Freyung-Grafenau/Regen. Ruhig ist es geworden um das einstige schulpolitische Dauerthema. Seit dem Scheitern des Volksbegehrens im vergangenen Juli – die Freien Wähler forderten eine Wahlfreiheit zwischen dem acht- und dem neunstufigen Gymnasium – weiß man nicht so recht, ob und wie es diesbezüglich denn nun weiter gehen soll. Bleibt das G8? Geht’s zurück zum G9? Oder wird’s gar eine Mischform aus beiden Varianten geben? Diese Fragen bleiben bisher (immer noch) unbeantwortet. Das Onlinemagazin „da Hog’n“ hat bei den „Woid-MdLs“ Alexander Muthmann (Freie Wähler), Rosi Steinberger (Die Grünen), Bernhard Roos (SPD) und Max Gibis (CSU) nachgefragt …
Alexander Muthmann (Freie Wähler)
„Stand der Dinge ist, dass dem Bayerischen Landtag bisher immer noch kein fertiges und durchdachtes Konzept vorliegt. Es gibt inzwischen auch einen Kabinettsbeschluss der CSU, der der FW-Landtagsfraktion aber schriftlich nicht vorliegt. Hier wurde nach Medieninformationen beschlossen, dass es zunächst eine zweijährige Pilotphase geben soll. Bisher ist jedoch noch nicht einmal klar, wie viele Gymnasien an der Pilotphase teilnehmen dürfen. Unklar ist außerdem, ob die teilnehmenden Schulen „von oben“ ausgewählt werden, ob es ein Bewerbungsverfahren nach klaren Kriterien geben wird und ob dafür auch zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Im Raum steht derzeit, dass die Zahl der Schüler, die an einem Gymnasium an dem Pilotprojekt teilnehmen können, auf 25 Prozent beschränkt wird. In der Plenarsitzung am 27. November 2014 hat die FW-Fraktion einen Dringlichkeitsantrag eingereicht, der zum Ziel hatte, diese willkürliche 25-Prozent-Begrenzung zu verhindern – dieser wurde aber abgelehnt.
„Die FW-Fraktion will eine echte Wahlfreiheit erreichen“
Mein Fazit lautet: Der von Minister Spaenle angekündigte offene Dialogprozess ist deutlich gescheitert. Überzeugendster Beweis dafür ist, dass am 28. November alle wichtigen Verbände aus dem Gymnasialbereich (Philologenverband, Landes-Eltern-Vereinigung und Bayerische Direktorenvereinigung) eine Resolution unterzeichnet haben, die einer harschen Kritik am Ministerium gleichkommt. Der wichtigste Satz hieraus ist: „Die in Kloster Banz formulierten Eckpunkte führen nicht zu dem erwarteten Ende der Diskussionen um das Bayerische Gymnasium und stellen in wesentlichen Teilen keine befriedigenden und befriedenden Lösungsansätze dar.“ Die FW-Fraktion will eine echte Wahlfreiheit erreichen: Jeder Schüler soll frei wählen, ob er das Gymnasium in acht oder neun Jahren machen möchte, unabhängig von den Schulleistungen.“
Rosi Steinberger (Grüne)
„Das neue Gymnasialkonzept wurde meiner Meinung nach mit heißer Nadel gestrickt und weist große Mängel auf. Es ist zum Beispiel überhaupt nicht klar, wann man in diesem Konzept die Mittlere Reife erhält – nach zehn oder elf Jahren. Da gibt es noch Klärungsbedarf. Es ist auch schon durchgeklungen, dass die Schulen für das Pilotprojekt kein zusätzliches Budget bekommen. Es sollen ja Bedingungen herrschen wie später bei der bayernweiten Einführung. Ohne zusätzliche Mittel und Stellen wird das aber nicht gehen. Ich fürchte, das wird ein Rohrkrepierer, wie schon das Flexijahr, das ja auch niemand angenommen hat. Schade, denn die Opposition wäre zu einem intensiven Meinungsaustauch bereit gewesen, aber die CSU weiß halt wieder einmal alles besser!
