Wien. Von der im Sommer vorherrschenden Willkommenskultur ist kaum mehr etwas übrig. Dieser Eindruck entsteht vor allem dann, wenn man Kommentare und Postings, aber auch Artikel in sozialen Netzwerken verfolgt. So stark können der Facebook-Algorithmus und die eigene Timeline gar nicht sein, um nicht regelmäßig auf Hasstiraden oder Falschmeldungen über Flüchtlinge zu stoßen. Von Vergewaltigungen, Diebstählen, Schlägereien, Integrationsunwilligkeit und einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung ist da zu lesen.
Blick über den Computerbildschirm hinweg mag hilfreich sein
Klar, manche Meldungen entsprechen der Wahrheit, das steht außer Frage. Aber gesamt betrachtet müsste man annehmen, dass sich das Zusammenleben in den vergangenen Monaten vehement verschlechtert und die Mehrheit der Menschen – geflüchtete wie einheimische – ihr Verhalten rigoros geändert hat. Doch ändert sich die Einstellung der Bevölkerung tatsächlich? Ist von der anfänglichen Begeisterung, dem Willen und Mut zur Veränderung und Integration sowie der vielzitierten Willkommenskultur wirklich kaum noch etwas vorhanden? Ein Blick über den Computerbildschirm hinweg mag da vielleicht hilfreich sein.
Denn viele Menschen engagieren sich weiterhin freiwillig, unterrichten Deutsch, unternehmen Ausflüge und geben den Neuangekommenen Hilfestellungen im täglichen Leben. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis werden diese Personen immer mehr. Seit viele Gemeinden Flüchtlinge untergebracht haben, kommen mehr Einheimische in direkten Kontakt mit den Asylwerbern und lernen sie – trotz mancher Unstimmigkeiten – als „ganz normale“ Menschen kennen.
Tue Gutes und rede darüber. Immer und immer wieder!
Die Freiwilligen besuchen Flüchtlinge in Notunterkünften, werden zu Freunden und leisten dadurch einen wichtigen Beitrag fürs Zusammenleben und in weiterer Folge vielleicht auch für weniger Hetze. Doch das kommt gefühlt kaum mehr zur Sprache. Schon gar nicht bei Stammtisch-Diskussionen – oder eben in den (sozialen) Medien.
Wir sollten uns genau deshalb die Taktik der Hass- und Hetzposter und der vermeintlichen „Mehrheit“ der Gesellschaft zu Herzen nehmen – und verstärkt über positive Erlebnisse und Ereignisse mit Flüchtlingen berichten, um all den negativen Meldungen etwas entgegensetzen zu können. Frei nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber. Immer und immer wieder!
Kommentar: Magdalena Schluckhuber
Unsere Gast-Kommentatorin ist 26 Jahre alt. Sie lebt in der österreichischen Landeshauptstadt Wien, wo sie an der dortigen Fachhochschule für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit tätig ist. Magdalena Schluckhuber engagiert sich seit mehreren Monaten für geflüchtete Menschen – nicht nur in Wien, sondern auch an ihrem Heimatort in Oberösterreich.