… nannte es Peter Schaar, Bundesbeauftragter für Datenschutz. Wolfgang Bosbach (Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestages, CDU) ließ ebenfalls Kritik erkennen: „Die Politik steht in der Pflicht, eine solche Änderung zu erklären“. „Das wird korrigiert“, beschwichtigt Horst Seehofer (CSU). Laut Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) war der ursprüngliche Entwurf des Meldegesetzes als Einwilligungslösung formuliert, sagte sie der „Passauer Neuen Presse“ – und verlangt eine Neufassung der jetzigen Version.
Mehrere Bundesländer wollen das neue Meldegesetz im Bundesrat so nicht akzeptieren.
Die müssen nicht immer alle anwesend sein, wenn abgestimmt wird
Die SPD suhlt sich nun am Anblick des Whirlpools, der sich da einschaltete, während unsere Nation – einschließlich vieler ihrer Politiker – gespannt die rollende Schweinslederkugel bei der Fußball-EM beobachtete: „Union und FDP sind erwischt worden, wie sie den Datenhunger der gewerblichen Wirtschaft stillen wollten“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Hartmann.
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann: „Das ist ein besonders ärgerlicher Fall von schwarz-gelber Klientelpolitik“. „Die SPD wird dieses Gesetz im Bundesrat stoppen“, sagte die unter Beschuss stehende Parteichefin Claudia Roth. (Nebenbei erwähnt: „Grüne gegen Roth“, so nennt das die tageszeitung, was sich da parteiintern gerade um Frau Roth abspielt … ‚friendly fire‘ … aber – so funktioniert’s nun mal. Kennt man ja selber noch von der Grundschule. Hackordnung nennt das der Biologe.)
Man kann es nicht mehr hören, man will es nicht mehr lesen: Der schwarze Peter geht wieder um. Ebenso unsinnig sind die Vorwürfe der Bürger an die Führungsriege unseres Landes wegen der Unterbesetzung im Saal. Die müssen nämlich nicht immer alle anwesend sein, wenn über irgendwas abgestimmt wird. Da gibt’s auch seitens der Judikative ein Urteil vom Bundesverfassungsgericht dazu:
Das erinnert mich an einen Haufen pubertierender Milchmädchen/-bubis
Abgesehen davon könnten im Bundestag auch nicht immer alle zusammen in einem Raum wie Hühner auf den Stangen sitzen. Es kommen zeitgleich nämlich Ausschüsse anderer Fachgebiete zusammen. Also eher gut, wie das mit der Arbeitsteilung hier geregelt ist. Könnte man meinen. Wenn keine Spielchen gespielt werden. Wie letztens: Von „dreckigem Foulspiel“ spricht die CSU beim Betreuungsgeld-Debakel. Parlamentsvizepräsidentin Petra Pau von der Linkspartei bricht die Sitzung mit der Begründung ab, der Bundestag sei nicht beschlussfähig. Da stellt man also als Opposition schon mal den Antrag auf Prüfung der Beschlussfähigkeit, um seinen Willen durchzusetzen bzw. ein Gesetz zu verzögern – und beömmelt sich anschließend noch medienwirksam drüber:
Jürgen Trittin: „Betreuungsgeld ist abgewählt – fehlende Präsenz von Schwarz-Gelb verhindert erste Lesung der Herdprämie im Bundestag„. Thomas Oppermann: „Koalition ohne Mehrheit. Betreuungsgeld nicht mehr vor der Sommerpause„. Die Gegenseite fällt aus ihren Wolken auf die Nase und reagiert trotzig, eingeschnappt und überzogen. Damit sei ein „Gefrierpunkt der demokratischen Kultur erreicht„, sagte Alexander Dobrindt. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach von einer „Arbeitsverweigerung der Opposition“ und einem „beispiellosen ungeheuerlichen Vorgang“.
Nochmal: Die Abgeordneten entscheiden in eigener Verantwortung, an welchen Sitzungen sie jeweils teilnehmen, da die Teilnahme an Plenarsitzungen nur eine von zahlreichen, oft zeitgleich stattfindenden Verpflichtungen der Abgeordneten ist. Die Beschlussfähigkeit ist also auch bei extremer Unterbesetzung noch vorhanden – solang keiner Antrag auf Prüfung der Beschlussfähigkeit stellt.
Die Verhältnismäßigkeiten zwischen den Fraktionen im Plenarsaal sollten aber gewahrt bleiben. Nur so kann ein produktives, flüssiges Arbeiten dort funktionieren. Diese ungeschriebenen Spielregeln sollten natürlich auch nicht ausgenutzt werden, wie dies zum Beispiel beim Betreungsgeld der Fall war. Hier ließ man aus heiterem Himmel plötzlich die Beschlussfähigkeit prüfen, heißt: Man ließ nachzählen, ob genügend Abgeordnete anwesen sind, damit in dieser Plenarsitzung überhaupt abgestimmt werden darf. Das erinnert an einen Haufen pubertierender Milchmädchen/-bubis. Mich zumindest …
„Die Beschlussfähigkeit ist also auch bei extremer Unterbesetzung noch vorhanden – solang keiner Antrag auf Prüfung der Beschlussfähigkeit stellt.“
Und genau da liegt für mich persönlich der Hase im Pfeffer. Die ganze (berechtigte) Aufregung um die Verabschiedung dieses Gesetzes hätten man sich sparen können, wenn die Geschäftsordnung des Bundestages dementsprechend mal überarbeitet werden würde. Es ist klar, dass selten bis nie alle oder auch nur ein Großteil der Abgeordneten da sind und da sein können. Solche Spielchen wie sie da getrieben werden (allein während eines Nationalmannschaftsspiels eine Abstimmung anzusetzen, die derart wichtig ist, ist eine Frechheit), sind unter aller Würde. Da werden nicht die Interessen des Volkes vertreten, sondern dieselben mit Füßen getreten.