Waldkirchen. Mittelschule, Realschule – und dann? Ab in die Lehre? Oder doch lieber noch ein paar Jahre die Schulbank drücken? Vor dieser Entscheidung sind bereits etliche junge Menschen gestanden, die sich Gedanken über ihren schulisch-beruflichen Werdegang machten. Am Staatlichen Beruflichen Schulzentrum Waldkirchen gibt es die Möglichkeit, entweder die Berufsoberschule (BOS) oder die Fachoberschule (FOS) zu absolvieren. Wir haben uns mit drei ehemaligen“FOS’lern“ unterhalten und nachgefragt, an welche Momente ihrer Schulzeit sie sich gerne erinnern. Außerdem wollten wir von ihnen wissen, was sie an der Fachoberschule besonders geschätzt haben.
Juliane Geier: „Mit einem FOS-Abschluss bleibt man flexibel“
Auch wenn der Ausdruck manchmal recht floskelhaft daherkommen mag und man ihn wohl ohne Weiteres in der Politiker-Schublade für blumige Worthülsen ablegen könnte: Die „Karriere dahoam“ ist möglich. Bewiesen hat dies Juliane Geier aus Perlesreut. Die 28-Jährige ist seit wenigen Monaten Gruppenleiterin in der Personalabteilung des Wohnwagen-Herstellers Knaus Tabbert im Stammwerk Jandelsbrunn. Klar, ein bisschen Glück hat schon auch dazu gehört, dass es die 28-Jährige beruflich wieder in die Heimat verschlagen hat: Aufgrund der Schwangerschaft ihrer Vorgängerin ist ein Platz für sie frei geworden.
2003 kam Juliane Geier an die Fachoberschule Waldkirchen. Sie entschied sich für den wirtschaftlichen Zweig – und hat vom ersten Moment an die „tolle Klassenkameradschaft“ zu schätzen gewusst. Den Praxisteil ihrer Schulzeit hat sie in besonders guter Erinnerung behalten. Für den zweiwöchigen Wechsel zwischen Schulbank und Unternehmen in der 11. Klasse findet sie heute ausschließlich lobende Worte: „Ein toller Einblick in die Berufswelt.“ Ebenso positiv äußert sie sich über die angebotenen Fächer, die praxisbezogener waren als am Gymnasium, von wo aus sie an die FOS gewechselt war.
Den großen Vorteil dieser Schulart sieht sie in deren Flexibilität: Nach der Fachoberschule könne man sich immer noch entweder für eine Ausbildung oder ein Studium entscheiden – der Weg sei noch nicht so vorgezeichnet wie bei anderen Bildungswegen. Ein Grund, weshalb Juliane Geier auch noch das allgemeine Abitur in Deggendorf dranhängen konnte. „Und wenn man in der Jugend a bisserl fauler war, kann man trotzdem noch eine zum Abi gleichwertigen Abschluss schaffen.“
Die Verbindung zur Fachoberschule Waldkirchen hat sie auch über die beiden Jahre hinaus, während ihres BWL-Studiums an der Uni Passau, gehalten. Ihr ehemaliger Lehrer hatte sie gefragt, ob sie seinen FOS-Schülern Nachhilfe-Unterricht in Mathematik geben möchte – weshalb sie in der studienfreien Zeit mehrmals die Woche nach Waldkirchen gependelt ist. Über den Umweg Rosenheim, wo sie drei Jahre lang für einen IT-Dienstleister tätig war, führte schließlich ihr Weg zurück in den Woid – ganz nach ihrem eigenen Wunsch und dem ihres Lebensgefährten. „Am Gymnasium Grafenau fand eine Infoveranstaltung mit mehreren Unternehmen statt – und ich habe mich am Stand von Knaus Tabbert vorgestellt.“
Max Licata: „Eine sehr gute Basis fürs Maschinenbau-Studium“
„Ja, das war eine schöne Zeit damals an der FOS“, erinnert sich Max Licata, Niederlassungsleiter der Passauer TÜV-Süd-Auto-Service-GmbH, gerne an die Jahre an der Waldkirchener Fachoberschule zurück. Mit erst 29 Jahren ist er derzeit für rund 100 Mitarbeiter – verteilt auf 14 Prüfstellen im Raum Passau und Straubing – verantwortlich. Eine „steile Karriere“, die der gebürtige Dreiflüssestädter da hingelegt, wie man umgangssprachlich so schön sagt.
