Zwiesel/Freyung. „Einen Eintrag im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler (BdSt) zu bekommen, ist nichts, worüber sich verantwortliche Führungskräfte freuen können“, kommentiert Zwiesels Bürgermeister Franz Xaver Steininger gegenüber dem Hog’n. „Fernwärmeprojekt wird zum Draufzahlgeschäft“, ist auf der Website des BdSt zu lesen. Eine Nachricht, die für die Glasstadt alles andere als werbeträchtig ist. Und auch die Ilztalbahn (ITB) hat’s mit einem Eintrag erwischt: Konkret geht es um die Anschlusslinie der Ilztalbahn, die über die deutsch-tschechische Grenze führt. Nach den Angaben des Schwarzbuchs führt der Betrieb der grenzüberschreitenden Linie zu einem erheblichen Defizit, da nur wenige Fahrgäste diesen Bus nutzen. Unter anderem MdL Bernhard Roos teilt dies im Rahmen einer Pressemeldung mit.
Die Einträge im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler im Überblick:
- Fernwärme Zwiesel
„Einen Reinfall erlebten die Stadtwerke Zwiesel, ein Eigenbetrieb der Stadt Zwiesel, mit ihrem Fernwärmeprojekt. Anstatt damit Geld zu verdienen, wurde es zu einem Verlustgeschäft in Millionenhöhe“, heißt es auf der Internetseite des Bundes der Steuerzahler. Wie auch schon der Hog’n berichtet hatte, sind in der Glasstadt Fernwärmeleitungen verlegt worden, die nicht zwingend notwendig gewesen wären. Im Eintrag auf schwarzbuch.de heißt es weiter: „Für das Leitungsnetz wurden weit mehr als zwei Mio. Euro verbaut, wovon nach Abzug staatlicher Zuschüsse ca. 1,7 Mio. Euro bei der Stadt Zwiesel verbleiben.“ Über eine Million Euro habe dieses Projekt die Stadt bisher gekostet – diese Summe steigt mit jedem Jahr weiter an. Und offenbar habe man in Zwiesel laut BdSt nichts aus diesem „Draufzahlgeschäft“ gelernt: Eine Einstellung des Betriebszweiges „Fernwärme“ werde nach wie vor von einer großen Mehrheit der Werkausschussmitglieder und auch vom Stadtrat abgelehnt.
„Ein dunkles Kapitel der Zwieseler Parteipolitik“
Auf Nachfrage des Onlinemagazins da Hog’n erklärt Bürgermeister Franz Xaver Steininger, dass „in der Rüge keine neuen Erkenntnisse stehen, insofern ist der Text als fachlich und sachlich richtig zu bewerten“. Das Zwieseler Stadtoberhaupt spricht von einem „dunklen Kapitel der Zwieseler Parteipolitik“ und fordert, dass die „jetzt noch aktiven Stadtratsmitglieder, die nach wie vor Verantwortung tragen, Charakter zeigen sollen und ihre persönlichen Konsequenzen aus dem Finanzdesaster ziehen“. Wie der Bund der Steuerzahler auf das „Millionengrab Fernwärme“ aufmerksam geworden ist, kann sich Steininger nicht erklären – nur so viel: „Selbstredend gibt es Vermutungen, aus welcher Gruppe diese Hinweise stammen könnten, Vermutungen werde ich jedoch nicht öffentlich äußern.“
- Ilztalbahn:
Nach Meinung des Bundes der Steuerzahler sei der eingesetzte Bus im deutsch-tschechischen Grenzgebiet ein erhebliches Minusgeschäft, weil dieser oft als „Geisterlinie“ unterwegs sei. SPD-MdL Bernhard Roos allerdings verteidigt dieses Angebot – und begründet dies wie folgt: „Unsere grenznahe Region lebt vom Austausch mit unseren Nachbarn Österreich und Tschechien. Die Infrastruktur zu Tschechien ist geschichtlich bedingt deutlich schwächer als zu Österreich. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, uns um ein ähnlich erfolgreiches Verhältnis wie zu Österreich zu bemühen.“ Es sei nicht die Schuld des Landkreises Freyung-Grafenau, dass vor Jahrzehnten zur Zeit des Kalten Krieges die Gleise zwischen Waldkirchen und Nové Údoli entfernt wurden.
Verständnislos ob der Erwähnung im „Schwarzbuch“ zeigt sich auch Hermann Schoyerer von der Ilztalbahn. „Man sollte denjenigen, die hier mit dem Finger zeigen, mal vorrechnen, was sich die öffentliche Hand durch diese ehrenamtliche Arbeit bereits alles gespart hat. Das ist für mich das Gegenteil von Steuerverschwendung.“ Würde nur ein Bruchteil der „vergeudeten“ Gelder in eine verständliche Bewerbung der Möglichkeiten einer verzahnten Mobilität gehen, wäre der Bayerische Wald laut Schoyerer in Sachen Tourismus und klimaneutraler Fortbewegung längst da, wo viele andere Regionen bereits sind. Zudem sei die deutsch-tschechische Buslinie 26 Jahre nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ eine wichtige, völkerverständigende Angelegenheit. Zusammenfassend stellt Hermann Schoyerer fest: „Man fühlt sich als unfreiwilliger Komparse in einen surrealen Film versetzt.“
Bernd Sluka: „Der BdSt übertreibt schamlos“
Ilztalbahn-Fördervereinsvorsitzender Michael Liebl stellt gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n fest, dass dem BdSt zwei wesentliche Fehler bei der Berechnung unterlaufen sind. Einerseits würden sich die genannten Summen nicht auf den Verkehr zwischen Waldkirchen und Nové Údoli beziehen, sondern auch die Verbindung vom Freyunger Bahnhof zum Nationalpark umfassen. Andererseits: „Für das Jahr 2016 sind im Landkreis-Haushalt dafür Kosten von 52.000 Euro abzüglich der Fahrgeldeinnahmen eingeplant. Die Behauptung, FRG bleibt beim Betrieb der Anschlusslinie auf einem jährlichen Defizit von mehr als 68.000 Euro sitzen, ist also falsch.“ In eine ähnliche Kerbe schlägt Bernd Sluka vom Verkehrsclub Deutschland (Landesverband Bayern und Kreisverband Passau/Freyung-Grafenau): „Der Bund der Steuerzahler übertreibt schamlos und vergisst das Gesamtbild zu betrachten.“
da Hog’n