Schönanger. Mit der Marke „Waidler-Tools“ möchte er europaweit bekannt werden – wobei ihm nicht nur sein wachstumsfreudiger mittelständischer Betrieb am Herzen liegt, sondern vor allem auch seine Heimat, der Bayerischen Wald. Stefan Moser (42) aus Schönanger in der Nationalpark-Gemeinde Neuschönau ist seit 2003 Geschäftsführer der Firma „Moser Schleiftechnik“ – damals hat er den Familienbetrieb von seinem Vater Herbert (73) übernommen. Und seitdem hat sich einiges getan. Aus dem früheren Zwei-Mann-Betrieb ist mittlerweile ein Unternehmen mit zehn Mitarbeitern geworden, das sich durchaus zu den so genannten „Hidden Champions“ ausm Woid zählen darf. Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ spricht der gelernte Heizungsbauer über die Entwicklung seiner Firma und seine Visionen für die Zukunft. Außerdem erzählt er wie es so ist, den eigenen Vater zum Chef zu haben.
„Vater war der erste Werkzeugschleifer Niederbayerns“
Herr Moser, wenn man auf Ihr Firmengelände kommt, sieht man sofort die geschnitzte „Waidler-Tools“-Skulptur. Was verbirgt sich dahinter?
Diese Marke gibt es seit dem 1. Januar. Im Bayerischen Wald werden hervorragende Werkzeuge hergestellt. Deshalb habe ich die „Waidler-Tools“ ins Leben gerufen, um unsere Produkte besser zu vermarkten, sie ins rechte Licht zu rücken.
Was ist „Waidler-Tools“ eigentlich?
Darunter versteht man sämtliche Produkte, die die Firma Moser Schleiftechnik verlassen.
Wie ist denn der aktuelle Stand der Dinge bei Moser Schleiftechnik?
Mittlerweile gibt es uns seit mehr als 30 Jahren, wir sind auf dem Markt etabliert. Gegründet hat die Firma mein Vater Herbert im Jahr 1977, ein gelernter Maschinenbaumeister. Anfangs arbeitete er nebenbei zu Hause in der Garage, dort hat er verschiedene Klingen und Sägeblätter geschliffen. Es folgte ein erster Lehrgang in München bei der Firma Michael Deckel, wo er das Schleifen von Schaftwerkzeugen erlernt hat. Irgendwann war dann mein Vater der erste Werkzeugschleifer Niederbayerns – und hat sich selbstständig gemacht.
Stefan Moser: „Es gibt nur wenige, die diesen Beruf ausüben“
Ein eher seltener Beruf also.
Genau. Es gibt nur wenige, die diesen Beruf ausüben. Bei meiner Meisterprüfung als Schneidwerkzeugmechaniker war ich wiederum der einzige Niederbayer. Es gibt übrigens nur eine Schule in Deutschland für diesen Beruf – sie ist in Bad Neustadt an der Saale, dort halte ich auch ab und zu Vorträge.
Was ist unter dem Begriff „Schneidwerkzeuge“ eigentlich zu verstehen?
… unter anderem Messer für Industrie und Handwerk sowie hochwertige Bohrer, Fräsen und Sägeblätter – ersteres ist im Laufe der Zeit aus diesem Berufsfeld fast komplett verschwunden. Wir stellen aber keine Bohrer und Fräser her, die man im Baumarkt für kleines Geld kaufen kann, sondern hochsensible Werkzeuge, die sehr präzise und schnell arbeiten.
Klingt interessant. Wer zählt da zu Ihren Kunden?
Von den kleinen Handwerksbetrieben bis zur großen Industrie beliefern wir verschiedenste Firmen. Sowohl der kleine Schreiner von nebenan, als auch große Autokonzerne wie BMW oder Mercedes-Benz zählen zu unseren Kunden. Ebenso Zulieferer wie Webasto oder Heyco. Auf regionaler Ebene arbeiten wir etwa mit Aptar, der Firma Pauli Maschinenbau oder der Firma Haidl zusammen.
Herr Moser, wie sieht Ihr persönlicher Werdegang aus?
Schon mit sieben Jahren habe ich meinem Vater geholfen. Ich habe Sägeblätter für das Handwerk und die Zulieferindustrie geschliffen – und weil man da die Zahnteilungen berechnen musste, habe ich schon sehr früh zählen gelernt (schmunzelt). Später wollte ich unbedingt Masseur werden. Aber wie damals üblich, war ich überhaupt froh, eine Ausbildungsstelle zu bekommen – so bin ich schließlich bei der Firma Baierer in Grafenau Heizungsbauer geworden. Und kurze Zeit später habe ich bei meinem Vater in der Firma angefangen. Während meiner Meisterprüfung habe ich dann im Jahr 2003 die Firma übernommen. Damals hat mein Vater gemeint, dass es die Firma nach drei Monaten mit mir als Chef nicht mehr geben würde. Wie’s ausschaut, hat er sich a bisserl getäuscht … (lacht).
Wenn der Meister selbst Hand anlegt – Laser-Beschriftung „Made im Woid“:
Ist es wirklich so schlimm, wie man immer wieder hört, mit dem eigenen Vater zusammenzuarbeiten?
Ja, doch (schmunzelt). Zu allem, was ich sage, sagt er grundsätzlich ‚Nein‘. Irgendwie mache ich immer alles falsch (lacht herzlich). Ich denke aber, dass es fast in jedem Familienbetrieb diese Momente gibt … und trotzdem: Ohne meinen Vater und meiner Familie hätte ich nie so einen großen Schritt gewagt.
Die Firma ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Von welchen Zahlen sprechen wir mittlerweile?
Wir beschäftigen inzwischen zehn Mitarbeiter und haben den Umsatz kontinuierlich gesteigert.
Auffallend: Firmengebäude und privater Wohnbereich sind bei Ihnen unter einem Dach.
Ja, genau. Anfangs war das die einfachste Lösung, weil man zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt. Der Bau dieser Halle war eine Entscheidung fürs Leben. Alles, was ich habe, steckt in dieser Firma. Ein Dankeschön gilt noch heute der Gemeindeverwaltung, die es mir damals erlaubt hat, in einem Gewerbegebiet zu wohnen. Mittlerweile hat das aber auch sehr viele Nachteile.
„Trotz Nachteilen möchte ich den Bayerwald nie verlassen“
Zum Beispiel?
Es gibt so gut wie keinen Feierabend. Außerdem hat man immer fremde Leute im Haus, Kunden kommen rund um die Uhr und scheuen nicht davor zurück, auch an der privaten Haustür zu klingeln …
… und die Maschinen laufen rund um die Uhr?
Nein, Gott sei Dank nicht. Momentan können wir uns noch einen Einschichtbetrieb leisten. (überlegt) Naja, so ganz stimmt das nicht. Wir haben auch eine sogenannte Geisterschicht – einige Maschinen arbeiten dann automatisch. Wenn ich so gegen 22 Uhr die Firma verlasse, starte ich diese nochmal von Hand – sie laufen dann bis zirka drei Uhr morgens. (nachdenklich) Eigentlich bin ich immer da …
Welche Ausbildungsberufe werden in Ihrer Firma angeboten?
Wir beschäftigen aktuell einen Schneidwerkzeugmechaniker-Lehrling – und darauf bin ich stolz! Denn – wie bereits erwähnt – ist dieser Beruf sehr selten. In Sachen Ausbildung gibt es großen Nachholbedarf. Drei Jahre lang haben wir nach einem Lehrling Ausschau gehalten – trotz intensiver Suche haben wir aber zunächst niemanden gefunden. Wir sind immer an guten und motivierten Mitarbeitern interessiert, die diesen Beruf erlernen wollen.
Ist der Firmensitz in Schönanger, auf der viel zitierten „grünen Wiese mitten im Bayerischen Wald“, eher ein Standortvorteil oder -nachteil?
Ein klarer Nachteil! Unsere Verkehrsanbindungen sind sehr schlecht, darüber hinaus ist die Internet-Geschwindigkeit sehr langsam. Dennoch möchte ich den Bayerischen Wald nie verlassen. Wir sind Waidler – und das soll auch so bleiben. Die Menschen in unserer Region sind bodenständig und fleißig, irgendwie normal geblieben – und das gefällt mir.
„Irgendwie gibt es doch schon längst keine richtigen Fachleute mehr“
Stichwort „Fachkräftemangel“ – der macht auch vor der Firma Moser Schleiftechnik nicht Halt?
Grundsätzlich ist es schwierig, gelernte Schneidewerkzeugmechaniker zu finden. Bei uns hier im Betrieb arbeiten größtenteils Quereinsteiger – vom Schlosser über den Kaminkehrer bis hin zum Textilhersteller ist alles dabei. Und irgendwie gibt es doch schon längst keine richtigen Fachleute mehr. Deshalb ist es wichtig, dass mögliche Bewerber eine gute Einstellung mitbringen und fleißig sind – auch die eigene Ausbildung im Betrieb hat einen hohen Stellenwert.
Abschließende Frage: Wo steht Ihre Firma in fünf Jahren?
Der Markt, den wir beackern, ist unglaublich groß und schwierig. Wir als ‚Waidler-Tools‘ wollen langfristig durch Qualität, Schnelligkeit und Flexibilität überzeugen – vorher müssen wir aber noch bekannter werden. Ziel ist es zu expandieren – in dieser Hinsicht sind für uns vor allem der deutsche, der italienische und der osteuropäische Markt interessant.
Herr Moser, vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer und Stephan Hörhammer