München. Nun also doch: Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen Uli Hoeneß erhoben. Voraussichtlich Ende September wird das Münchener Landesgericht darüber entscheiden, ob der Aufsichtsratsvorsitzende der FC Bayern München AG vor Gericht muss – oder nicht. Im schlimmsten Fall könnte der 61-Jährige gar hinter schwedische Gardinen wandern. Für viele bleibt Uli Hoeneß trotz der Steuerhinterziehung – er hatte unversteuerte Einkünfte auf ein Schweizer Bankkonto überwiesen – ein Saubermann und Vorbild. Andere hingegen fordern drastische Strafen gegen den früheren Weltklasse-Kicker. Auch die Hog’n-Redakteure Christian Attenbrunner und Helmut Weigerstorfer sind da geteilter Meinung …
„Medien betreiben Hetzjagd gegen den 61-Jährigen!“
Attenbrunner: Helmut, wenn der Hoeneß nicht ins Kittchen muss, dann läuft hier im Rechts- und Justizstaat Deutschland einiges schief!
Weigerstorfer: Christian, da muss ich Dir widersprechen. Zum einen hat Uli Hoeneß sich ja selbst angezeigt – und zum anderen finde ich, dass die Medien gerade eine wahre Hetzjagd gegen den 61-Jährigen betreiben. Seine guten Taten und seine soziale Ader, die er in der Vergangenheit immer wieder gezeigt hat, sind plötzlich nichts mehr wert. Hoeneß wird nur noch als Steuerbestie dargestellt.
Attenbrunner: Die Selbstanzeige erfolgte ja nicht ohne Grund! Natürlich wird er sich dabei Strafmilderung erhofft haben – aber es geht hier um Millionen und nicht um Peanuts! Das ist kein Kavaliersdelikt mehr. Wie ehrlich ist das denn: Erst einmal darauf bauen, dass das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz zustande kommt. Und als klar ist, dass es nicht so weit kommen wird, den Schwanz einziehen und voller Demut seine Steuersünden dem Fiskus melden. Hoeneß hat einfach so lange abgewartet, bis sich die Schlinge um seinen Hals so weit zugezogen hatte, dass er keine Luft mehr bekam.
„Es geht um Millionen – das ist kein Kavaliersdelikt mehr“
Weigerstorfer: Sicher hat Hoeneß einen Fehler begangen, er gesteht ihn ja auch durch die Selbstanzeige ein. Er muss seine Steuern zurückzahlen – und damit is da Kas für mi gessn. Schließlich ist Uli Hoeneß nicht der Erste, der Steuern hinterzogen hat – irgendwie wird er aber so dargestellt. Völlig unnütz finde ich zudem die Diskussion, ob er Aufsichtsratsvorsitzender der Bayern bleiben darf.
Als Funktionär hat er sich nie was zu Schulden kommen lassen. Im Gegenteil: Er hat aus dem einst verschuldeten FCB einen Welt-Konzern gemacht, der trotzdem seine Bodenständigkeit nie verloren hat. Wer hat St. Pauli gerettet? Wer hat Alemannia Aachen geholfen? Wer lässt keinen seiner ehemaligen Spieler fallen – wie Gerd Müller oder Sebastian Deisler? Der FC Bayern München, und allen voran Uli Hoeneß!
Attenbrunner: Aber das ist ja gerade das Unbegreifliche! Mit Uli Hoeneß verbindet man einfach die Erfolgsstory des FC Bayern. Er ist der FC Bayern. Seine gemeinnützigen Aktionen, seine betriebswirtschaftlichen Kompetenzen, seine umgängliche, humorvolle aber auch autoritäre Art sind beispiellos. Er war doch für uns alle ein Vorbild! Aber ist er nicht gerade deswegen jetzt ein Lügner, ein Blender, ein Opportunist? Er hat uns doch alle verraten – wahrscheinlich ist er auch nicht der einzige. Und das ist ja vielleicht das Gute an der Geschichte: Jetzt werden noch mehr Steuersünder auffliegen, an die wir nie gedacht hätten. Für den Hoeneß sind die Millionen ja wirklich nur Peanuts gewesen – vielleicht so etwas wie ein Trinkgeld, über das man sich nicht viele Gedanken macht.
„Viele haben darauf gewartet, Hoeneß endlich eins reinzuwürgen“
Weigerstorfer: Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. Hoeneß und der FC Bayern polarisieren seit jeher. Viele haben darauf gewartet, Hoeneß endlich eins reinzuwürgen. Es ist nun mal so: Hoeneß liebt man – oder nicht! Dass der Uli etwas Illegales gemacht hat, da geb ich Dir vollkommen recht. Aber nochmal: Er hat seine Schuld eingestanden!