„Große Probleme auf dem Land, zwei Varianten anzubieten“
Unser Konzept sieht eine flexible Oberstufe vor mit einer Reform der Oberstufe zurück zum Kurssystem. Dazu gehört auch eine Entschlackung der Mittelstufe, weil dort der Lehrplan einfach zu dicht ist. In der Oberstufe kann sich jeder Schüler aussuchen, ob sie zwei oder drei Jahre brauchen wollen. Mit dem Kurssystem ist das auch viel einfacher zu handhaben. Leider wollte das Ludwig Spaenle aber nicht einmal diskutieren. Jetzt werden die Schulen das halt so handhaben, dass eine Klasse die Sitzenbleiberklasse wird, und da will natürlich niemand rein. Das Modell der FW können wir auch nicht unterstützen, weil das gerade auf dem Land bei kleinen Schulen große Probleme bereitet, zwei Varianten anzubieten. Wer die Entscheidung trifft, ist auch vom Zufall abhängig. Außerdem brauchen wir eine pädagogische Weiterentwicklung des Gymnasiums und nicht eine reine Entscheidung auf die Anzahl der Jahre.“
Bernhard Roos (SPD)
Bernhard Ross schließt sich der Meinung seines Parteikollegens Martin Güll an, dieser teilt in einer Pressemeldung mit:
„Der Vorsitzende des Bildungsausschusses, Martin Güll, fordert die Staatsregierung auf, die beschlossene Beschränkung der Mittelstufe Plus auf maximal 25 Prozent eines Jahrgangs aufzuheben. „Ministerpräsident Seehofer hat eine echte Wahlmöglichkeit zwischen acht und neun Jahren Gymnasium versprochen. Was sein Kultusminister hier vorlegt, ist nicht einmal eine Sparversion, sondern eigentlich ein Beleg für das Scheitern der Gymnasialreform. Die Schüler haben keine echte Wahl, die Mittelstufe Plus wird ihren Bedürfnissen nicht gerecht“, erklärt der SPD-Bildungssprecher.
Mehr persönliche Freiräume
In einem Dringlichkeitsantrag fordert die SPD, den vorgesehenen Pilotschulen größtmögliche Gestaltungsfreiheit zu geben. Darüber hinaus muss aus der Sicht Gülls der Lehrplan der verlängerten Mittelstufe so gestaltet werden, dass nach der 10. Klasse die Mittlere Reife vergeben werden kann. Die SPD befürchtet, dass die Beschränkung der G9-Schüler auf 25 Prozent eines Jahrgangs zu Ungerechtigkeiten und Willkür führt. Die Gründe für eine längere Schulzeit am Gymnasium können für die einzelnen Schüler ganz unterschiedlich sein: Entschleunigung des Lernens, mehr Möglichkeiten zur Vertiefung, mehr persönliche Freiräume. Es bestehen aber auch ganz praktische Gründe für die Wahl des G9, nämlich fehlende Busverbindungen nach dem Nachmittagsunterricht auf dem Land.“
Max Gibis (CSU)
„Wieder einmal kann es der Opposition nicht schnell genug gehen. Aber es war von Anfang an klar, dass die „Mittelstufe Plus“ ab dem Schuljahr 2015/2016 anlaufen wird. Also hier irgendwelche zeitlichen Versäumnisse anzuprangern, ist wieder die typische Sprachregelung der Opposition. Der Fahrplan ist festgelegt und sieht vor, dass derzeit alle Gymnasien in Bayern durch die Ministerialbeamten angeschrieben und ihnen die Rahmenbedingungen zur Mittelstufe Plus erläutert werden. Darauf können die Gymnasien eine Erklärung abgeben, ob sie an diesem zweijährigen Pilotprojekt teilnehmen wollen. Bis Februar 2015 werden dann die Gymnasien feststehen, die die Mittelstufe Plus anbieten werden.
„Entscheidend, dass die Menschen in Bayern zufrieden sind“
Es wird versucht, dass Gymnasien aus allen Teilen Bayerns (städtische und ländliche Gymnasien) mitmachen. Aber auch kleine und große Gymnasien sollen daran teilnehmen um eben ein breites Bild zu bekommen und um festzustellen, wie hoch die Nachfrage nach dieser verlängerten Variante ist. Eine Quote von 25 Prozent gibt es dabei nicht, was auch von Minister Spaenle bestätigt wird. Dass es immer irgendwelche Verbände gibt, die Kritik üben ist nicht wirklich was Neues. Entscheidend ist nicht, dass man alle Verbände zufriedenstellt, sondern dass die Menschen in Bayern zum Großteil zufrieden sind.
Und dass dies der Fall ist, das hat das klägliche Scheitern des Bürgerbegehrens der Freien Wähler wohl sehr deutlich gezeigt. Die Bayerische Bevölkerung will keine Dauerdiskussion über Schulsysteme, weil sie mit dem bestehenden dreigliedrigen System zufrieden sind. Leider erkennen und akzeptieren die freien Wähler dieses Bürgervotum nicht und versuchen immer wieder am Bayerischen Gymnasium „rum zu doktorieren“, was leider nicht dazu beiträgt, endlich Ruhe in die Schulen zu bekommen, damit Lehrer, Eltern und vor allem die Schüler sich auf die schulische Ausbildung konzentrieren können!“
Helmut Weigerstorfer