Aldersbach. Seine Vorfahren sind mit der Geschichte des Klosters und der Brauerei in Aldersbach ganz eng verbunden. Seit 1803 ist die Familie von Ferdinand Freiherr von Aretin im Besitz dieses stattlichen Anwesens im Vilstal im Landkreis Passau. In den Adern des 37-Jährigen fließt daher nicht nur blaues Blut, sondern sinnbildlich auch so mancher Tropfen Bier. Trotz dem die Glanzzeiten vieler Adelsgeschlechter längst vorbei sind, kann der jetztige Brauerei-Geschäftsführer seine erlauchte Abstammung nicht bestreiten – vor allem in sprachlicher Hinsicht, was dann so manchmal auch etwas vornehmer klingt. Das geziemt sich nunmal so. Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ erzählt der sympahtische Freiherr von seiner Familientradition und der Geschichte der Brauerei. Außerdem blickt er auf die Landesausstellung „Bier in Bayern“ 2016 sowie die zukünftige Ausrichtung seines „flüssigen“ Unternehmens, das jährlich mehr als 100.000 Hektoliter an Bier, Weizen, Radler und nicht-alkoholischen Getränken verkauft.
„Landesausstellung ist ein echter Glücksfall für die Brauerei“
Herr von Aretin: Lassen Sie uns zunächst einen kurzen Ausflug in die Geschichte unternehmen. Wie ist es dazu gekommen, dass blaues Blut in Ihren Adern fließt?
1869 ist Peter Karl von Aretin aufgrund seiner Verdienste als bayerischer Minister zum Freiherrn geadelt worden. Dieser Mann war mein Ur-Ur-Ur…-Großvater. Der ursprüngliche Stammsitz meiner Familie befindet sich auf Schloss Haidenburg im Gemeindebereich von Aldersbach. Ich wohne immer noch dort, aber nicht mehr im Schloss.
Wann ist dann die Brauerei von kirchlicher Hand in den Privatbesitz übergegangen?
Das Kloster ist 1803 säkularisiert, also verweltlicht worden. Das Gebäude ist somit dem Staat zugefallen, der es später an einen Kaufmann in Vilshofen veräußert hat. Dieser konnte es allerdings auch nicht erhalten. Letztlich hat es dann Johann Adam von Aretin im Jahre 1811 erworben – und seitdem ist es in Familienbesitz.
Wie viel „Kirche“ steckt eigentlich heute noch in der Brauerei?
Fest steht: Wir sind ein weltliches Unternehmen. Dennoch ist ein gewisser kirchlicher Gedanke geblieben. Aufgrund ihrer Vergangenheit kann man diese Frage vielen Brauereien stellen – und einige von ihnen befinden sich ja auch heute noch im Besitz der Kirche. Sie ist ein Teil unserer Heimat, unseres Gedankenguts. Die Kirche gehört bei uns schlichtweg dazu – schon allein, wenn man an unsere Gebäude im ehemaligen Klosterkomplex denkt. Glücklicherweise ist es uns in den vergangenen Jahren gelungen, diese alten Gemäuer instand zu setzen und so das Kulturgut zu erhalten.
Ein großer Kraftakt.
Absolut. Seinen wesentlichen Teil dazu beigetragen hat auch der Förderverein, der zu diesem Anlass gegründet worden ist. Einige Räumlichkeiten wurden auch der Gemeinde übergeben, die diese nun nutzt. So bleibt die Anlage in Schuss – und verfällt nicht. In dieser Hinsicht war es ein echter Glücksfall, dass wir die Landesausstellung „Bier in Bayern“ nach Aldersbach bekommen haben…
„Aus Alltagsgewohnheit ist ein Luxusgetränk geworden“
… darauf kommen wir später noch zu sprechen. Eine Frage noch zur Historie: War denn eine kirchliche Wiederbelebung nochmals beabsichtigt?
