Regensburg/Gesamtbayern. Philipp Starzinger legt ein Sammelsurium vor – gewidmet der bayerischen Heimat. Was war gleich noch mal ein Sammelsurium? Ein ganz schöner Mischmasch, um es auf Boarisch zu sagen. Der Ursprung des Wortes klingt leicht ekelhaft: Zu Niederdeutsch meinte man mit Sammelsurium „ein saures Gericht aus gesammelten Speiseresten“. Hinten und vorn nicht widerlich ist das kleine, fesche Büchlein vom Regensburger Philipp Starzinger. Wir haben es uns mal a bisserl genauer angeschaut. Und gleich noch ein paar Fragen an den Autor gerichtet. Und zum Gewinnen gibt’s auch ein Exemplar…
Erster Eindruck
Schön anzuschauen! Vorn drauf: Ein Bierkrug, gefüllt mit Bergen. Türkis, orange und weiß. Innen drin: Unterschiedlichste Schriftarten. Mit einem Auge erkennbar: Listen, Zusammengetragenes, erklärte Stichwörter… Schön anzufassen! Außen: Fester Einband, eingestanzter Titel. Innen: Umweltpapier, schön griffig. Macht neugierig. Was steht da drin?
Erster Ausdruck
„Das A hat in Bayern viele Bedeutungen“. Und zwar? Von Mutterschaf A (Äue) bis kindersprachlich für Stuhlgang A-a (Seite 6). Aaaaaa! Geht es so weiter? Freilich. Bekanntes und Neues steht drin. Schön alphabetisch. Bis hin zum Zwiefachen, diesem uralten bayerischen Volkstanz. Was macht Starzinger da? Er legt halt ein Sammelsurium vor. Schott hat das auch schon gemacht. Die Idee ist nicht neu, aber stets unterhaltsam. Wenn gesammeltes kulturelles Wissen, das so unnütz ist, wie die zusammengetragenen Neon-Weisheiten, dann auch noch so schön daherkommt, ist das – schon schön. Schön zum Herschenken. Schön zum Selberdurchlesen. Und schön zum Ins-Regal-Stellen.
Wie kommt Bayern weg?
Nicht schlecht. Grafisch leicht klischeebehaftet mit all den Maßkrügen, Löwen und Radis. Inhaltlich freilich auch, anders geht es ja gar nicht. Trotzdem ist das nicht unangenehm und animiert auch gar nicht zum Gähnen. Die Geschichterl hat man gewiss nicht alle gehört, die Listen sind recht originell, die sprachlichen Exkurse dienen unter anderem dem Erhalt des Bairischen. Der Wiedererkennungseffekt ist befriedigend. Das macht froh. Und Bayern – so ist es halt. Wie genau? Das ist es ja. Starzinger wertet höchstens mit der Auswahl seines Inhalts – aber für den Inhalt selbst kann ja er nichts.
Und was ist mit’m Woid?
Der Woid findet sich als kürzeste Definition wieder. Dann kommt lange nix. Dann der Drachenstich in Furth im Wald. Und der Fredl Fesl, der ein gebürtiger Grafenauer ist. Und dann kommt’s: FRG. Freie Renn-Gemeinschaft. Definiert wie folgt: „Wie bei den meisten Autonummern, die mit drei Buchstaben beginnen, sind auch beim Anblick dieser Buchstabenkombination sofort Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Als Fußgänger auf der Landstraße verlässt man beispielsweise sofort die Fahrbahn!“ (Seite 49) Ahja. Gähn? Schon ein bisserl. Dann kommt noch der Waidlerprophet Mühlhiasl. Und unter T wie Tierparks findet der Leser das Tierfreigehege des Nationalparks Bayerischer Wald. Die Waidler selbst werden auch erwähnt: „Bayerns Wilder Westen liegt im Osten. Den Bewohner dieses dort gelegenen mysteriösen ‚Bayerischen Waldes‘ nennt man ‚Waidler‘.“ (Seite 122). Oh mei…
Der Autor
Philipp Starzinger ist ein Bayer, der sozusagen als teilnehmender Beobachter gesammelt hat, was ihn kulturell prägte. Das ist glaubwürdig. Der 1976 geborene Mann ist ein gebürtiger Regensburger. In seiner Heimat lebt und arbeitet er. Er kennt sich aus mit Grafikdesign, Fotografie und Illustration. Musik spielt er auch noch, wie seinem Blog zu entnehmen ist. Der Bart Verlag, in dem sein besprochenes Buch sowie sein Erstlingswerk, Regensburg Sammelsurium, erschienen ist und nebenbei Grußkarten auf guad Boarisch parat hat, gehört Starzinger selbst. Im Interview gibt sich der Autor ganz so, wie der Oberpfälzer in seinem Buch definiert wird: „sparsam im Umgang mit Worten“. Wir haben ihn trotzdem befragt. Damit handeln wir frei nach dem niederbayerischen Motto „Wos do wern muas, muas do wern“ (nachzulesen auf Seite 12 und 13).
