Freyung. Nein, am Technologie Campus Freyung tüfteln und forschen keineswegs lauter Technik-Freaks und „Nerds“ einfach nur so vor sich hin. Vieles von dem, was die Wissenschafler dort erfinden oder verbessern, hat einen ausgesprochen alltagstauglichen Charakter. Ob Energienutzung, Elektroautos oder Apps: Die Entwicklung und Forschung in diesen Bereichen ist zukunftsweisend und bringt auch unsere Region nach vorne. Nicht zuletzt deswegen, weil der Technologie Campus eng mit den Betrieben vor Ort zusammenarbeitet.
Weil aber viele vielleicht immer noch nicht wissen, was genau hinter den Türen dieser „Wissenschafts-Hochburg“ abläuft, stellen wir Euch in der „G’forscht und Tüftlt„-Serie die einzelnen Teams und deren Aufgabenbereiche einmal ganz praxisnah vor. Den Anfang macht Prof. Dr. Wolfgang Dorner. Im Hog’n-Interview erklärt der Campusleiter, warum eine staatliche Grundfinanzierung für den Technologie Campus so wichtig ist, dass naturwissenschaftliche Berufe nach wie vor von Männern dominiert werden – und warum das Team „Angewandte Energieforschung“ im Zuge des Reaktorunglücks in Fukushima gegründet wurde.
„Wir haben die Erwartungen weit übertroffen!“
Herr Dorner, wie zufrieden sind Sie mit der derzeitigen Lage am Technologie Campus?
Ich bin sehr zufrieden. Die eigentliche Zielsetzung, nämlich gegen Ende 2013 mindestens 15 Mitarbeiter finanzieren zu können, haben wir weit übertroffen. Aktuell sind 40 Mitarbeiter am Technologiecampus angestellt – das entspricht in etwa 30 Vollzeitstellen.
Wie sieht die Zukunft aus? Weiterwachsen?
Nein, es geht darum den derzeitigen Stand zu halten. Neue Leute im Team bringen auch immer wieder Veränderungen mit sich. Und da wir momentan eine sehr stabile Mannschaft und eine geringe Fluktuation haben, möchten wir gerne kontinuierlich im jetzigen Tempo weiterarbeiten.
Aus den drei Forschungsgruppen Geoinformatik, Embedded Systems und Bionik sind mittlerweile sieben Forschungsteams und eine Stabsgruppe geworden. Wieso?
Zum einen sind wir in den letzten vier Jahren stark gewachsen, zum anderen sind wir damit auch den Anforderungen des Marktes gefolgt. In den jetzigen Teams können wir die Themen genauer beleuchten. Ich denke da unter anderem an den Bereich „Automotive Electronics“. Aber natürlich arbeiten die Teams weiterhin an den Schnittstellen zusammen.
Und dann wurden einige Themen auch von außen an uns herangetragen. Das ist auch der Grund, warum wir vor zwei Jahren das Team „Angewandte Energieforschung“ gegründet haben. Deren wissenschaftlicher Leiter Dr. Roland Zink beschäftigt sich zwar schon sehr viel länger mit dem Thema – das verstärkte Interesse an Energiethemen kam jedoch erst in den letzten beiden Jahren.
Warum?
Das kam im Zuge von Fukushima. Obwohl schon lange daran gearbeitet wird, hat der Reaktorunfall der Energieforschung sehr viel Dynamik verliehen. Seitdem hat sich der politische Fokus eindeutig verschoben, weil Energie plötzlich auch zu einem wirtschaftlichen Faktor geworden ist.
Fraunhofer Institute bekommen auch eine staatliche Grundfinanzierung
4,2 Millionen Euro gab es als Anschubfinanzierung von der bayerischen Staatsregierung für den Technologie Campus Freyung. Nach fünf Jahren soll sich der Campus nun Ende des Jahres alleine tragen. Schaffen Sie das?
Der Campus an sich lässt sich schon betreiben. Immerhin haben wir bereits jährlich 1,3 Millionen Euro nur an Drittmitteln eingefahren. Das ist mehr als die Hochschule Deggendorf von uns erwartet.
Trotzdem wird darüber diskutiert, dass der Staat dauerhaft eine Grundfinanzierung für die Technologiecampi leisten sollte. Warum?