Ja, doch. Früher gab es durchaus Anstrengungen, wieder Mönche nach Aldersbach zu holen. Und diese Idee ist auch tatsächlich verfolgt worden: In den 90er Jahren gab es zwei Mönche hier vor Ort. Weil es aber bekanntermaßen innerhalb der Kirche kein geringes Nachwuchsproblem gab und immer noch gibt, war kurz gesagt einfach nicht genügend Personal da, um ein neues Kloster aufzumachen. Deshalb hat man diesen Gedanken mit der Jahrtausendwende wieder verworfen.
Kommen wir in die jüngere Vergangenheit: Lange Zeit war der aus dem benachbarten Vilshofen stammende Fußball-Weltmeister Klaus Augenthaler das Werbegesicht der Brauerei. Wie ist es dazu gekommen?
Diese Zusammenarbeit ist 1986, also im Jahr der Weltmeisterschaft in Mexiko, entstanden. Damals war das noch eine sehr unkomplizierte Sache, an Fußballer heranzukommen. Und es gab auch kein Problem damit, dass ein Sportler Werbung für Bier macht. Klaus Augenthaler hatte Spaß an dieser Sache und war bis 1990 unser Partner. Der Marke Aldersbacher Bier hat diese Kooperation sehr gut getan. Heute ist man in dieser Hinsicht ja etwas reservierter geworden.
Die Zeiten ändern sich.
Eben. Früher hat es einfach zum Fußballer-Dasein dazugehört, dass man ein Bier und ein paar Schnapserl trinkt – und dazu noch raucht. Unsere Gesellschaft hat sich ein Stück weit gewandelt. Deshalb muss man sich auch als Brauerei neu ausrichten. Es ist nicht mehr so, dass man mittags ein, zwei Halbe Bier trinkt. Aus der früheren Alltagsgewohnheit ist mittlerweile ein Luxusgetränk geworden.
Welche Rolle hat dabei die Einführung des Rauchverbots in Gaststätten gespielt?
Das hat man bei den Austoßzahlen deutlich gemerkt, keine Frage. Ich würde sogar von einer Bierkrise sprechen. Das Rauchverbot ist aber keinesfalls falsch. Für viele Brauereien hat es aber eine neue Bedingung dargestellt, mit der man erst einmal zurecht kommen musste. An einem Stammtisch hat man sich nunmal zum Karten spielen getroffen – und dabei wurde geraucht. Mit dem Rauchverbot fiel die Geschäftsgrundlage einiger Gastronomen weg. Die Gäste haben sich zu inoffiziellen Treffpunkten hin verlagert, bei denen man noch rauchen darf. In Richtung Essensgastronomie wird es künftig hochwertiger werden, aber viel von der alten bayerischen Wirtshauskultur wird verloren gehen. Deshalb erfreut sich unser Bräustüberl großer Beliebtheit: Dort werden diese alten Werte noch gepflegt – außer dem Rauchen natürlich…
Chinesischer Markt ist auch für Aldersbach interessant
Vorher bereits angesprochen: Die Landesausstellung 2016 in Aldersbach unter dem Titel „500 Jahre Reinheitsgebot – Bier in Bayern“. Wie laufen die Vorbereitungen?
Die Vorfreude auf dieses Event ist riesig. Eine tolle Sache für uns und die ganze Region, die wohl keiner so erwartet hatte. Dass eine so kleine Gemeinde Austragungsort für eine so große Ausstellung wird, ist eher selten. Aber wir sind gerüstet, wir sehen uns stark genug, eine tolle Landesausstellung organisieren zu können. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Viele strategische Vorarbeiten sind bereits in die Wege geleitet, 2015 wird nun das Jahr der Umsetzung.
Was erwartet die Besucher dann?
Es wird eine Ausstellung zum Thema Bier und Reinheitsgebot geben. Die Anfänge des Brauens, Bierkultur- und traditionen, Werbemittel und viele Dinge rund um den Gerstensaft werden thematisiert. Und wie es der Titel schon verrät, spielt das bayerische Bier eine der Hauptrollen. Dieser Teil liegt in den Händen des Hauses der Bayerischen Geschichte. In unserer Verantwortung liegt das Rahmenprogramm.
