Freyung. Ortstermin mit Christoph Maier, Vorstand der Thomas Krenn AG, dem größten Hersteller Europas für Server- und Systemlösungen. Die Erwartung: Anzug, Schlips, goldene Manschettenknöpfe und gewichste Schuhe, Alter: 50 plus. Die Realität: legeres Polohemd mit V-Ausschnitt, Jeans und Sneakers, Alter: 37. Wir lernen: Das Klischee ist immer noch der größte Feind des Jounalisten.
Maier ist seit 2004 bei Thomas Krenn, seit 2006 kümmert sich der Schönberger als Vorstand um die strategische Ausrichtung des Unternehmens, das vor zehn Jahren so angefangen hat, wie einst Bill Gates mit Microsoft: „Unsere ersten Server haben wir in der Garage und auf dem Küchentisch zusammengebaut.“ Wir, das sind neben Maier die Gründer Max Wittenzellner und Thomas Krenn, beide ebenfalls aus der Region kommend. Sie haben geschafft, wovon viele Unternehmer träumen: Sie gehören heute zu den Global Player ihrer Branche.
„Ich sehe das immer etwas anders als die meisten Wirtschaftler“
Im Hog’n-Interview erzählt Christoph Maier worauf es ankommt, um auch fernab der Ballungsräume erfolgreich zu wirtschaften, welche Vor- und Nachteile die Region als Unternehmensstandort mit sich bringt und welchen Rat er Existenzgründern mit auf den Weg gibt, die das Abenteuer Selbständigkeit im Bayerwald heute wagen wollen.
Herr Maier, warum hat sich die Thomas Krenn AG damals für den Standort Freyung im tiefen und oft gescholtenen Bayerischen Wald entschieden?
Ich sehe das immer etwas anders als die meisten Wirtschaftler. Heutzutage, und speziell wenn man im Online-Bereich tätig ist, spielt der Standort so gut wie keine Rolle mehr. Ich denke kein Mensch weiß, wo der Online-Versand-Primus Amazon seinen Sitz hat – das interessiert auch niemanden, solange man als Kunde die Ware pünktlich geliefert bekommt. Deswegen ist die Frage nach dem Standort eher zweitrangig. Warum wir uns für Freyung entschieden haben?
Das hatte erstens mit den Mitarbeitern zu tun und zweitens mit dem Rückhalt, den wir von Seiten der Stadt Freyung bekommen haben. Wir Geschäftsgründer sind alle aus der Region, der eine aus Röhrnbach, der andere aus Waldkirchen bzw. Schönberg. Wir waren immer schon mit der Region fest verwurzelt und haben von Anfang an gesagt: Wir wollen hierbleiben. Vorteilhaft waren unter anderem die günstigen Quadratmeterpreise. Außerdem war uns wichtig: Wir wollten unsere Mitarbeiter nicht verlieren, durch die wir erst so weit gekommen sind (bevor die Firma nach Freyung umsiedelte, war sie u.a. in Waldkirchen und Röhrnbach ansässig – Anm. d. Red.).
Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Philosophie und der Mentalität des Unternehmens. Wenn wir uns Richtung Passau orientiert hätten, hätte das längere Anfahrtswege und höhere Kosten für sie zur Folge gehabt. Mit der Ansiedlung in Freyung fiel die langfristige Entscheidung für die Region. Auch ein Zeichen dafür, dass die wirtschaftlichen Bedingungen in unserem Raum nicht so schlecht sind, wie viele immer sagen …
„Der Gang nach Tschechien stand für uns nie zur Debatte“
Kann man als Firma heute im Bayerischen Wald überhaupt noch bestehen – fernab der Ballungsräume? Worauf kommt es an, um überlebensfähig zu sein?
Uns fragen viele Leute, warum wir nicht zwanzig Kilometer weiter östlich Richtung Tschechien gegangen sind, wegen der Steuervorteile, der geringeren Personalkosten usw. Das stand für uns jedoch nie zur Debatte. Wir haben gesagt, wir halten am Standort Freyung fest. Weil das hier die einzige Region ist, in der es möglich ist so zu produzieren, um in unserem IT-Sektor noch einigermaßen Gewinne zu erzielen. Je weiter es Richtung München geht, umso höher sind die Produktionskosten, umso geringer die Umsätze und umso weniger konkurrenzfähig sind wir. Und unsere Haupt-Konkurrenten sind nun mal namhafte Firmen wie HP oder Dell.
Unter welchen Nachteilen leidet die Region hier Ihrer Meinung nach am meisten?
Natürlich gibt’s auch einige Nachteile. Ein großes Problem ist der fehlende Nachwuchs. Es wird immer schwieriger gute Leute zu finden, in Freyung-Grafenau mehr als in Passau und München. Ein weiterer Nachteil war für uns die DSL-Internet-Anbindung. Wir hatten damals so unser Aha-Erlebnis: Als der Bau hier nämlich fast fertiggestellt war, wurde uns von der Telekom mitgeteilt, dass ein DSL-Anschluss in diesem Gewerbegebiet nicht verfügbar ist. Da wurde uns erst einmal heiß und kalt. Wir haben dann eine Standleitung legen lassen, vom B12-Kreisverkehr bis hier rauf – was uns irrsinnig viel Geld gekostet hat. Der Makel einer schlechten Internetanbindung haftet der Region immer noch an.
Beim Handy-Empfang haben wir auch noch häufig Probleme. Soweit wir das haben rausfinden können, hat angeblich die Telekom die Sendeleistung zurückgestuft – vermutlich aus Kostengründen. Unter anderem mit der Folge, dass unsere Alarmanlage permanent anschlägt, weil diese ja auch ein DSL-Modul integriert hat und bei fehlendem Empfang die Meldezentrale in Nürnberg kontaktiert. Das sind so Momente, in denen ich sage: In der Stadt wär’s da schon vorteilhafter. Aber, wie gesagt: Wir stehen trotz dieser Schwierigkeiten zum Standort Freyung-Grafenau. Und ich erkläre den Leuten auf der ganzen Welt immer noch mit Stolz, dass wir unseren Firmensitz in Niederbayern haben. Viele wissen zwar nicht, wo das ist, aber dann erklär ich’s ihnen eben …
Thomas Krenn feiert heuer zehnjähriges Firmenjubiläum. Wenn Sie zurückblicken: Was würden Sie nochmal genauso machen, was würden Sie anders machen?
Prinzipiell würden wir nichts anders machen. Weil woraus lernt man am meisten? Genau, aus Fehlern – die auch wir zu Hauf gemacht haben. Sie gehören einfach dazu, damit man Dinge künftig besser macht und sich weiterentwickelt. Ohne diese Fehler würden wir vermutlich nicht dort stehen, wo wir jetzt sind.