Zwiesel. Wenn der Stefan mit dem Jens eine Runde im Auto-Scooter dreht, sie durch gelbe 3D-Brillen die bunte Volksfest-Welt betrachten, sich am Zuckerwattestand mit allerlei Süßem eindecken und hinterher bei einer Maß Bier sich gegenseitig zuprosten – dann, ja dann ist Wahlkampf-Zeit! Ähm, wie bitte? Wahlkampf-Zeit? Grenzlandfest-Zeit müsste es doch eigentlich heißen, oder etwa nicht? Nein. Sie haben schon richtig gelesen. Den beiden Landratskandidaten Jens Schlüter (Bündnis 90/Die Grünen) und Stefan Ebner (CSU) zufolge muss die Wahlkampf-Zeit offenbar nicht dergestalt sein, dass sie sich in aller Regelmäßigkeit öffentlich bekriegen und nur auf den passenden Zeitpunkt warten, dem Gegenüber eins reinzuwürgen. Es geht auch anders.
„Wer hat den Durchblick? Jedenfalls haben mein Mitbewerber als Landrat Jens Schlüter und ich heute die Fahrgeschäfte am Grenzlandfest Zwiesel ausgiebig getestet“, schreibt Stefan Ebner anlässlich seines 3D-Brillen-Facebook-Posts am vergangenen Samstag, dem ersten Tag des Zwieseler Grenzlandfests. Umrahmt von ein paar Smileys und Emojis, wie man das eben so macht auf dieser Plattform. Schlüter teilt das Foto wiederum auf seiner privaten FB-Seite und fügt folgende Erklärung hinzu: „Autoscooter-Battle, Bälle werfen, Karussell… der gute, alte Wahlkampfdreikampf.“ Ebenfalls mit Zwinker-Smiley versehen, versteht sich.
„Das hat doch nichts mit Respekt zu tun“
Wenn sich die beiden Polit-Youngster auch auf politischer Ebene nicht immer ganz grün sein dürften – auf der zwischenmenschlichen Ebene scheinen der 37-jährige Schlüter und sein um ein Jahr jüngerer Kontrahent gewisse Gemeinsamkeiten zu besitzen. „Bei allen politischen Meinungsverschiedenheiten kann man sich ja trotzdem gut verstehen. Im Gegenteil, auf der Basis gemeinsamen Respekts kann man auch mehr für die Region heraus holen bzw. überhaupt mehr erreichen“, erwidert der Grünen-Kandidat auf einen Kommentar einer FB-Userin hin, die mit der Verbrüderungsaktion – im Gegensatz zur überwiegenden Mehrheit der Betrachter – augenscheinlich so gar nicht glücklich ist. „Warum macht ihr nicht gleich eine gemeinsame Liste, grüne und schwarze?“ heißt es von deren Seite weniger erfreut. Und weiter: „Wie soll der Wähler wissen wen er wählen soll, wer für was steht? Das hat doch nichts mit Respekt zu tun, sondern mit dem Profil einer politischen Partei bzw eines Kandidaten, der zur Wahl für das Amt des Landrates antritt. Das sind mit Sicherheit die falschen Botschaften für den Wähler.“
Doch ist das wirklich so? Weiß der Wähler nach so einer Aktion tatsächlich nicht mehr, für was der „grüne Schlüter“, für was der „schwarze Ebner“ steht? Wird das politische Profil dadurch wirklich verwässert? Wohl kaum. Denn – auch wenn dies in der heutigen Zeit als schier unmöglich betrachtet werden dürfte: Auch Politiker haben ein Recht auf Privatleben, in dessen Rahmen sie tun und lassen können, was sie wollen – und sich mit wem auch immer treffen und eine Maß Bier trinken können…
Bürgermeister im Urlaub auf Grenzlandfest gesichtet
Einer, der bis dato ebenfalls nur als Privatmann auf dem Grenzlandfest in Erscheinung getreten ist: Zwiesels Bürgermeister Franz Xaver Steininger. Er hat sich zwischen dem 10. und 30. Juli seinen sicherlich wohl verdienten Urlaub eingetragen, wie er relativ kurzfristig ein paar Tage vorher den Zwieseler Stadträten gegenüber bekanntgab. Vertreten wird er in dieser Zeit durch zweite Bürgermeisterin Elisabeth Pfeffer und seinen zweiten Stellvertreter Alfred Zellner.
Auf unsere (naive) Vorab-Nachfragen hin, warum sich die freien Tage des Rathaus-Chefs mit der Volksfestzeit überschneiden, ob er dennoch als Bürgermeister daran teilnehmen und den offiziellen Bieranstich zur Eröffnung des Festes übernehmen werde, gerät Steininger, wie er sagt, in vorurlaubliches Erstaunen. Seine wenig humorige Antwort: „Die Definition von Urlaub sollte auch Ihnen geläufig sein, insofern verstehe ich Ihre Fragen nicht wirklich. Da es bei mir nicht anders ist als bei allen anderen vor dem Urlaub auch, nämlich dass vorher noch viel abzuarbeiten ist, sehe ich das Thema hiermit erledigt.“
Danach gefragt, ob er es nicht als seine Pflicht ansehe als Bürgermeister am traditionellen Grenzlandfest teilnzunehmen, entgegnet er (unserer Interpretation nach) dünnhäutig mit folgenden Worten: „Für die Prüfung und Beurteilung von Pflichtverletzungen der Landkreisbürgermeister ist die Kommunalaufsicht des Landkreises Regen zuständig. Bitte wenden Sie sich bei Bedarf vertrauensvoll an Frau Verwaltungsamtsrätin Feldigel.“
Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Der nächste Urlaub kommt bestimmt!
da Hog’n