Attenbrunner: Und deshalb werfen zumindest die Promis auch keine Steine auf Uli. Ist es nicht genau so verwerflich, wenn der Michael Schumacher oder Sebastian Vettel ihren Wohnsitz in der Schweiz angemeldet haben? Und Kaiser Franz kommt zwar zu jedem Bayern-Spiel in die Allianz-Arena, lässt es sich aber in Kitzbühel gut gehen: Das ist einfach erbärmlich!
Die Superreichen scheffeln Million für Million ins Ausland, und in Deutschland wird man schon angeklagt und entlassen, wenn eine Supermarktverkäuferin zwei Flaschenpfandbons für 1,30 Euro einlöst, die nicht ihr gehört haben. Findest Du nicht, dass genau hier das Problem liegt? Hier stehen unsere europäischen Nachbarn mit deren Steuergesetzen und Bankgeheimnissen in der Pflicht!
„Der Hoeneß wird schon irgendwo seine Freunde sitzen haben …“
Weigerstorfer: Christian, jetzt bitte wieder mal zurück zum Fall Hoeneß, Du alter Moral-Apostel. Nur allein durch eine Verurteilung des Bayern-Machers wird das System in Deutschland sicher nicht besser werden …
Attenbrunner: Helmut, Du unverbesserlicher Bayern- und Hoeneß-Fan. Wenn er nicht verurteilt wird und keine angemessene Strafe bekommt, hat der Fall Hoeneß leider auch nichts bewirkt. Die Schere zwischen Groß und Klein, Arm und Reich würde in Zukunft noch weiter auseinander gehen. Das Urteil wird ein Präzedenzfall für nachfolgende Verhandlungen und Rechtsprechungen sein. Allerdings befürchte ich, dass es genau so kommen wird wie damals beim Postbank-Chef Klaus Zumwinkel. Der bekam ja dann auch noch Bewährung, weil er doch noch ganz knapp unter die Millionen-Grenze fiel. Warten wir halt noch ein paar Monate, dann sind vielleicht schon ein paar hunderttausend Euronen verjährt. Der Hoeneß wird schon irgendwo seine Freunde sitzen haben …
Und was meint Ihr? Ist Uli Hoeneß ein Lügner und Blender – oder hat er einfach nur mal einen dummen Fehler gemacht?
Irgendwer (glaub die Schuhmacherbrüder?) hat mal gesagt, dass man bei dem deutschen komplizierten Steuergesetz IMMER mit einem Bein im Gefängnis steht.
Daher sollte erst mal das ganze Finanz- und Geldsystem von Grund auf erneuert werden, dann hätten es solche wie Hoeneß gar nicht nötig krumme Sachen zu drehen…
Also, ich muss in diesem Fall dem Christian Recht geben. Ohne Grund hätte Hoeneß sich niemals selbst angezeigt. Erst als er die Ausweglosigkeit der Situation sah, musste er Handeln und sich selbst anzeigen. Ich finde, Hoeneß gehört trotz Allem gerecht und hart bestraft. Wenn in Strafsachen bei Gericht Anklage erhoben wird, sieht die Staatsanwaltschaft belastende Momente und erwartet normalerweise einen Schuldspruch !
Seine guten Taten sind schon in Ordnung. Aber was ist beispielsweise mit einem Feuerwehrmann, der jahrelang Menschen geholfen und Brände gelöscht hat und irgendwann selber Häuser anzündet ?!?! Soll der dann nicht bestraft werden ? (Soll kein Vorwurf an die Feuerwehr sein, bin selber dabei. Aber Fälle solcher Art soll es auch schon gegeben haben)
Was mir an der ganzen Sache ganz und gar nicht gefällt, ist wie Uli Hoeneß von den Medien teilweise durch den Dreck gezogen wird und wurde. Auch wenn er reich und mächtig ist und auch schon so manche Kommentare los gelassen hat. Ein Mensch ist er dennoch !!!!!
Trotzdem finde ich, gute Unterhaltung von euch Zweien. Das Thema gibt Diskussionsstoff ohne Ende !!
Christian hat absolut Recht und die Diskussion auch deutlich für sich entschieden. Gerade weil das Thema so sinnsibel ist muss es eine solche Diskussion geben.
Helmuts Argument, dass das System bei einer Verurteilung nicht anders werden würde, halte ich für zweifelhaft. Es geht nicht darum was wegen Uli Hoeneß aus dem Steuer-System wird, sondern darum, wie Politik und Gesellschaft einen größtmöglichen Nenner zu gerechter Steuerpolitik finden!