Regen. Erst kürzlich hat der Landkreis Regen seinen Haushalt für das Jahr 2016 verabschiedet: Der Verwaltungshaushalt liegt bei rund 71,7 Millionen Euro, der Vermögenshaushalt bei 14,13 Millionen Euro. Vor allem aufgrund der Flüchtlingsproblematik wird der diesjährige Finanzplan als „Rekord“ in die Geschichte eingehen. Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ spricht Landrat Michael Adam über die aktuelle finanzielle Lage des Landkreises Regen. Insbesondere geht er dabei auf die unerwartet hohen Ausgaben im Bereich des Jugendamtes und die Erweiterung des Landratsamtes in der Poschetsrieder Straße in Regen ein.
„Auch die Einnahmeseite ist hervorragend“
Herr Adam, wie würden Sie die aktuelle finanzielle Lage des Landkreises Regen mit einem Wort beschreiben?
Solide.
Wie ist es konkret um die Regener Finanzen bestellt?
Im Landkreis Regen wird traditionell sehr sparsam gewirtschaftet. Wir haben etwa die niedrigsten Personalkosten pro Einwohner in Niederbayern. Insofern ist es noch gut um unsere Finanzen bestellt. Wenn wir aber auf die prognostizierten Ausgaben der kommenden Jahre blicken, dann sieht die Situation leider anders aus. Wir stehen vor der Herausforderung, weiter in Pflichtaufgaben zu investieren und dennoch die Schuldenlast überschaubar zu lassen.
Einen Verwaltungshaushalt mit 71,7 Millionen Euro, einen Vermögenshaushalt mit 14,13 Millionen Euro – der Kreistag hat einen Rekordhaushalt verabschiedet. Inwiefern darf man von „Rekord“ sprechen?
Letztlich wurde der Haushalt durch die aktuelle Flüchtlingslage so aufgebläht. Da fließen einige Millionen an Leistungen durch, die der Landkreis vom Staat wiederbekommt, also nicht selbst aufwenden muss. Aber auch jenseits dieses Themas wurde noch nie zuvor so viel Geld umgesetzt. Wobei auch die Einnahmeseite hervorragend ist.
„Wir erhöhen maßvoll, aber mit Blick in die Zukunft“
Eine große Unbekannte sind die hohen Ausgaben im Bereich des Jugendamtes. Wie erklären Sie sich diese?
Die ist uns allen derzeit eigentlich unerklärlich. Wir liegen im Landkreisvergleich in Bayern immer noch gut, sind im Ranking aber abgerutscht. Ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass wir hier Unnötiges leisten, aber nachdem wir nicht ganz nachvollziehen können, warum die Ausgaben stark steigen, vor allem im Vergleich zu umliegenden Landkreisen, haben wir beschlossen, dass sowohl der Kreisrechnungsprüfer als auch der kommunale Prüfungsverband sich ein detailliertes Bild macht und die Situation dahingehend prüft, ob Einsparpotenzial besteht.
In Folge der gestiegenen Ausgaben wird die Kreisumlage von 48 auf 49 Prozent erhöht. Entledigt man sich hier eines Problems auf Kosten der Kommunen?
Im Gegenteil, wir sind bisher immer partnerschaftlich mit den Kommunen umgegangen. Ich kann für die breite Mehrheit im Kreistag sprechen, die Gemeinden und ihr Wohlergehen liegen uns am Herzen. Wir erhöhen maßvoll, aber mit Blick in die Zukunft. Hätten wir heuer auf eine Erhöhung verzichtet, wäre im kommenden Jahr eine deutliche Erhöhung notwendig. Letztlich tut der Landkreis auch viel für seine Kommunen, was über die Pflichtleistungen hinausgeht. Und ich denke, dass den Gemeinden auch klar ist, dass man nicht einerseits Landkreisleistungen einfordern kann, sie andererseits aber nicht bezahlen will.
Kreisrat Muhr sprach sich für eine Erweiterung des Landratsamtes aus, weil dies „aus allen Nähten platzt“. Ist dies eine realistische Forderung?
Die Forderung ist nicht nur realistisch. Im Kreistag herrscht große Einigkeit darüber, dass ein Anbau unausweichlich ist. Wir sind auch unseren Mitarbeitern gegenüber in der Pflicht. Es gibt derzeit zu wenig Büros im Hauptgebäude. Und in den Außenstellen, wie etwa dem Gesundheitsamt, herrscht ebenfalls Platzmangel. Dort arbeitet eine Mitarbeiterin sogar in einer umgebauten Toilette. Nach Berechnungen unseres Architekten ist die notwendige Sanierung des Gesundheitsamtes nicht mehr wirtschaftlich. Deshalb hat er zu einem Neubau geraten. Für das Veterinäramt hat der Landkreis ein Gebäude gemietet. Und deshalb ist jetzt die Gelegenheit günstig, mit einem Anbau an das Hauptgebäude auch die Außenstellen aufzulösen.
„Ich muss klarstellen, dass der Bürger auf nichts verzichten muss“
Obwohl – aufgrund der hohen Ausgaben – Neuinvestitionen vorerst auf Eis gelegt sind, fordert Kreisrat Rankl darüber hinaus, dass Senioren ab 75 Jahren den ÖPNV kostenlos nutzen dürfen. Ihre Meinung zu diesem Vorschlag?
Über diese Forderung muss man wissen, dass der Kollege Rankl nur wenige Sätze zuvor in seiner Haushaltsrede für die GFW-Fraktion die Landkreisverwaltung dazu aufgefordert hat, freiwillige Leistungen tunlichst zu begrenzen. Insofern war die Rede widersprüchlich. Grundsätzlich halte ich solche Ansätze schon für denkbar. Im Nachbarlandkreis Deggendorf dürfen Senioren, die freiwillig den Führerschein abgeben, kostenlos den ÖPNV nutzen. Bevor wir solche Ideen aber beschließen, müssen wir prüfen, wie viel uns dies kosten würde. Denn bei allen Ausgaben müssen wir den Haushalt im Blick haben.
Wie werten Sie die ablehnende Haltung der ÖPD-Fraktion?
Ich finde es schade, dass ein ganzer Haushalt abgelehnt wurde, nur weil man zuvor in zwei Abstimmungen über zwei Einzelposten (Wiesenengel, Erhöhung Förderung Glassymposium Frauenau; Anmerk. d. Red.) keine Mehrheit gefunden hat. Wegen zwei Ausgaben, die zusammen nicht einmal 0,002 Prozent des Haushaltsvolumens ausmachen, wurde ein Haushalt von über 88 Millionen Euro abgelehnt. Dabei haben sogar die Grünen zugestimmt, die ebenfalls diese Haushaltsposten abgelehnt haben.
Wie schon zuvor angesprochen sollen neue Projekte vorerst hintangestellt werden. Man muss sparen. Wie darf man sich das in der Praxis vorstellen?
Ich muss hier klarstellen, dass der Bürger auf nichts verzichten – nur auf manches vielleicht länger warten muss. Einsparungen sind im Bereich der Investitionen geplant. Die Einrichtungen, für deren Sanierung in den nächsten Jahren Geld ausgegeben wird, existieren aber bereits alle. Sie können auch bereits heute genutzt werden. In anderen Bereichen, wie etwa im ÖPNV erhöht der Landkreis zu Gunsten der Bürger seine Ausgaben. Allein bei Bus und Bahn um mehr als 800.000 Euro im Vergleich zum Vorjahr.
Vielen Dank für das Interview.
Interview: Helmut Weigerstorfer
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