Ruhpolding. Noch heute ist Ricco Groß gemeinsam mit Sven Fischer der erfolgreichste deutsche Biathlet bei Olympischen Winterspielen: Viermal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze – all diese Medaillen konnte der sympathische Ruhpoldinger in seiner Karriere einsammeln. Dazu kommen nochmal neun Weltmeister-Titel und 33 Weltcup-Siege. Fast schon selbstverständlich, dass der DSV diesen Ausnahme-Athleten auch nach seinem Karriere-Ende gerne in seinen Reihen weiß. Der 42-Jährige ist mittlerweile Disziplin-Trainer der deutschen Biathlon-Frauen. Im Hog’n-Interview spricht Ricco Groß über den Abschied von Magdalena Neuner, über die spannenden Momente am Schießstand und über seine Söhne, die in die Fußstapfen ihres Vater treten wollen.
Ricco: Mit Magdalena Neuner ist vergangene Saison das Aushängeschild der deutschen Biathlon-Szene abgetreten. Verwöhnt von Erfolgen suchen die Medien, aber auch die Fans, nach „Ersatz“. Werden sie fündig?
So eine Lücke ist schwer zu schließen. Nicht nur wir, sondern auch die Fans und die Zuschauer hatten immer viel Spaß, wenn Lena von Sieg zu Sieg gelaufen ist – das haben wir jetzt natürlich nicht mehr. Man hat uns eine schlechte Saison vorhergesagt. Bisher haben wir uns aber sehr gut aus der Affaire gezogen: Mit Miri Gössner und Andrea Henkel haben wir zwei Mädels im Team, die schon auf dem Podium gestanden sind. Und mit Nadine Horchler und Franzi Hildebrand welche, die sich im Anschlussbereich befinden. Also denke ich schon, dass wir auf einem guten Weg sind, die Lücke ein Stück weit schließen zu können.
„Ich habe Magdalena Neuners Entscheidung verstanden – vollkommen“
Der Rücktritt von Magdalena ist für viele sehr überraschend gekommen. Vor ein paar Wochen gab sie ihren offiziellen Abschied in der Arena auf Schalke. Kannst Du ihre Entscheidung, die Skier an den Nagel zu hängen, nachvollziehen?
Ja, vollkommen. Sie ist für ihr junges Alter relativ lange im Weltcup unterwegs gewesen. Klar hat man als junge Frau noch ein paar andere Wünsche und Träume. Die versucht sie sich jetzt zu erfüllen – und das ist vollkommen legitim. Ich persönlich habe das verstanden. Sie hatte uns Trainer ohnehin schon viel früher informiert, darum sind wir auch nicht aus allen Wolken gefallen.
Ebenso nett wie erfolgreich – der viermalige Olympia-Sieger Ricco Groß im Interview
Mit Evi Sachenbacher-Stehle konnte eine bekannte Athletin für den Biathlon-Sport gewonnen werden. Ist sie vielleicht die neue „Gold-Lena“?
Solche Vergleiche darf man nicht machen. Evi war eine erfolgreiche Langläuferin und ist gerade dabei eine neue Sportart zu lernen – dabei stellt sie sich ganz gut an. Sie hat auch schon Erfolge feiern können, wie zum Beispiel bei den Deutschen Meisterschaften. Sie hatte natürlich den Vorteil sich mit der Nationalmannschaft vorbereiten zu dürfen. So konnte sie sich im täglichen Trainingsbetrieb mit den anderen messen. Momentan läuft sie eine sehr erfolgreiche IBU-Cup-Saison – und kann dabei wertvolle Erfahrungen sammeln.
„Die prickelnde Atmosphäre an den Schießständen ist ein tolles Gefühl“
Als Sportler, aber auch als Trainer ist es wichtig, sich immer neue Ziele zu setzen. Welche Ziele hast Du Dir gesteckt?
Die sind klar strukturiert in kurzfristige und langfristige Ziele (lacht). Aber ich rede nicht gerne über Ziele in der Öffentlichkeit. Das habe ich schon früher nicht gemacht – und damit bin ich gut gefahren.
Okay, nächste Frage dann: Was macht den Biathlon-Sport so attraktiv? Hättest Du vor 10, 15 Jahren an diese „Massenfaszination“ geglaubt?
Ja. Selbst als ich noch rumgehüpft bin, hat man schon gemerkt, dass das Interesse immer größer wird. Sicherlich haben auch unsere Erfolge dazu beigetragen, dass Biathlon von einer Randsportart zu einem Publikumsrenner geworden ist. Die Faszination liegt in der Unterbrechung des Laufens durch die Schießeinlagen, bei denen man wirklich mit dem letzten Schuss ein komplettes Ergebnis noch drehen kann – meistens zum Negativen (lacht). Die prickelnde Atmosphäre an den großen Schießständen der Welt ist für die Sportler generell ein ganz tolles Gefühl.