Nach einem ersten Kurz-Intermezzo am Gymnasium ging’s zunächst „zurück“ an die Realschule – und von da, im Jahr 2005, auf die FOS in Waldkirchen. Nach dem Abschluss folgte ein klassisches Maschinenbau-Studium in Deggendorf, das er binnen der Regelstudienzeit absolvierte (sieben Semester). Im Anschluss trat er als Sachverständiger in den Diensten des TÜV ins Berufsleben ein, eine Position, die er drei Jahre lang ausübte – bis er nach München in die TÜV-Zentrale wechselte, wo er als Assistent der Geschäftsführung für weitere zwei Jahre wertvolle Erfahrungen sammeln durfte. „Berufsbegleitend habe ich in Linz mein Master-Studium im Bereich Finanzmanagement gemacht. Und seit April 2015 bin ich nun Niederlassungsleiter in Passau.“
Besonders geschätzt hat Max Licata den hohen Praxisbezug an der FOS Waldkirchen. „Ich habe während meiner Schulzeit dadurch einen umfangreichen Einblick in verschiedene technische Berufe bekommen. Eine sehr gute Basis für mein Maschinenbau-Studium.“ Naturwissenschaftliche Fächer hatten es ihm angetan. Mathe, Physik sowie alle weiteren technologischen Schwerpunkte waren seine Welt und entsprachen seinen Talenten. Die beiden Jahre in der 11. und 12. Klasse möchte er nicht missen.
Johannes Haidn: „Meine Lehrer haben sich viel Mühe gegeben“
„Ich persönlich mag die FOS’ler ganz gern, weil sie a bisserl reifer und praxiserfahrener sind“, sagt der ehemalige FOS’ler Johannes Haidn über diejenigen FOS’ler, die sich aktuell bei Knaus Tabbert bewerben – und über deren Zukunft er mitunter zu entscheiden hat. Denn: Der 23-jährige Kumreuter ist nach seiner Zeit an der Fachoberschule Waldkirchen und seinem Studium der Wirtschaftspädagogik an der Uni Nürnberg ebenfalls beim Jandelsbrunner Wohnwagen-Produzenten gelandet, wo er als Personalrefernt tätig ist.
Johannes Haidn, der sich für den Wirtschaftszweig entschied, gehörte 2011 zum ersten FOS-13-Abschlussjahrgang. „Meine Lehrer haben sich viel Mühe mit mir gegeben und haben sich viel Zeit genommen, um mich gut auf das, was danach kommt, vorzubereiten“, erinnert er sich wohlwollend an seine Schulzeit zurück. Die drei Jahre von 2009 bis 2011 möchte er deshalb auch nicht missen. Warum es ihn nach der Schule nach Nürnberg verschlagen hat? „Ganz einfach: Zwei meiner FOS-Mitschülerinnen haben sich ebenfalls für die dortige Uni entschieden.“
Eigentlich wäre der Waidler ja gerne Lehrer geworden, wie er sagt – „weil er die Zeit an der FOS so schön war“. Doch nach seiner B.A.-Arbeit zum Thema Konflikt-Management am Arbeitsplatz, einem dreimontiagen Praktikum und einem neunmonatigen Trainee-Programm bei Knaus Tabbert hat er dann doch die freie Wirtschaft dem Beamtentum vorgezogen. „Ich hatte sofort Spaß und Interesse an der Firma, weshalb ich dabei geblieben bin.“
Stephan Hörhammer