Röhrnbach/Freyung. Die Tat an sich war relativ schnell geklärt, der Angeklagte zeigte sich geständig. Dennoch gestaltete sich für die Beteiligten die Verhandlung am Freyunger Amtsgericht alles andere als unkompliziert. Da es sich sowohl beim Beschuldigten als auch bei den Zeugen um polnische Staatsbürger handelte, die in Röhrnbach ihrer Arbeit nachgehen und gemeinsam in einem Wohnheim leben, musste eine Dolmetscherin sämtliche Befragungen beidseitig übersetzen. Glücklicherweise verliefen die Anhörungen reibungslos: Der 19-Jährige wurde wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen verurteilt. Dass er damit einverstanden war, bewies die Tatsache, dass er sogleich auf eine Revision oder Berufung verzichtete. Das Urteil ist somit rechtskräftig.
Was war geschehen? Am Samstag, 1. Oktober 2016, soll der Angeklagte zuerst einen Arbeitskollegen im Wohnheim in Röhrnbach mit der Faust ins Geschicht geschlagen, ihn etwas später zu Boden geworfen und schließlich mit Fußtritten traktiert haben. Eine Kieferprellung, ein verlorener und ein gebrochener Zahn sowie Verletzungen am Rücken hatte die Schlägerei beim Geschädigten zur Folge. Dieser erschien jedoch – trotz Vorladungen in polnischer und deutscher Sprache – nicht, sodass der zweite Teil der Anklage eingestellt werden konnte. Für die Fußtritte nämlich gibt es keine Indizien oder Augenzeugen. „Dieser Vorwurf stimmt auch gar nicht“, ließ der Angeklagte durch die Übersetzerin mitteilen. „Er ist alkoholisiert die Treppe runtergestürzt. Daher rühren seine Verletzungen.“
Aggressive Stimmung gepaart mit Alkohol
Generell spielten Schnaps und Bier an jenem Feierabend im vergangenen Jahr eine große Rolle. So konnte der Angeklagte nach dem Vorfall nicht von der Polizei vernommen werden, „da dieser nicht mehr aus seinem alkoholbedingten Tiefschlaf geweckt werden konnte“, bezeugte der zuständige Beamte vor Gericht. Erst im Laufe der weiteren Ermittlungen konnte der genaue Tatvorgang rekonstruiert werden. Dieser wurde vor Gericht vom 19-Jährigen sowie von den beiden Zeugen (31 und 33) bestätigt: Der Geschädigte soll den Beschuldigten massivst provoziert, ihn aufgrund seiner schmächtigen Statur gedemütigt haben. Der Angeklagte reagierte darauf mit „einem, oder zwei“ Faustschlägen in den Nasen- und Mundbereich seines Kontrahenten. Der 33-jährige Zeuge trennte eigenen Aussagen zufolge die Streithähne, bevor es zu weiteren Handgreiflichkeiten gekommen sei. Sein 31-jähriger Arbeitskollege hätte am 1. Oktober bereits längere Zeit beobachtet, dass der Geschädigte sehr aggressiv war und den Angeklagten immer wieder beleidigte. Von der Tat selbst habe er jedoch nichts mitbekommen, da er den Raum zuvor verlassen hatte.
Angeklagter ist ein bisher unbeschriebenes Blatt
Der Angeklagte, der seit Juni 2016 in Deutschland arbeitet und regelmäßig in seine polnische Heimat zurückkehrt, zeigte sich geständig. Die „positiven“ Seiten: Er war alkholisiert, wurde provoziert und hatte keine Vorstrafen. Jedoch führte sein Faustschlag zu erheblichen Verletzungen im Gesicht des Geschädigten, die auf Bildern dokumentiert worden sind – die „negativen“ Aspekte. Richter Klaus Fruth verhing unter Berücksichtigung all dieser Gegebenheiten letztlich eine Strafe von 60 Tagessätzen – etwas weniger, als die Staatsanwältin gefordert hatte.
da Hog’n