Hutthurm. „Da die Causa Hutthurm immer schlimmere Formen annimmt, habe ich mich an die Umweltministerin Scharf gewendet, sie möge in dieser Angelegenheit ein Machtwort sprechen“, schreibt uns Grünen-MdL Rosi Steinberger im Rahmen einer Pressemeldung. Schon seit längerer Zeit beschäftigt sich die 55-jährige Politikerin mit dem in den Medien diskutierten Teerskandal in Hutthurm. „Es besteht die Befürchtung, dass krebserregende Stoffe ins Grundwasser ausgewaschen werden, wenn nicht sofort etwas passiert“, schlägt die Landtagsabgeordnete Alarm. Deshalb hat sie sich nun in einem offenen Brief an Umweltministerin Ulrike Scharf gewendet.
Der Brief im Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Ministerin,
der Ihnen bekannte Teerskandal in Hutthurm weitet sich aus. Bereits im Herbst 2014 haben wir den Fall im bayerischen Landtag diskutiert. Damals waren Sie der Meinung, dass die Behörden im Freistaat mit diesem Material korrekt umgehen.
Zumindest im Landkreis Passau ist das meiner Meinung nach nicht der Fall.
„Das VG Regensburg gab dem Unternehmer Recht“
Ich möchte hier nur exemplarisch ein paar Beispiele anführen:
Seit 2009 hat der Nachbar des Anwesens Malz in der Gemeinde Hutthurm das Landratsamt Passau darauf hingewiesen, dass teerhaltiges Material nicht auf einem landwirtschaftlichen Betrieb eingebaut werden darf, gemäß einem Merkblatt der LAGA. Das Landratsamt Passau hat diese Hinweise ignoriert. Der Einbau des Materials erfolgte unsachgemäß und an ungeeigneter Stelle. Auch dies wurde von der Aufsichtsbehörde nicht unterbunden.
Im Mai 2015 entschied der Umweltausschuss des bayerischen Landtags, dass das teerhaltige Material vollständig und so schnell wie möglich ausgebaut werden muss. Ende Juli 2015, also zwei Monate später, erging endlich die abfallrechtliche Anordnung an den Recyclingunternehmer Thoma, das Material schnellstens auszubauen.
Es war zu erwarten, dass der Unternehmer dagegen Rechtsmittel einlegen würde. Letzte Woche entschied das VG Regensburg, dass die Anordnung des Landratsamts formal ungenügend war und gab dem Unternehmer Recht.
Da nun mit dem Ausbau des Materials vor dem Winter nicht mehr zu rechnen ist, verfügte das Landratsamt Passau eine Abdichtung der Zwischenwände des Fahrsilos, da diese bisher ungeschützt der Witterung ausgesetzt sind.
Schon im Mai holte man sich dafür Rat beim WWA Deggendorf, das aus eigener Erfahrung das Material „Lehm“ zur Abdichtung empfahl.
„Dieses Material war nicht geeignet“
Dass dieses Material für eine Abdichtung frei stehender Zwischenwände nicht geeignet war, haben mir Fachleute bestätigt.
Aber auch der gesunde Menschenverstand reichte eigentlich aus, dieses Vorgehen als ungenügend anzusehen. Bei einem Ortstermin vor drei Wochen konnte ich mich davon überzeugen, dass sich die Zwischenwände durch die Abdichtungsmaßnahmen bereits sichtbar bewegt hatten. Auf meine Anfrage bezüglich der Standfestigkeit der Zwischenwände erhielt ich nur die lapidare Aussage, das WWA Deggendorf hätte die Maßnahme angeordnet. Das WWA war aber gar nicht darüber informiert, und demzufolge auch nicht vor Ort, wie mir telefonisch erklärt wurde.
Richtig erstaunt war ich dann, in der PNP zu lesen, dass die Abdichtungs-maßnahmen kurz vor der Fertigstellung stünden. Mein Zweifel an dieser Maßnahme fand nun heute seine Bestätigung: Wie bereits beim Ortstermin befürchtet, sind die Betonwände des Fahrsilos auf einer Länge von zirka 40 Metern umgefallen. Das teerhaltige Material liegt nun wieder völlig ungeschützt da und ist der Witterung ausgesetzt.
Sehr geehrte Frau Ministerin, bitte ziehen Sie, gemeinsam mit der Regierung von Niederbayern, den Fall Hutthurm an sich. Das Landratsamt Passau ist offensichtlich mit der Abwicklung überfordert. Es kann nicht sein, dass hier weiter gepfuscht wird und die Gesundheit der Anwohner und das Grundwasser weiter gefährdet werden.
„Auch die Staatsregierung trägt eine Mitschuld“
Ordnen Sie die sofortige Entfernung der offen liegenden Teerhalden an und fassen Sie eine dauerhafte Unschädlichmachung des teerhaltigen Materials durch eine thermische Verwertung nach dem holländischen Modell ins Auge. Ich könnte mir hier ein Pilotprojekt vorstellen, das in Verantwortung des Ministeriums auch die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Passau finanziell entlasten könnte.
Nicht zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass auch die Bayerische Staatsregierung eine Mitschuld an dieser Entwicklung trägt. Schließlich ist Bayern das einzige Bundesland, das die Vergabe dieses Materials an Private grundsätzlich zulässt. Unsere Anträge, dies zu unterbinden, wurden immer wieder abgelehnt. Ich denke, Sie stimmen mir zu, dass so eine Regelung angesichts der Missstände im Landkreis Passau durchaus sinnvoll gewesen wäre.
Mit der Hoffnung auf eine baldige Antwort verbleibe ich,
Ihre Rosi Steinberger, MdL
da Hog’n
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