Darf man darüber schon etwas erfahren?
Die insgesamt 26 Wochen werden alle unter einem anderen Thema stehen. Wasser, Malz, Hopfen, die bayerischen Bezirke, viele bayerische Brauereien werden da unter anderem dargestellt. Die Ideen sind geschmiedet – und nun wird das Ganze mit Leben befüllt. Es soll jede Woche einen Grund geben, um nach Aldersbach zu fahren (lacht).
Die Geschäftsbeziehungen der Brauerei reichen ja mittlerweile bis nach Asien. Der chinesische Markt will erobert werden, auch von Aldersbach aus. Warum?
Beim Pro-Kopf-Verbrauch sind die Chinesen nicht interessant – viele können sich Bier schlichtweg nicht leisten. Haben sie aber das nötige Kleingeld, wollen sie diesen Luxus aus Bayern gerne kredenzt bekommen. Der chinesische Markt wächst enorm. Export spielt mittlerweile bei allen bayerischen Brauereien eine große Rolle, um eben das abzufangen, was man in der Heimat nicht absetzen kann. Und natürlich will die Brauerei Aldersbach bei dieser Entwicklung mit dabei sein.
„Der Eventcharakter soll mehr in den Vordergrund rücken“
Was kostet dann in China eine Halbe Aldersbacher Bier?
Zwischen vier und fünf Euro. Das entspricht in etwa dem Stundenlohn eines durchschnittlichen chinesischen Arbeiters. Auf der anderen Seite gibt es viele Chinesen, die sich alles leisten können. Nur zum Vergleich: Der chinesische Biermarkt ist in den vergangenen Jahren um 16 Millionen Hektoliter gewachsen – während in Bayern insgesamt nur 22 Millionen Hektoliter verkauft worden sind. Das sind vollkommen andere Dimensionen. Freilich wird man als bayerische Brauerei davon nie leben können – es ist aber ein lukrativer Zuverdienst.
Wo ist Ihre Brauerei sonst noch in der Welt vertreten?
Vor allem in Deutschland, Tschechien, Österreich und Italien. Und nicht zu vergessen: Wir beliefern auch das Gasthaus Brunnhölzl in Freyung – ein ganz besonderes Wirtshaus (schmunzelt). Verschwinden solche Lokale, geht uns etwas verloren, keine Frage.
Wohin führt der künftige Weg der Brauerei Aldersbacher?
Generell ist es unser Ziel, uns hier am Standort noch besser zu etablieren. Wir wollen versuchen, das Thema Bier-Kompetenz noch besser rüberzubringen, das heißt: Die Leute sollen bewusst unsere Erzeugnisse trinken; sie sollen wissen, wie es gebraut geworden ist und wo die Zutaten genau herkommen. Deshalb überlegen wir, künftig eine kleine Schaubrauerei zu installieren. Der Eventcharakter soll mehr in den Vordergrund rücken.
Zu dieser Zielvorgabe gehört wohl auch die kulturelle Schiene im Bräustüberl, die seit längerem gefahren wird, richtig?
Genau. Wir möchten die Vergangenheit, also die Atmosphäre im Bräustüberl, mit der Moderne, also den Künstlern, verbinden.
Abschließende Frage: Welches ist Ihr persönliches Lieblingsbier – und wie viele Maß vertragen Sie eigentlich?
Das ist, denke ich, wie bei allen anderen auch von der Tagesform abhängig (lacht). Unsere Biere mag ich alle gern – aber besonders süffig finde ich unser Weißbier.
Herr von Aretin: Vielen Dank für das interessante Gespräch – und alles Gute für die Landesausstellung 2016.
Interview: Helmut Weigerstorfer und Stephan Hörhammer