit/s in naher Zukunft unrealistisch …
Wir haben im Gewerbegebiet Reismühle die Glasfaserkabel schon verlegt. Die Firmen bezahlen im Monat zwischen 500 und 1000 Euro, weshalb sie auch die gewünschten 50 Mbit bekommen. Das ist momentan mein Informationsstand.
Geplant ist eine gemeinsame und zeitgleich abgestimmte Vorgehensweise zur Schaffung der nötigen Breitband-Infrastruktur im Landkreis.
Das ist aus finanziellen Gründen durchaus vernünftig. Man hätte dies bereits zu einem früheren Zeitpunkt machen sollen – und konzentriert Aufträge zur Erschließung des Landkreises vergeben müssen. Dann wäre von Anfang an eine größere Summe zusammengekommen – und die mit dem Ausbau beauftragten Firmen hätten sich um einen vernünftigen Preis bemüht.
Eine erste Maßnahme, die die Gemeinden laut Arnold Eder (HPE Planung und Entwicklung) vorbereitend ausführen sollen, ist die sogenannte Lehrrohrplanung. Dabei gilt es in Absprache mit dem Netzbetreiber zu überprüfen, welche Rohre für die Glasfaserkabel bereits vorhanden sind. Es heißt, dass die Telekom mit diesen Informationen nicht immer sehr freigebig ist …
Das stimmt, das kann ich bestätigen. Ein generelles Problem mit den privaten Infrastrukturanbietern wie Telekom, e.On etc. ist: Deren Chefs werden nach der Dotierung des jeweiligen Unternehmens an der Börse bezahlt – und genau an dem orientieren sie sich auch. Sie vergessen dabei jedoch ihre Basisaufgabe. Vergangenes Jahr im Februar hat die Telekom 400 Millionen Aktien zurückgekauft, damit der Kurs stimmt. Mein erster Gedanke: Darum können sie sich fleißig kümmern – aber wenn’s darum geht, bei uns eine Leitung zu graben, ziehen sie sich zurück … Wenn das nun die Aufgabe ist, dass man das Gehalt des RWE-Chefs von 4,2 auf 9 Millionen Euro jährlich erhöht, weil sein Unternehmen an der Börse so gut dasteht, muss ich sagen: Ihr habt Euren ursprünglichen Auftrag vergessen. Das ist eine Fehlentwicklung. Das läuft auch bei der Telekom so, die Börsenwerte müssen stimmen – alles andere ist Nebensache.
Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben.
Interview: Stephan Hörhammer