Eppenschlag. Treffpunkt: Rathaus, Schönberg. Im Rahmen seiner Interviewserie mit den Bürgermeistern des Landkreises Freyung-Grafenau möchte das Onlinemagazin „da Hog’n“ auch mit Christian Süß (CSU) über „seine“ Gemeinde Eppenschlag sprechen. Der zeitliche Termin ist schnell vereinbart – etwas Schwierigkeiten gibt es jedoch hinsichtlich der Örtlichkeit, denn: Der 45-Jährige verfügt über kein eigenes Amtszimmer, kein eigenes Rathaus, keine eigene Verwaltung. Deshalb findet das Gespräch in den Räumen der Verwaltungsgemeinschaft Schönberg im Rathaus der Markgemeinde statt. Dort teilt sich Süß mit seinen Kollegen Martin Geier (Schöfweg) und Josef Kern (Innernzell) ein Büro.
Im Hog’n-Interview spricht Eppenschlags Bürgermeister Christian Süß über die Alleinstellungsmerksmale seiner Kommune, wozu u.a. auch der örtliche Wintersportverein gehört. Außerdem thematisiert der Berufschullehrer für Elektrotechnik das Verhältnis zu seinem Vorgänger Karl Reith, der mehr als 35 Jahre im Amt war, und erklärt, welche Rolle die Parteipolitik im örtlichen Gemeinderat spielt.
„Ab und zu wäre es besser, ein eigenes Amtszimmer zu haben“
Als politisches Oberhaupt der Gemeinde Eppenschlag haben Sie weder eine eigene Verwaltung noch ein eigenes Rathaus. Herr Süß, fühlen Sie sich überhaupt als vollwertiger Bürgermeister?
Doch, ja. Das Büro in Schönberg bringt einige Vorteile mit sich: Hier habe ich etwa die jeweiligen Fachleute in meiner unmittelbaren Nähe. Auf ihre Hilfe bin ich genauso angewiesen, wie jeder andere Bürgermeister innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft auch. Das gemeinsame Büro mit Martin Geier und Josef Kern hilft uns darüber hinaus bei der gemeinsamen Bewältigung diverser Probleme. Martin Pichler sitzt auch noch nebenan – wir sind im ständigen Austausch und können viele Themen miteinander bearbeiten.
Die Außenstelle der Verwaltung in Eppenschlag ist im Januar 2014 endgültig geschlossen worden, weil sie sich schlichtweg nicht mehr rentiert hatte. Viele Termine versuche ich seitdem vor Ort in meiner Heimatgemeinde zu erledigen. Manchmal finden wichtige Gespräche auch bei mir zu Hause statt. Zugegeben: Ab und zu wäre es schon besser, wenn ich ein eigenes Amtszimmer hätte. Aber es ist so, wie es ist – und ich fühle mich sehr wohl als vollwertiger Bürgermeister.
Dieses Amt bekleiden Sie ehrenamtlich. Im „normalen“ Berufsleben sind Sie Berufschullehrer für Elektrotechnik in Deggendorf. Welche Parallelen erkennen Sie zwischen Schule und Rathaus?
In beiden Fällen habe ich mit vielen, teilweise sehr unterschiedlichen Charakteren zu tun, mit denen ich mich arrangieren und zusammenarbeiten muss. Generell ist das Zusammenspiel von Bürgermeister- und Lehrerberuf eine Sache der Organisation – manchmal ist es stressiger, manchmal relativ entspannt. Alles in allem macht mir diese Konstellation aber sehr viel Spaß.
2013 sind Sie außertourlich zum Bürgermeister gewählt worden, weil Ihr Vorgänger Karl Reith krankheitsbedingt zurücktreten musste. Dieser war eine halbe Ewigkeit Chef der Gemeinde Eppenschlag – ein kommunalpolitisches Urgestein. Große Fußstapfen, oder?
Absolut. Es klingt komisch, aber: Sprechen mich Leute auf der Straße an und es geht um den Eppenschlager Bürgermeister, ist das – auch für mich – noch immer Karl Reith. Natürlich habe dessen Aufgaben nun ich übernommen. Natürlich bin inzwischen ich im Amt. So ganz haben wir diesen Wechsel auf dem Rathaus-Sessel aber noch nicht verinnerlicht. Immerhin war Karl Reith nach mehr als 35 Jahren plötzlich nicht mehr da.
„Spricht man über den Bürgermeister, ist das noch immer Karl Reith“
Ist Ihr Vorgänger weiterhin die treibende Kraft im Hintergrund?
Er ist auf alle Fälle ein wichtiger Ratgeber, der mir immer mit Tipps zur Seite steht. Ich habe seine volle Unterstützung. Ich denke auch, dass sich einige Bürger weiterhin mit ihren Problemen an ihn wenden. Das heißt aber nicht, dass ich übergangen werde. Im Gegenteil. Das Verhältnis zwischen mir und Karl Reith ist sehr gut.
Sie sind also eine Art Ziehsohn von Karl Reith?
Kann man so sagen, ja. Relativ schnell nach seiner letzten Wiederwahl hat er ja bekannt gegeben, dass das seine letzte Amtsperiode sein wird. 2014 wäre für ihn definitiv Schluss gewesen. Deshalb ist der Übergang nach seinem vorzeitigen Abschied auch ziemlich reibungslos verlaufen.