„Ich mag Symbole – die erzeugen eine Stimmung“
Ein Bayern Sammelsurium. Braucht’s sowas?
Nein – weil: Ist ja logisch. Und ja – weil es das noch nicht gegeben hat.
Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, nach dem Regensburg Sammelsurium ein gesamtbayerisches Büchlein zu machen?
Das Regensburger Büchlein ist sehr gut angekommen und da ich immer Geld brauche…
Wie haben Sie denn eine Auswahl getroffen aus all dem Wissen?
Das ist natürlich das Geheimnis! Weil sonst würd‘ ja jeder so ein Sammelsurium machen.
Und vor allem: Wo haben Sie denn all die Listen, Anekdoten und Erklärungen her?
Alte und neue Bücher, Magazine und natürlich das Internet.
Wollen Sie in Ihrem Buch das “typisch Bayerische” herausklamüsern?
Mir ist es ein Anliegen, dass der Blick ein bisserl geweitet wird, z.B. kommen ja auch Stromgitarren vor, Basilisken, Bands, Lindwürmer, deformierte Schädel, Hans Magnus Enzensberger…
Grafisch wimmelt es ja schon von Klischees. Weizengläser, Löwen, Masskrüge und Radis.
Ich mag Symbole. Die erzeugen eine Stimmung…
Was macht die Optik dennoch besonders?
Ich orientiere mich bei meiner Arbeit an der Ästhetik der Bleisatzzeit. Das bedeutet: viel Schwarz, wenig Graustufen; wenn, dann sind die Raster selber gezeichnet, keine sich berührenden Elemente und Überlagerungen.
Ein jeder versteht ja nix von Grafikdesign. Was macht Ihnen denn Freude daran, mit Schriften und Illustrationen so herumzuspielen?
Aus einem scheinbaren Durcheinander eine schöne Seite, ein schönes Buch machen.
Sie scheinen sehr heimatverbunden zu sein. Was ist denn Heimat für Sie?
Weiß nicht so recht… Ich glaub‘, es ist eher so, dass ich mit den Projekten diese Heimat beäuge, gerade weil ich nicht so recht weiß, was das Wort für mich bedeutet.
„Sachen machen, die längerfristig gedacht sind“
Sie sind in Regensburg geboren und noch immer vor Ort. Warum?
Gehalten haben mich natürlich Freundschaften.
Und waren Sie auch schon mal woanders?
Nie!
Warum heißt Ihr Verlag Bart Verlag?
Mir gefällt es, Sachen zu machen, die längerfristig gedacht sind. Längere Entstehung, sich längere Zeit verkaufen und wenn man das Buch hat, behält man es hoffentlich auch länger, weil es nicht überflüssig wird. Man kann ja immer wieder mal reinschauen. Und ein Vollbart ist auch eine solche Angelegenheit.
Ist ein drittes Sammelsurium in Planung? Oder was anderes?
Das ist natürlich geheim!
Zu gewinnen!
Mögt Ihr ein Bayern Sammelsurium gewinnen? Das ist leicht möglich! Schickt einfach bis zum 20. Juli eine E-Mail an info@hogn.de mit dem Stichwort „Sammelsurium“ und Eurer Postadresse. Vui Glick!
Rezension und Interview: Eva Müller