Das Problem liegt darin, dass wir verstärkt mit Unternehmen zusammenarbeiten und darüber auch Fördermittel in die Region holen – was bislang nicht möglich war, weil den Firmen vor Ort dafür lange Zeit die nötigen Entwicklungspartner fehlten.
Nun ist es aber so, dass wir zwar, genauso wie die Hochschule Deggendorf, eine hundertprozentige Förderung erhalten – diese Förderung aber nur die 70 Prozent an projektbezogenen Kosten wie Material oder Mitarbeiter deckt. Die 30 Prozent für die Grundausstattung, die an der Hochschule Deggendorf bereits im Etat enthalten ist, wird dadurch jedoch nicht bezahlt. Ab dem nächsten Jahr, wenn wir Miete, Büroausstattung oder neue Maschinen selber finanzieren müssen, gilt es diese dreißig Prozent irgendwie reinzuholen. Und das wird letztlich über die Unternehmen abgerechnet – was denen wiederum schwer zu vermitteln ist.
Dabei gibt es vergleichbare Modelle wie die Fraunhofer Institute, die den gleichen Auftrag haben wie die Technologiecampi – und eben schon eine gewisse Grundfinanzierung bekommen. Jedenfalls haben wir das Anliegen einer Grundfinanzierung bereits in München vorgetragen – und dort ist das wohl auf fruchtbaren Boden gefallen. Jetzt heißt es: abwarten.
„Die Regierung sollte den Mut der Kommunen honorieren“
MdL Alexander Muthmann hat kürzlich in einem Interview aufm Hog’n gesagt, dass es ihn unglaublich ärgert, dass die Kommunen die Gebäude zur Verfügung stellen müssen. Es sei nicht deren Aufgabe das Institut einer Hochschule zu finanzieren, sondern Aufgabe des Staates. Ihre Meinung?
Für die Kommunen ist das definitiv eine Herausforderung, da sind sie durchaus ein Risiko eingegangen. Dem Modell-Landkreis Freyung-Grafenau, der Stadt Freyung und dem Markt Teisnach kann man nicht hoch genug anrechnen, dass sie diesen Schritt mit uns gegangen sind. Natürlich kann man argumentieren, dass wir als Technologie Campus die Region ja auch im Sinne der Wirtschaftsförderung antreiben.
Nur: In München oder Nürnberg wird auch nicht von den jeweiligen Städten verlangt, dass sie die Gebäuden stellen. Deswegen bin ich der Meinung, dass die Regierung diesen Mut honorieren sollte, indem sie diese Finanzierung übernimmt. Schließlich haben wir mittlerweile bewiesen, dass der Technologie Campus die Region tatsächlich auch voranbringt.
Und abgesehen davon: Was hat Niederbayern denn schon an wissenschaftlichen Standorten? Wir haben gerade mal eine Uni, zwei Fachhochschulen und eine Fraunhofer-Einrichtung … das ist wirklich bescheiden angesichts der Einwohnerzahl des Regierungsbezirks. Eine Grundförderung der Technologiecampi wäre deshalb eine wichtige Investition in die niederbayerische Zukunft.
Wie sehen Sie eigentlich die Akzeptanz der Technologiecampi in der Bevölkerung? Wissen die Leute, was Sie am Campus machen?
Wir haben auf jeden Fall eine überregionale Wirkung – und werden daher sehr wohl wahrgenommen. Dennoch ist es wichtig, dass wir immer wieder nach außen vermitteln, was wir am Campus machen. Wir sind nicht nur ein ganz konventioneller Entwicklungsträger, der mit den Firmen nach Lösungen sucht und damit deren Effizienz steigert, sondern wir betreiben auch Grundlagenforschung.
Auch das ist wichtig, weil wir nur dann schon jetzt auf Trends stoßen, die morgen wichtig sein könnten. So wie beim bereits erwähnten Beispiel „Energie“: Vor dem Reaktorunfall in Fukushima wurde die Energieforschung oft mit einem ‚Das ist ja ganz nett, aber gerade nicht so wichtig! abgetan. Und dann sehe ich den Technologie Campus auch noch in einer Art ‚Dolmetscherrolle‘: Unsere Teams vermitteln sozusagen zwischen Betriebs- und Hochschulkultur.