Was reizt Sie am Amt des Bürgermeisters?
Die Abwechslung und Vielfältigkeit, das Arbeiten vor der eigenen Haustüre, das Mitgestalten der eigenen Heimat. Ich bin gerne unter Menschen. Deshalb ist es eine tolle Sache, dass ich gleichzeitig Lehrer und Bürgermeister sein darf.
Sie wirken sehr zufrieden. Ist die Welt in Eppenschlag – mit weniger als 1.000 Einwohnern eine der kleinsten Kommunen im Landkreis Freyung-Grafenau – noch in Ordnung?
(lacht) Im Großen und Ganzen trifft das wirklich zu. Der Zusammenhalt und das Vereinsleben sind in unserer Gemeinde sehr stark ausgeprägt. Ich denke da nur an das Pfingstfest, das von den beiden größten Vereinen der Gemeinde, der Feuerwehr und dem WSV, gemeinsam ausgerichtet wird, in der Region sehr bekannt ist und immer gut ankommt.
Welche Rolle spielt in einer solch rührigen Gemeinschaft überhaupt die Politik?
Im Gemeinderat ist die Parteizugehörigkeit Nebensache. Jedes Mitglied äußert frei und offen seine Meinung – ohne parteipolitischen Hintergrund. Weil unsere finanzielle Situation angespannt ist, ist der Handlungsspielraum hinsichtlich größerer Investitionen ohnehin etwas begrenzt.
„Ich bin nicht der Typ, der sich selber ein Denkmal setzen will“
Dann ist es ja fast schon langweilig, Bürgermeister der Gemeinde Eppenschlag zu sein, oder?
Nein, nein. Das heißt ja nicht, dass es in den Sitzungen und auch innerhalb der Dorfgemeinschaft zu keinen Diskussionen kommt. Die Sanierung des sogenannten Haus der Bäuerin, unser Gemeindehaus, steht demnächst an. Über das KIP haben wir eine entsprechende Förderung bekommen. Und da wird nun natürlich fleißig diskutiert, wie das Gebäude umgebaut und gestaltet werden soll.
Gerade in einer solch kleinen Kommune ist es schwierig, kreativ zu sein, oder?
Ich bin generell nicht der Typ, der sich selber ein Denkmal setzen will. Mein Traum, wenn man es so nennen möchte, sind steigende Einnahmen. Deshalb wäre ein Gewerbegebiet ein lohnenswertes Ziel. Das ist allerdings ein Thema, das nicht von heute auf morgen erledigt werden kann. Hier heißt es: Dranbleiben.
Hand aufs Herz: Besteht die Gefahr, dass Eppenschlag irgendwann komplett von Schönberg „geschluckt“ wird?
Solange ich Bürgermeister bin, sicherlich nicht. Dagegen wehre ich mich mit Händen und Füßen. Natürlich ist jede Gemeinde auf sein eigenes Wohl bedacht, wobei man nicht zu kleinkariert denken darf. Die Verwaltungsgemeinschaft und – auf nächster Ebenen die ILEs – sind wichtige Organisationen, die einige Vorteile mit sich bringen. Nur gemeinsam kann man effektiv arbeiten, das dürfte klar sein. Trotzdem darf man das Wohl der eigenen Gemeinde nicht außer Acht lassen.
Wie bewerten Sie dann die Diskussionen rund um die Schließung des Krankenhauses Waldkirchen?
Für mich war der Aufruhr in Waldkirchen unverständlich. Wir müssen die Haushaltskonsolidierung vorantreiben – mit allen Konsequenzen. Nur so ist die Zukunft unseres Landkreises überhaupt gesichert. Ich wäre sogar noch einen Schritt weitergegangen und hätte mich auf einen Krankenhaus-Standort in FRG konzentriert. Das würde nicht nur unsere Kreis-Kasse entlasten, sondern durch die Zentralisierung auch die Qualität der medizinischen Versorgung verbessern.
„Florian Graf ist ein Werbeträger – für die Gemeinde und die Region“
Themawechsel: Eppenschlag ist bekannt für seinen Wintersportverein. Der WSV hat inzwischen über 600 Mitglieder. Welche Rolle spielt dieser Verein innerhalb der Gemeinde?
Der WSV ist eine sehr engagierte und rührige Gemeinschaft, die sowohl sportlich als auch gesellschaftlich sehr wichtig ist. Kurz: Eppenschlag ist der WSV.
… und der erfolgreiche Biathlet Florian Graf ist praktisch das Aushängeschild des Vereins und der Gemeinde?
Florian Graf ist ein großartiger Werbeträger – nicht nur für die Gemeinde, sondern für die gesamte Region.
Wie kann man als Gemeinde einen solch erfolgreichen Sportler unterstützen?
Finanziell ist das nur sehr schwierig, weil, wie vorher bereits angesprochen, die Gemeinde nicht besonders viel Geld auf der Seite hat. Wir können allerdings dafür sorgen, dass der Verein die Rahmenbedingungen dafür stellt, diese Sportler entsprechend zu fördern.
Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer