Neureichenau. Die wirtschaftliche Wertschöpfung durch den Tourismus ist in Freyung-Grafenau in den vergangenen Jahren merklich angestiegen. Welche Rolle dabei Urlaubs- und Tagesgäste spielen und welche Einkommen und Steuern sich daraus ergeben, wurde jüngst durch die Studie „Wirtschaftsfaktor Tourismus“, das die Industrie- und Handelskammern (IHK) Niederbayern/Opferpfalz vom Deutschen Wissenschaftlichen Institut für Fremdenverkehr (dwif) erstellen ließ, ermittelt. Heruntergebrochen auf den Landkreis ergeben sich daraus interessante Erkenntnisse, die am Mittwoch im Bier- und Wohlfühlhotel Gut Riedelsbach vorgestellt wurden.
„Der Bayerische Wald ist eine Marke – die kennt schon jedes Kind“
Die Aufzeichnung der Daten findet alle fünf Jahre statt. Ziel der Studie, die für die Bezirke Niederbayern und Oberpfalz entwickelt wurde, ist es, die wirtschaftliche Bedeutung der Tourismusbranche einzuordnen und die ökonomischen Effekte und Profiteure zu erläutern. Vom materiellen Wert, den der Fremdenverkehr für die Region bringt, ist Tourismusreferent Ernst Kandlbinder, überzeugt. Der Ertrag habe sich in den letzten Jahren durchaus gesteigert, seit 2008 könne man stetig steigende Übernachtungen und Gästeankünfte verzeichnen. Grund dafür sei die Marketingoffensive „Der Bayerische Wald – erfrischend natürlich“. Man dürfe aber auch die W aidler-Hotels in der Region nicht vergessen, die mit ihrem hohen Qualitätsanspruch zum guten Ruf des Landkreises beitragen. Auch Bernhard Sitter, erster Vorsitzender des Kreisverbandes Freyung-Grafenau im Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (BHG), sieht die positive Entwicklung der Tourismusbranche – betont aber gleichzeitig, dass man viele Arbeitsplätze in diesem Geschäftszweig verloren habe.
Martin Frank, stellvertretener Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern, hob bei der Präsentation der Studie vor allem das hervorragende Image der Region hervor. Der Bayerische Wald habe sich als Marke etabliert, die sich mittlerweile großer Bekanntheit erfreue: „Die Region hat Potenzial und geht professionell mit der Marke um. Ich bin überzeugt, dass schon fast jedes Kind in Deutschland weiß, wo sich der Bayerwald befindet. Es gibt viele Hotels mit sehr hoher Qualität hier. Durch Kooperation und professionelle Vermarktung kann man auf dieser Leistungsfähigkeit aufbauen.“
Bei den Gästeankünften könne eine klare Zunahme verzeichnet werden. Allerdings würden die Urlauber nicht mehr so lange in der Region verweilen als früher. Der Trend gehe klar in Richtung Kurzurlaub. Mit 8,6 Millionen Übernachtungen und 13,7 Millionen Tagesreisen sei der Bayerwald nach dem Allgäu die Topdestination. Zumal ein Umsatz von 1.111,8 Millionen Euro schon eine stattliche Summe sei, wie auch Landrat Ludwig Lankl und BHG-Kreisverbands-Schriftführerin Beate Hubig-Blöchl bekundeten.
Stellt sich die Frage: Wer profitiert von diesen Geldern?
„Die Tourismusbranche – ein Hebel für mehr Erwerbstätigkeit“
Vom Umsatz der Übernachtungsgäste und Tagesbesucher gehen knapp 58 Prozent an das Gastgewerbe, 25,5 Prozent an den Einzelhandel und fast 17 Prozent an sonstige Dienstleistungen. Für Martin Frank ist der Tourismus deswegen ein Hebel für mehr Erwerbstätigkeit, denn: Betrachtet man die Zahlen der Tagesbesucher separat, fließen fast 50 Prozent des Umsatzes an den Einzelhandel. Der Tourismus birgt Frank zufolge großes Potenzial für alle Branchen. Man müsse allerdings gemeinsam an einem Strang ziehen: „Es gilt einen gesamtheitlichen Ansatz zu finden, um die Regionalität verstärkt hervorzuheben. Da müssen der Bäcker, der Taxifahrer und der Einzelhändler ebenso mithelfen, damit eine hohe Qualität garantiert werden kann.“
Große Nachwuchssorgen im Hotel- und Gastronomiegewerbe
Sorge bereitet dem IHK-Vertreter jedoch die aktuelle Situation der Auszubildenden im Bereich Hotel und Gastronomie. Man habe viel zu wenig Bewerber, um die vorhandenen Ausbildungsplätze abdecken zu können. „Die Jugendlichen gehen kaum mehr einer Lehre im Hotelgewerbe nach, sondern bevorzugen Technik- oder Büro-Berufe“, so Frank. Ein zweistelliges Minus habe man deshalb bei den Ausbildungsplätzen in der Gastronomie verzeichnen. Es sei höchste Zeit diese Situation zu ändern. Man dürfe keine Schulabgänger mehr verlieren, darüber waren sich alle in der Runde einig. Wie man am besten von den schönen Seiten eines Berufs überzeugen kann, zeige das Projekt Miniköche: „Bei der Aktion schnuppern 55 Kinder in die Tätigkeit eines Kochs hinein. Solche Projekte sind wichtig, denn Kinder muss man früh für ein Arbeitsfeld begeistern, ihnen Lebenshilfe und das nötige Wissen für diesen Bereich vermitteln. So kann man etwa dem Problem mit den Ausbildungsplätzen entgegenwirken.“
„Wir setzen mit der E-Mobilität auf das richtige Pferd“
Diesem Problem ist sich auch Landrat Ludwig Lankl bewusst. Man müsse viel mehr machen, um junge Leute für diese Berufsschiene zu gewinnen. Sich um den Nachwuchs kümmern und um ihn werben sei sehr wichtig. Deswegen werde beim Miniköche-Projekt genau richtig angesetzt. Sichtlich erfreut merkte Lankl an, dass sich der Fremdenverkehr und verschiedene Tourismusprojekte in seiner Amtszeit enorm entwickelt haben. Das Baumei etwa sei eine enorme Bereicherung für den einst so verpönten Nationalpark. Und auch wenn einige Vermieter weggefallen sind, habe diese Marktbereinigung eine verbesserte Qualität mit sich gebracht.
Ein Dorn im Auge war Lankl der zu träge fortschreitende Ausbau der E-Mobilität. Im Landkreis hätten bei dem Projekt E-Wald anfangs nur wenige mitgezogen, obwohl auch namhafte Autofirmen wie BMW von der E-Technik überzeugt sind und in die Produktion einsteigen würden. Bernhard Sitter bedauerte die Situation ebenfalls. Er sei der einzige Hotelier in sechs Landkreisen, der dieses Projekt unterstütze. „Es ist wichtig, dass der Landkreis bei dieser Neuheit vorne mit dabei ist. Wir setzen damit auf das richtige Pferd. Das Projekt läuft jetzt – nach anfänglichen Schwierigkeiten“, informierte der Landrat.
Probelmkind: Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs
Der Bayerische Wald sei auf dem richtigen Weg, die öffentliche Aufmerksamkeit gegeben, man befinde sich auf Augenhöhe mit der Region Südtirol, so Lankl weiter. Das Problem im Landkreis: der öffentliche Nahverkehr. Hier bemängelte auch Schriftführerin Beate Hubig-Blöchl: „Wir sind zu weit weg von allem. Man braucht fast für jede Strecke ein Auto.“ Zu diesem Defizit merkte Lankl an, dass das öffentliche Nahverkehrssystem seit rund 30 Jahren nicht mehr überarbeitet worden sei. Der Landrat schloss die Zusammenkunft damit, dass der Landkreis als Mit-Initiator der E-Mobilität und als Mitglied der Europaregion Donau-Moldau zusammenhalten müsse. „Nur gemeinsam sind wir stark“ laute die Devise.
Daniela Jungwirth
Eine weitere wichtige Unterstützung für den Tourismus sind die seit Jahren abgehaltenen eFitness-Kurse des TVO in ganz Ostbayern. Schwerpunkt ist hier die Optimierung der Internetauftritte der touristischen Betriebe, wie Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen, usw.